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Frederica - sTdH 6

Frederica - sTdH 6

Titel: Frederica - sTdH 6
Autoren: Frederica - sTdH 6
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und wenn sie
dann endgültig ging, wartete Sarah Millet auf sie, um sie zurück nach
Hopeworth zu bringen. Hopeworth war das Dorf, in dem das Pfarrhaus stand.
    Ihre
Schwester Diana, die zweitjüngste, war einmal als Junge verkleidet von zu Hause
fortgelaufen. Aber Diana war eine ausgezeichnete Jägerin und Reiterin, wie sich
Frederica schweren Herzens beim Zubettgehen sagen mußte. Frederica hatte
insgeheim Angst vor Pferden und hielt Jagen für grausam.
    Bevor sie
einschlief, tröstete sie sich mit dem Gedanken, daß sie sich immer noch anders
entscheiden konnte, sogar noch in allerletzter Minute.
    Aber der
nächste Morgen und die letzte Minute kamen allzu schnell. Wäre es ein
regnerischer Tag gewesen, dann hätte Frederica vielleicht ihre Meinung
geändert. Aber die Sonne strahlte hell, der Himmel war blau und ein leichter
Wind von Süden trug alle Versprechungen des Frühlings mit sich. Es war ein Tag
wie geschaffen für Abenteuer.
    Frederica
verabschiedete sich von all ihren neuen Freundinnen mit Abschiedsküssen und
kletterte unter vielerlei Versprechungen in die Postkutsche.
    Sobald sich
die Tore des Seminars hinter ihr geschlossen hatten, rief sie dem Kutscher zu,
er solle sie bei »diesem Gasthaus in der Nähe von Hatton Abbey« absetzen. Sie
fügte hinzu, daß ihr Vater, der sie dort treffen wolle, ihr den Namen genannt
habe, sie hätte ihn aber vergessen.
    »Das wird Die
Elster sein«, sagte der Kutscher, und Frederica stimmte schnell zu.
    Die Pferde
trabten durch den sonnigen Frühlingsmorgen. Die dicken Keißdornhecken zu beiden
Seiten des Weges zeigten eine Andeutung von Grün. Das fröhliche Gezwitscher
der Vögel drang durch das offene Wagenfenster herein. Die Blumen
begannen bereits, die Felder und Hecken zu färben – der Löwenzahn, das
Gänseblümchen, das Kreuzkraut, die Distel und das Habichtskraut.
    Frederica
lehnte den Kopf zurück und beschloß, die Fahrt zu genießen und nicht an ihr
zukünftiges Leben als Dienerin zu denken. Statt dessen stellte sie sich vor,
daß der Pfarrhauskutscher, John Summer, sie heimfahren würde. Betty, das
frühere Hausmädchen stände wartend an der Tür, und alle ihre Schwestern, die
noch unverheiratet wären, wären da, um sie zu begrüßen und viel Aufhebens um
sie zu machen. Die Zwillinge, ihre Brüder Peregrine und James, studierten noch
nicht in Oxford, sondern sie wären Schuljungen, die lachten und scherzten, wie
sie das früher taten. Sie lachten alle und redeten, und dann brächte sie
Minerva alle ins Bett und läse ihnen eine Geschichte vor. Das Leben im
Pfarrhaus war nie mehr dasselbe gewesen, seitdem Minerva sie verlassen hatte,
um zu heiraten, dachte Frederica voller Sehnsucht. Minerva war die wirkliche
›Mutter‹ gewesen, diejenige, an die sich alle gewandt hatten. Jetzt war
Minerva verheiratet und hatte eigene Kinder.
    Minerva!
    Frederica
setzte sich kerzengerade auf. Sie hatte Miß Grunton gebeten, den Brief an
Minerva aufzugeben. Was, wenn Minerva noch nichts von dem Heiratsvorhaben ihres
Vaters wußte? Schließlich hatte der Pfarrer bei Dianas Hochzeit keinerlei
Andeutung in dieser Richtung gemacht.
    Sie biß
sich auf die Unterlippe. Auf der anderen Seite mußte es Minerva früher oder
später erfahren.
    Trotzdem
lasteten ihr ihre Ängste jetzt schwer auf der Seele. Was, wenn sie keine
Anstellung im Haushalt des Herzogs bekam? Was dann?
    Sie dachte
angestrengt nach und beschloß dann, ein Zimmer für die Nacht im Gasthaus zu
nehmen. Sie mußte ja auch, wenn sie Arbeit bekam, fast ihr ganzes Hab und Gut
zurücklassen. Sie wollte durch ihre feine Garderobe kein Aufsehen erregen. Eine
Kammerzofe hatte ein Sommerkleid und ein Winterkleid und sonst sehr wenig, abgesehen
von ihrer
Arbeitskleidung, von der Frederica hoffte, daß sie gestellt werden würde. Und
wenn sie keine Arbeit bekam, mußte sie irgendwo die Nacht verbringen,
während sie plante, was als nächstes zu tun sei.
    Die meisten
ihrer Kleider waren sowieso zu hübsch, dachte Frederica düster. Sie war auch
einmal hübsch gewesen, erinnerte sie sich, aber als sie dreizehn war, hatte
sie Pocken gehabt. Zwar hatte die Krankheit keine Narben hinterlassen, aber sie
hatte alles an ihr irgendwie verblassen lassen – ihre Augen, ihre Haare und
ihre Persönlichkeit. Die Dinge und die Leute waren so verletzend, dachte
Frederica. Und je mehr sie einen verletzten, desto tiefer verkroch man sich in
sein Schneckenhaus, aus Angst, wieder verletzt zu werden.
    Sie war
einmal, als sie vierzehn war,
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