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Frederikes Hoellenfahrt

Frederikes Hoellenfahrt

Titel: Frederikes Hoellenfahrt
Autoren: Henner Kotte
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Dieser Job war kein Job, den er behalten wollte. Aber in der Boomtown Leipzig waren sichere Arbeitsplätze dünn gesät, jedenfalls für die Tätigkeiten, die er sich für eine Vierzig-Stunden-Woche vorstellen konnte. Kain wollte nicht als Ein-Euro-Jobber Wege harken. Er sah sich nicht als Fahrradbote durch die City jagen. Er hatte nach dem dritten Training als Kirby-Verkäufer aufgegeben. Kellnern bei Frederike war eine Übergangslösung. So konnte er ohne Druck nach ei-Iner neuen Arbeitsstelle suchen. Er brachte eigenes Geld mit nach Hause. Er hatte täglich etwas Sinnvolles zu tun, und sei es, mit Klobürsten in Becken zu stochern.
    Kain legte Tabs ins Sanitärporzellan. Beugt unangenehmen Gerüchen vor und bringt frischen Duft in Bad und WC. Die Toilette durchzog ein angenehmer Hauch von Zitronenduft. Und wenn sich der wildgewordene Opa noch einmal beschwerte, würde ihm Kain solch einen Tabs in die Pampers legen.
    Der Schuss hallte in den Kellergewölben. Kain wusste, dass es ein Schuss gewesen war. Aber der ehemalige Kommissar verdrängte es: Wer sollte in Frederikes Waschsalon schießen? Kain fuhr mit Schrubber und Hader über die Spritzer unter den Pissoirs. Er entsorgte Papierreste, kein Toilettenbenutzer traf offensichtlich den großen Korb für die Einweghandtücher. Die flüssige Seife war ausgedrückt, er würde neue hinstellen. Unter dem Spiegel ließ sich der Spruch nicht von den Kacheln lösen. Der Bullen größtes Glück auf Erden ….
    Der zweite Schuss war ungleich lauter. Kain konnte sich nicht noch einmal verhört haben. Vorsichtig spähte er die Treppe nach oben. Im Gastraum herrschte eine unnatürliche Stille. Kein Murmeln, kein Gläserklirren, nichts.
    Kain griff sich unter die Achsel, dort hatte er seine Pistole getragen. Die hatte er vor mehr als einem dreiviertel Jahr an den Nagel gehängt. Kriminaldirektor Konstantin Miersch hatte sie mit Bedauern entgegengenommen. Wollen Sie Ihren Entschluss nicht noch einmal überdenken? Kain hatte trotzdem Pistole und Dienstmarke auf Mierschs Tisch gelegt und von ihm den Durchlaufzettel erhalten mit all den Stationen, die er noch besuchen musste, ehe sein Ausscheiden aus dem Dienst amtlich sein würde: Verwaltung, Fachbibliothek, Waffenkammer, Chefsekretärin. Jetzt könnte er die Waffe gebrauchen.
    Kain stieg Stufe um Stufe die eiserne Wendeltreppe nach oben und bemühte sich, keinen Laut zu erzeugen. Zunächst sah er die Luke zur Küche, deren Holz war gesplittert. Am Personaltisch saß keine Isabell und paukte für Oberseminare und Prüfung. Er blickte nach rechts und sah Beine des Mobiliars. Die Füße dazwischen standen wie zum Appell und bewegten sich nicht.
    »Zu hell ist es auch! Wir geben hier keine Show!«
    Tatsächlich wurde das Licht zur besten Besuchszeit gelöscht.
    Kerzen flackerten und gaben dem Raum etwas Unwirkliches. Kain versuchte vorsichtig, weiter nach oben zu steigen.
    »Schlampe, zieh die Rollläden runter!«
    Hinter der Theke setzten sich Damenschuhe in Bewegung. Die Absätze klackten. Kain ging in Deckung und hätte Frederike unter den Rock sehen können. Frederike passierte schnell Essensausgabe und Personaltisch. Im Gastraum waren nur ihre Schritte zu hören. Es schien, als wären alle Gäste gegangen, und sie schloss den Laden jetzt ab. Die Rollläden ratterten und stoppten mit lautem Knall. Die unnatürliche Ruhe kehrte zurück.
    »Ich gebe Ihnen alles Geld, was ich habe!«, sprach Frederike.
    »Ja, sicher.« Die Stimme klang gepresst.
    Kain hörte Hartgeld klappern, es wurde offensichtlich auf die Theke geschüttet.
    »Und die Kleine hat nichts?« Der Kerl fragte nicht, der drohte.
    »Isabell, geben Sie ihm Ihr Portemonnaie!«
    Und wieder Hartgeld, das auf den Tresen fiel. Die Scheine wechselten offenbar geräuschlos ihren Besitzer.
    Das war ein Überfall! Ein Mann mit Pistole raubte gerade den Waschsalon aus! Dass einer Freitagabend bewaffnet in ein Café spazierte, das war Wahnsinn, dachte Kain. Der Typ konnte mit seiner Beute nicht sehr weit kommen. Zu viele Zeugen. Zu viel Verkehr. Keine Fluchtmöglichkeit. Und garantiert hatte einer bereits die Polizei gerufen. Unbeobachtet war dieses Geschehen garantiert nicht geblieben.
    »Gehen Sie, bitte! Ich habe Ihnen alles gegeben.« Frederikes Stimme flehte, sie hatte sie kaum unter Kontrolle.
    »Ich kann nicht einfach hier raus spazieren.« Kain glaubte, Resignation in der Stimme zu hören. Der Typ schätzte seine Situation richtig ein.
    Kain stieg drei Stufen zurück, setzte
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