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freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman

Titel: freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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die Stelle von Furcht und trotziger Kampfbereitschaft in seinem Inneren nahm nun … etwas Vertrautes ein.
    Angesichts seiner Lage erschien ihm der Gedanke selbst absurd, aber er spürte nicht einmal die Spur von Angst. Er kannte dieses Tier, und er wusste auch, dass es eben kein Tier war.
    Da war plötzlich ein Gefühl von großer Stärke und noch größerer Klugheit, die zwar nicht unbedingt auf seiner Seite standen, die er aber zugleich auch nicht zu fürchten brauchte.
    Das war absurd.
    Aber es war so.
    Der weiße Wolf – Fenrir – knurrte ein letztes Mal, und die drei anderen Tiere wandten sich um und gingen.
    Eine einzelne Windböe kam auf, wider jegliche Ordnung der Natur und so eisig, dass ihm sein eigener Atem auf den Lippen gefror. Als sich der hochgewirbelte Schnee wieder senkte, waren nicht nur die Wölfe verschwunden, sondern auch ihre Spuren, so als hätte es sie nie wirklich gegeben.
    Dennoch war er nicht allein.
    Eine schmale, schrecklich bleiche Hand war über dem Schnee erschienen, genau an der Stelle, an der er gerade in das trügerische Weiß eingebrochen war. Rasch ging er hin, umschloss sie mit einem kräftigen Griff und zog den dazugehörigen Körper mit solchem Schwung aus dem Schnee, dass ein erstaunter Ausruf erklang – vielleicht auch ein kleiner Schrei, dem die letzte Kraft fehlte, um wirklich zu einem solchen zu werden – und sie beide nach hinten fielen.
    Erst als er rücklings im Schnee landete und der überraschend leichte Körper auf ihn fiel, erkannte er ihn als den einer jungen Frau – vielleicht auch noch eines Mädchens – und fühlte das Blut, das aus einer tiefen Wunde in ihrem Gesicht auf seine Wange tropfte; warm, aber nicht so heiß und lebendig, wie es sein sollte. Fingernägel schrammten auf der Suche nach seinen Augen über seine Stirn und hinterließen dünne brennende Spuren, dann schlugen Fäuste, die kaum größer waren als die eines Kindes und noch schwächer, auf seine Brust ein. Scharfe Zähne schnappten nach seiner Kehle.
    Er stieß das Mädchen weg, bevor es ihn wirklich verletzen konnte – und sei es nur durch einen dummen Zufall –, und packte es mit beiden Händen, um es so kräftig durchzuschütteln, dass seine Zähne hörbar aufeinanderschlugen.
    Es hörte tatsächlich für einen Moment auf, abwechselnd nach ihm zu schlagen, zu beißen und zu kratzen – allerdings nur gerade lange genug, bis er seinen Griff um eine Winzigkeit lockerte und es eine Hand losreißen konnte, die ziemlich unsanft in seinem Gesicht landete.
    Diesmal schüttelte er die Kleine so heftig, dass ihre Zähne mit einem Knall aufeinanderschlugen. Es musste ziemlich wehtun.
    Prompt meldete sich sein schlechtes Gewissen, denn er sah erst jetzt, wie tief die Wunde in ihrem Gesicht war; eindeutig ein Biss. Unter ihrem linken Jochbein reichte sie bis auf den Knochen, der weiß durch das nasse Rot ihres zerfetzten Fleisches schimmerte.
    Er hörte auf, sie zu schütteln, lockerte seinen Griff aber nur gerade weit genug, um ihr nicht mehr als unbedingt nötig wehzutun.
    »Ich kann damit so lange weitermachen, bis du in Ohnmacht fällst«, sagte er, »aber eigentlich will ich das nicht. Es ist ziemlich anstrengend, weißt du? Also hör auf, dich wie wild zu gebärden, und ich höre auf, dir wehzutun, einverstanden?«
    Er hatte nicht mit einer Antwort gerechnet und bekam auch keine, aber immerhin hörte sie auf, nach ihm schlagen zu wollen. Wahrscheinlich war es ohnehin nicht mehr als ein letztes Aufbäumen gewesen, denn im nächsten Moment konnte er spüren, wie alle Kraft aus ihrem Körper wich. Statt weiter auf ihn loszugehen, brach sie in seinen Armen zusammen, sodass er sie abermals festhalten musste, wenn auch jetzt aus einem anderen Grund.
    So behutsam, wie es seine steif gefrorenen Finger zuließen, ließ er sie in den weichen Schnee sinken, nahm eine Handvoll davon und legte sie vorsichtig auf ihr Gesicht, um ihren Schmerz zu lindern; eine erbärmliche Hilfe, aber auch die einzige, die er ihr in diesem Moment leisten konnte. Für einen kleinem Moment war ihr Schmerz wie sein eigener, und für einen noch kleineren Moment empfand er nichts als Zorn auf sich selbst, nicht mehr für sie tun zu können. Er fühlte sich schuldig an dem, was ihr zugestoßen war, und obwohl er wusste, wie unsinnig dieser Gedanke war, war er zugleich doch intensiv genug, um ihm schier die Kehle zuzuschnüren.
    »Schon gut«, flüsterte er. »Hab keine Angst. Dir wird nichts geschehen. Wie ist dein
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