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Frederikes Hoellenfahrt

Frederikes Hoellenfahrt

Titel: Frederikes Hoellenfahrt
Autoren: Henner Kotte
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sich, musste überlegen. Offensichtlich war ein bewaffneter Kerl in den Waschsalon geraten, hatte um sich geschossen, die Kasse verlangt und erhalten. Jetzt zögerte er, den Tatort zu verlassen. Der Täter konnte sich wie er ausrechnen, dass er keine drei Schritte weit käme. Die Polizeipräsenz im Stadtzentrum hatte zugenommen, seit sich Organisationen um den Verdienst mit illegalen Geschäften stritten. Dass man in diesem Diskokrieg nur um die Posten der Türsteher kämpfte, glaubte nicht einmal Kriminaldirektor Konstantin Miersch.
    Kain konnte sich nicht vorstellen, dass dieser Räuber mit Pistole über ihm im Waschsalon zur organisierten Kriminalität gehörte, die gerade die Leipziger Szene unter sich aufteilte. Der Typ klang unsicher. Der war zu impulsiv. Diese Aktion schien Kain nicht geplant. Die war zu hektisch. Aber die Massenhysterie vor der Bar im Zentrum hatte auch keiner vorausgesehen. Die Polizei war überrascht. Die Diskobesucher in Panik. Es hatte einen Toten gegeben. Es gab Verletzte. Eine Trainingshalle hatte gebrannt. Die Beteiligten schoben sich gegenseitig die Schuld zu. Der Diskokrieg hatte begonnen, und der Ruf der Polizei hatte unter dieser Aktion merklich gelitten. Der Bullen größtes Glück auf Erden ist ficken und gefickt zu werden.
    Jetzt schoss einer im Waschsalon. Frederike war diesem Verbrecher ausgeliefert wie Isabell und der Opa und alle anderen Gäste. Kain musste handeln. Er konnte nicht auf den Zugriff der Polizei warten. Es musste etwas passieren.
    Kain schlich die Treppe wieder nach oben. Hinter der Theke war kein Mensch. Den Gästen am Ende des Raumes bedeutete er, Ruhe zu wahren. Sie saßen starr und schienen ihn gar nicht wahrzunehmen. Der Kerl musste mit Frederike hinter der Säule stehen. Kain sah sie nicht, aber er hörte sie.
    »Wie lange soll denn dieses Spielchen hier dauern, meine Herren?«
    »Du erkennst wohl den Ernst der Lage nicht!«
    Und wieder ein Schuss. Von der Decke bröselte Putz. Diese Situation nutzte Kain. Er schnellte hinter der Säule hervor und hatte den Täter sofort am Hals.
    »Fallen lassen! Sofort die Pistole fallen lassen!«
    Die Waffe knallte auf den Boden. Kain umfasste die Kehle des Schützen. Er wunderte sich über die Konsistenz von dessen Haut. Erst nach Sekunden nahm er die Maske aus Latex wahr. Dem Typ wurde das Atmen schwer. Er röchelte und verdrehte die Augen. Kain versuchte, dessen Arme auf den Rücken zu drehen, ohne seinen Griff um die Kehle zu lockern. Die roten Lippen schienen sich über ihn lustig zu machen.
    »Pass auf, Kain! Pass auf!« Frederike schrie, dann schrien auch andere.
    Kain begriff nicht, was sie von ihm wollten. Der Handkantenschlag traf ihn unvermittelt und hart.

22:15
     
    »Ich denke, Sie haben Bereitschaft?«
    »Ja«, die hatte Schabowski.
    »Bei Ihnen ist immer besetzt!«
    Die Kommissarin fühlte sich ertappt. Sie saß in Bereitschaft, was sie nicht hinderte, im Internet nach Bekanntschaften zu suchen. Sie hatte zum wiederholten Male mit Mike64 geflirtet und überlegt, ob sie sich mit ihm verabreden sollte. Da klingelte ihr Handy.
    »Ich recherchiere im Internet.«
    »Noch keine neue Technik zu Hause?«
    Sie ignorierte den Spott. »Was ist passiert?«
    »Raubüberfall im BARocko. Das sit so ’ne noble Kneipe im Zentrum.«
    Kneipe! Der Diensthabende schien das BARocko nicht zu kennen, oder sein Monatsentgelt erlaubte ihm den Besuch nicht. Das BARocko war hip und angesagt. Die Wichtigen, die Prominenz der Stadt und solche, die sich für prominent und wichtig hielten, waren da allabendlich bei Cocktail und Champagner zu treffen.
    »Raubüberfall? Ich bin Leiterin der Mordkommission!«
    »Es gibt einen Toten.«
    Schabowski wusste nicht, warum, aber sie fühlte sich per Telefon gemobbt. Eindeutig hatte die Stimme des Diensthabenden einen hämischen Unterton. So wie ihn ihre Kollegen immer hatten. Der Kohlund. Der Michalk. Der Schmitt. Und mit dem Schmitt hätte sie beinahe eine Affäre begonnen! Mittlerweile fand sie diesen Kollegen ausgesprochen sexistisch, überheblich und ekelhaft.
    »Hallo! Sind Sie noch dran?«
    »Ja. Verdammt noch mal, ich bin im Dienst!«
    »Ich habe eigentlich alles gesagt. Ein Toter im BARocko. Ihr Fall, Kollegin Schabowski.« Das Gespräch war beendet. Sie täuschte sich nicht. Die Kollegen trauerten ihrem Ehrlicher, Bruno Ehrlicher, hinterher. Der war schon zu Lebzeiten eine Legende. Leipzigs Maigret! Wie geradlinig, wie menschlich und eine Aufklärungsquote von hundertzehn Prozent! Das
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