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freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman

Titel: freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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klar erkennbarer Abdruck in einem schmalen Winkel, den der Sturm nicht erreichte. Nicht die Spur eines Menschen, sondern die eines Tieres. Obwohl er sich nicht daran erinnerte, so etwas jemals gesehen zu haben, wusste er doch, dass sie von einem Wolf stammte. Nur die Größe stimmte nicht: Sie war so groß wie eine Männerhand mit gespreizten Fingern. Wenn es tatsächlich ein Wolf gewesen war, dann musste dieses Tier so groß sein wie ein kleines Pferd; und die Spur war auch viel zu tief, denn der Schnee war verharscht und fast so hart wie Eis.
    Zum zweiten Mal glitt seine Hand zum Gürtel und suchte nach einer Waffe, die nicht da war.
    Da es nichts gab, was er tun konnte, bewegte er sich weiter und spürte, dass die Neigung des Bodens allmählich abnahm. Unter dem Schnee war jetzt loses Geröll, kein scharfkantiger Fels mehr, und auch die Anzahl hundertfingriger Schatten, denen er nach wie vor auswich, nahm allmählich zu. Es war nochkein Wald, durch den er ging, aber auch keine von allem Leben gemiedene Steinwüste mehr.
    Dann hörte er den Schrei.
    Der Sturm hielt nicht inne, und auch sein Heulen nahm nicht ab, aber er drehte sich, und für einen kurzen Moment trug er den Schrei eines Menschen mit sich; ein Laut, der von Schmerzen und unvorstellbarer Furcht kündete und noch etwas, das schlimmer war, für das er aber keine Worte fand, obwohl er tief in sich spürte, dass er es kannte.
    Für einen Moment blieb er stehen, lauschte mit geschlossenen Augen und versuchte die Richtung herauszufinden, aus der der Schrei gekommen war, konnte es aber nicht, denn der Wind hatte abermals gedreht, und der Sturm schien nun aus allen Richtungen zugleich auf ihn einzuprügeln. Schließlich ging er weiter.
    Zeit verstrich, sehr viel Zeit, obwohl es ihm schwerfiel, ihre genaue Spanne einzuschätzen; fast als wäre sie bisher bedeutungslos für ihn gewesen. Eine weitere Information, die vielleicht später wichtig war. Jetzt zählte nur eines: das Jetzt. Er musste am Leben bleiben.
    Und denjenigen finden, der geschrien hatte. Hätte das Unwetter weiter mit derselben Wut getobt, mit der es ihn ausgespien hatte, so hätte er den Ursprung des Schreis nie gefunden. Doch die Kraft des Sturms ließ nach, und nach einem letzten, kreischenden Aufbäumen erlosch er so plötzlich, dass die nachfolgende Stille fast in den Ohren dröhnte. Für einen Moment hing der Schnee noch wie schwerelos in der Luft, als wäre er überrascht vom plötzlichen Erlöschen des Windes und bräuchte einen Moment, um sich darauf zu besinnen, was als Nächstes zu tun war.
    Anstelle von tobenden Sturmböen zog sich nun ringsum ein Vorhang aus glitzerndem weißen Staub entlang, der sich schließlich zu senken begann und einen Blick auf ein wahrhaft grandioses Panorama eröffnete: In seinem Rücken und über ihm erhoben sich die Berge, ganz wie er es erwartet hatte, aber zehnmal höher, eine zerklüftete schwarze und weiße und silberfarbene Wand, die sich bis zum Himmel und noch darüber hinaus reckte, und vor und unter ihm lag eine nicht minder gewaltige Ebene, nur unterbrochen von wenigen Tupfern gefrorener Unregelmäßigkeit, die verschneite Wälder sein mochten, zugefrorene Flüsse oder Seen oder im Griff eines ewigen Winters erstarrte menschliche Ansiedlungen, vielleicht auch nur vom Zufall gebildete Formen ohne irgendwelche Bedeutung.
    Vielleicht war da etwas am Horizont, ein dünner, wie mit einem scharfen Messer gezogener Strich, der Himmel und Erde voneinander trennte. Ein Meer?
    Obwohl seine Augen jung und sehr scharf waren, konnte er diese Frage nicht wirklich beantworten, und im Grunde spielte es auch keine Rolle. Dieses Bild war falsch .
    Dieses Land dürfte es gar nicht geben. Vielleicht war er tot, und dies hier war Utgard, die Welt des Feuers und der Riesen, in die diejenigen verbannt wurden, die sich nicht als würdig erwiesen hatten, einen Platz an den Tafeln von Walhall zu finden.
    Aber wenn er tot war, wieso fror er dann so, und woher kam dann dieses Gefühl des Verlustes?
    Dann wiederholte sich der Schrei, heiser diesmal, aber auch ungleich verzweifelter.
    Mit einem Geschick, das ihn selbst überraschte, stürmte er weiter, erspähte einen direkteren Weg in die Tiefe und schlug ihn ohne das geringste Zögern ein. Rasch kletterte er über messerscharfe Grate und vereiste Klippen und überwand die letzten zwei oder auch drei Mannslängen mit einem gewagten Sprung.
    Er fiel, kam mit einer fließenden Rolle und ohne sich zu verletzen wieder auf die
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