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Frederica - sTdH 6

Frederica - sTdH 6

Titel: Frederica - sTdH 6
Autoren: Frederica - sTdH 6
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die Besucherin wohl etwas seltsam war. Deshalb
schüttelte sie den Kopf.
    Als das
Mädchen gegangen war, beschloß sie, eines ihrer besten Kleider anzuziehen,
bevor sie nach unten ging. Sie würde nie wieder die Gelegenheit haben, etwas so
Feines zu tragen.
    Sie zog ein
weißes Musselinkleid an und darüber eine weiße Musselinpelerine, die mit einem
üppigen Volant besetzt war. Sowohl die Pelerine als auch das Kleid hatten
hochsitzende Taillen. Auf den Kopf band sie sich eine weiße Zigeunerhaube und ergänzte ihre Kleidung mit
zitronenfarbenen Lederhandschuhen und Schuhen.
    Sie schaute
nicht in den Spiegel, um das Ergebnis ihrer Bemühungen zu bewundern, da sie ihr
Spiegelbild immer enttäuschend fand. Sie überprüfte nur, ob ihre Haube gerade
saß und ihre weichen Handschuhe bis zum Ellbogen reichten.
    Nachdem sie
ihr Zimmer im voraus bezahlt hatte, wurde sie von Mrs. Gilpin in den Garten
geleitet und bekam einen Imbiß serviert.
    »Es ist
sehr still hier«, bemerkte Frederica und seufzte vor Erleichterung, als sie
sich in dem sonnigen Garten umsah.
    Mrs. Gilpin
dachte, sie spräche über das Gasthaus. »Es ist eine ruhige Jahreszeit, Miß«,
sagte sie, als müßte sie sich verteidigen, »und wir sind ja nicht an der
Hauptstraße nach London. Außerdem hat das Haus einen so schlechten Ruf für sein
Essen gehabt, daß es gar nicht schlechter geht. Die Leute finden allmählich
erst heraus, daß jetzt wir da sind. Sogar der Herzog von Pembury kommt jetzt
her.«
    »Wie ist
er?« fragte Frederica. »Der Herzog, meine ich.«
    »Ein feiner
Herr. Ein wirklicher Gentleman. Nicht wie manch andere. Und die
Klatschmäuler im Dorf können ihn den ›Wüsten Herzog‹ nennen, bis sie
schwarz werden, aber ich ändere meine Meinung nicht.«
    »Der Wüste
Herzog!« sagte Frederica schwach. »Warum nennen sie ihn so?«
    »Weil sie
mehr Haare als Verstand haben. Möchten Sie Wein oder Likör trinken?«
    »Limonade,
bitte«, sagte Frederica.
    Die Wirtin
drehte sich um und eilte geschäftig davon.
    Fredericas
Freude an dem ruhigen Garten war etwas getrübt. Der Wüste Herzog. Vielleicht
war er ein schrecklicher alter Lüstling, der mit seinem Geld um sich warf,
weswegen ihn Mrs. Gilpin mochte. Ach du meine Güte! Aber gewöhnliche Sterbliche
wie Kammermädchen hatten sowieso nichts mit so großartigen Personen wie
Herzögen zu tun. Ihr
Schicksal hing wohl mehr von den Launen der Haushälterin ab.
    Frederica
nahm Messer und Gabel zur Hand und beschloß, erst zu essen und später über das
Problem nachzudenken.
    Es war sehr
angenehm im Garten. Ein alter Pfirsichbaum rankte sich an einer rötlichen
Ziegelmauer hinauf. Der Bach plätscherte und gluckste am Rande des Gartens
dahin, und hoch über Fredericas Kopf bauten die Vögel ihre Nester.
    »Es wäre
wundervoll«, dachte sie, »wenn das Leben immer so wäre, angenehm und warm und
sicher.«
    In diesem
Augenblick wurde der Frieden durch das Rumpeln von Kutschenrädern gestört.
Frederica hoffte, daß sich der Neuankömmling oder die Neuankömmlinge nicht bei
ihr im Garten niederließen.
    Dann hörte
sie eine tiefe Stimme sagen: »Im Garten, denke ich«, und als Frederica ihren
Arger darüber, daß ihre Einsamkeit ein Ende hatte, hinunterschluckte, hörte sie
Mrs. Gilpin antworten: »Gerne, Euer Gnaden. Im Garten ist ein Schulmädchen,
aber ich werde sie bitten, zu gehen.«
    »Das ist
nicht nötig«, antwortete die tiefe Stimme.
    Der Herzog!
Der Herzog von Pembury! Frederica wünschte, sie hätte einen Kapotthut statt des
kecken Zigeunerhäubchens auf, das ihr Gesicht kein bißchen verbarg.
    Sie legte
Messer und Gabel hin, obwohl sie ihr Essen noch kaum berührt hatte, und hatte
sich gerade erhoben, als die tiefe Stimme direkt hinter ihr sagte: »Bleiben Sie
bitte sitzen. Sie brauchen nicht zu stehen.«
    Frederica
errötete und setzte sich wieder hin, ohne sich umzuschauen. Der Herzog dachte
offensichtlich, sie sei aus Achtung vor seinem Rang aufgesprungen.
    Ihre
übliche Schüchternheit überflutete sie wie die Schamröte, die ihr ins Gesicht
stieg. Ihre Knie zitterten, und sie fühlte sich ganz elend.
    Aber es war
so schrecklich, wieder die schüchterne, ängstliche Frederica zu sein, wo sie
es doch gerade so genossen hatte, tapfer und waghalsig zu sein. Man brauchte
doch nur einmal zu überlegen, wie selbstsicher sie verlangt hatte, daß man ihr
Essen im Garten serviere ... nun ja, sie hatte darum gebeten. Sie setzte
sich aufrecht hin und nahm entschlossen Messer und Gabel wieder zur
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