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Frederikes Hoellenfahrt

Frederikes Hoellenfahrt

Titel: Frederikes Hoellenfahrt
Autoren: Henner Kotte
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halb. Schauen Sie hin.«
    Der Gerichtsmediziner sprach, als würde er in einem Museum Kunstwerke erklären. Schabowski zwang sich zur Konzentration. Wo, verdammt, blieb Bastian Michalk? Jaenicke dozierte. Khalid Georgieff lag vor Schreibtisch und Besucherstuhl. Blut und Knochenreste klebten an Aktenregal, Wand und den daran hängenden Bildern. Über die Luftaufnahme eines mittelalterlichen Klosters schob sich wie eine Schnecke ein Bröckchen Gehirn und hinterließ eine Schleimspur. Der Tote lag auf dem Rücken. Sein rechter Arm war ausgestreckt über dem Kopf, der linke angewinkelt. Es sah aus, als würde er sich am Nabel kratzen. Mund, Nase, ein Auge, ein Ohr waren erkennbar. Stirn und Haare, den Rest seines Gesichts hatte die Patrone im Zimmer verteilt. Der Fotograf blitzte, die Techniker sicherten kleinste Teile. Jaenicke sprach ohne Unterlass. Sie hörte nicht zu.
    Georgieff war seiner Position gemäß gekleidet. Anzug mit Fischgrätmuster. Die Krawatte zeigte Donald Duck in Dollars schwimmend. Die Schuhe schienen Schabowski maßangefertigt. Sie blickte sich um. Das Büro ähnelte tausend anderen. Nur waren hier im Souterrain die Fenster nicht groß und nicht hell. Und hinter dem Schreibtisch waren zwei Fahnen drapiert, von denen Schabowski annahm, dass sie mit Georgieffs geografischer Herkunft im Zusammenhang standen. Der Teppich dämpfte nicht nur ihre Schritte, er schluckte auch die Gespräche der Techniker. Eine Sofagarnitur aus Leder stand in der Ecke. In einem Barschrank blitzen Gläser und Flaschen.
    »So, Sie können!«
    Schabowski war irritiert. Wer gab ihr jetzt eine Anweisung? Die Aufforderung des Fotografen galt jedoch Dr. Jaenicke. Der hörte zu reden auf, nahm sein Köfferchen und kniete sich neben die Leiche. Aus der Jacketttasche holte der Arzt ein Diktafon, hielt es sich eng an die Lippen und sprach, als würde er schon wieder eine Vorlesung halten.
    »Was von Belang?« Schabowski stellte die Frage in den Raum, hoffte, dass einer auf ihre Frage reagierte. Sie fühlte sich in ihrer Chefposition noch immer nicht sicher. Alle kannten ihre Aufgaben und waren beschäftigt. Schabowski erhielt keine Antwort.
    Der Anblick legte einen Raubmord nah. Der Täter hatte etwas gesucht. Aus den Regalen waren die Ordner gerissen. Alle Schubladen waren geöffnet. Einzelne Blätter lagen verstreut. Nur der Safe stand sicher in diesem Chaos. Schabowski unterzog ihn genaueren Blicken. Keine Kratzspuren am Schloss. Niemand schien versucht zu haben, ihn mit Gewalt zu öffnen.
    »Die Schlüssel waren in seiner linken Hosentasche.« Walter hielt ihr einen Bund entgegen, dann probierte er, ob einer von ihnen ins Safeschloss passte. Einer passte. Walter öffnete den Stahlschrank. In seinen Fächern waren die Papiere sorgfältig geordnet. Geld lag bündelweise darin, wenn auch weit weniger, als man in diversen Mafiafilmen sah. Schabowski konnte sich nicht enthalten, mehrere Päckchen in die Hand zu nehmen, privat würde sie niemals solche Mengen sehen. Dann schob sie Papiere und Geld zur Seite. Dahinter versteckte sich offenbar kein Geheimfach. Ungewöhnlich erschien der Kommissarin auf den ersten Blick nichts. Spezialisten würden den Inhalt des Safes genau analysieren.
    »Sieht nicht wie ein Raubmord aus.«
    »Doch.« Walter reichte ihr eine labbrige Brieftasche. »Nur zwei Cent haben sie drinnen gelassen.«
    Der Techniker widersprach ihr aus Prinzip, er war gut mit Bruno Ehrlicher befreundet, erzählte ihm sicher alles, und sie machten sich über sie lustig. Walter hätte sie sofort auf das leere Portemonnaie hinweisen müssen. Den Machos ihres alten Teams entkommen, gestaltete sich die Zusammenarbeit im neuen nicht besser. In solchen Momenten bereute Schabowski, diesen Beruf ergriffen zu haben. Aus verletzter Eitelkeit hatte sie es allen beweisen wollen, den Eltern, den Freunden, dem Vater ihres Kindes.
    »Khalid Georgieff wird mit der Drogenmafia zusammen genannt. Wir müssen das BARocko sehr genau untersuchen.«
    »Gefunden haben wir bislang nichts. Weder Drogen noch Waffen. Aber ich habe die Hunde bestellt.« Walter wendete sich konzentriert seinen Aufgaben zu.
    »Hat schon jemand mit den Zeugen gesprochen?«
    »Die Täter trugen Masken. Und sind geflüchtet. Viel können die nicht sagen.«
    Es war ein blasser Uniformierter, der sprach und augenscheinlich zur Bewachung der Gäste abgestellt war. Er lächelte müde und gab ihr keinen Mut. »Ich versuch’s trotzdem.«
    Schabowski spürte die Blicke aller in ihrem
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