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FreeBook Dr Westerwelle - Die erste offizielle Guidografie

FreeBook Dr Westerwelle - Die erste offizielle Guidografie

Titel: FreeBook Dr Westerwelle - Die erste offizielle Guidografie
Autoren: Tommy Heuss
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»Ich-als-Vorkämpfer für Rechtsstaatlichkeit« bis zum »Ich-als-Umweltschützer« durchläuft er in den folgenden Jahren zahlreiche Guido-Identitäten und wird zur multiplen politischen Persönlichkeit. Hemmungen hat er dabei immer weniger. So spielt er sich sogar als Vorkämpfer der sozialen Gerechtigkeit auf und äußert öffentlich seine Besorgnis, »dass die FDP umkippt zur wirtschaftlichen Interessenvereinigung«. »Wir machen doch nicht nur Politik für die people of the sunny side of the street «, sagt Westerwelle öffentlich und lehnt im selben Atemzug niedrigere Löhne für Berufsanfänger oder Ungelernte ab. Lauthals beklagt er sich 1989 darüber, dass die FDP zu wenig soziale Akzente setzt. Der Politikkarrierist Westerwelle hat zu jeder Stimmung die passende Meinung und dazu das dringende Bedürfnis, diese öffentlich zu machen. Zeitweilig spricht er sich sogar für Subventionen im Bereich der Umwelttechnologie aus, nennt es einen »Witz«, die Kernkraft zu unterstützen, und kritisiert einige in der Führung der FDP für ihr »grünes Feindbild im Kopf«.
    Am liebsten redet er aber über die Überalterung oder die inhaltliche Verarmung der FDP, kritisiert die Profillosigkeit und fordert, dass »die Jüngeren ran müssen«. Das alles findet der Berufsjugendliche Guido auch noch ungeheuer »frech«. Die Pullunderträger bei den Jungen Liberalen sind nämlich ihrer eigenen Überzeugung nach alles andere als angepasste Yuppieschnösel. Allerdings wollen sie nie so frech sein wie ein paar Jahre zuvor die Jungdemokraten. Eher irgendwo mittelfrech. Vermutlich eine Art mittelscharfer gelbgrüner Senf auf der fetttriefenden Bratwurst FDP, wie sie seinerzeit durch den Parteivorsitzenden Bangemann repräsentiert wird.
    Für Westerwelle sind die 80er Jahre eine gute Zeit. Er bastelt beständig an seinem Aufstieg in der FDP und studiert bei Gelegenheit nebenbei noch ein wenig Jura in Bonn. Ganze sechs Jahre ziehen ins Land, bevor er 1987 sein erstes Staatsexamen ablegt. Weitere vier Jahre benötigt er, um nach dem Referendariat 1991 sein zweites Staatsexamen zu machen. Bereits seit 1988, als er den Vorsitz bei den Julis aufgibt, darf er im Bundesvorstand der FDP mitmachen. Aber mit den ganz großen Sprüngen will es für Guido noch nicht klappen. Auch bei der Bundestagswahl 1990 schafft er es nicht, in seiner Heimatstadt Bonn als Kandidat aufgestellt zu werden. Deshalb muss der Sohnemann 1991 erst einmal in der Anwaltskanzlei seines Vaters unterschlüpfen. Bei Gericht trifft man den Senior allerdings häufiger als den Junior an, schließlich muss Guido im Bundesvorstand der FDP und als stellvertretender Kreisvorsitzender weiter an seiner Karriere basteln und dazu noch an seiner Promotion arbeiten. Westerwelle behauptet heute, sein Vater habe ihm diesen Schritt nahegelegt. Doch auch ihm wird der Doktortitel ungeheuer wichtig gewesen sein, bietet er doch eine weitere Möglichkeit, sich als großartiger Leistungsträger von anderen abzuheben. Er geht den einfachen Weg, den manch anderer Politiker vor ihm gegangen ist: Man schreibe über ein möglichst unbedeutendes Thema, zu dem es bislang wenig Literatur gibt. Der FDP-Politiker und Rechtsprofessor Ingo von Münch empfiehlt Westerwelle, seine Promotion an der Fernuniversität Hagen zu machen. Westerwelles Thema lautet »Das Parteienrecht und die politischen Jugendorganisationen«. Das nicht allzu inhaltsschwere Werk setzt keine wissenschaftlichen Maßstäbe, bringt seinem Verfasser aber 1994 den ersehnten Titel ein.
    Guido ist mittlerweile 3 3 Jahre alt. Er hat 1 3 Jahre seines Lebens auf staatlichen Schulen eine Ausbildung genossen und weitere sieben Jahre an einer staatlichen Universität studiert. Während des Referendariats erhält er vom Staat eine Vergütung, im Anwaltsberuf kann er sich auf eine staatliche Gebührenordnung stützen. Für die finanzielle Förderung seiner Doktorarbeit bedankt er sich artig bei der aus Steuermitteln finanzierten Friedrich-Naumann-Stiftung und dem Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft. Der selbsternannte Leistungsträger wird bis zu diesem Zeitpunkt mehr getragen, als dass er selber irgendetwas außer Pullunder trägt. Aber es kommt noch schlimmer: Von nun an muss die breite Öffentlichkeit Westerwelle in seiner neuen Rolle fast täglich ertragen.
    Guido entwickelt sich zum Meister der Selbstinszenierung. Mimik, Gestik, Tonfall und Inhalt werden auf die äußere Wirkung hin abgestimmt. Besonders gerne nimmt er Posen
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