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Frauen rächen besser: Roman (German Edition)

Frauen rächen besser: Roman (German Edition)

Titel: Frauen rächen besser: Roman (German Edition)
Autoren: Kim Schneyder
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wieder eine Schlagzeile für die Bildzeitung:
    Vierunddreißigjährige Immobilienmaklerin hat Liebeskummer und will nicht darüber reden.
    Wobei das nicht so ganz stimmte, denn ich wollte natürlich darüber reden. Ich meine, ich bin eine Frau, und bei Frauen ist das Darüber-Reden-Wollen angeboren. In einem streng wissenschaftlichen Buch habe ich einmal gelesen, dass wir Frauen Tag für Tag eine gewisse Anzahl an Wörtern loswerden müssen. Ich meine mich erinnern zu können, dass es dreißigtausend waren, bin aber der Meinung, dass an guten Tagen fünfzigtausend auch nicht schaden können.
    Wollte ich jedoch meinen Plan in die Tat umsetzen, musste ich schweigen. Niemand durfte davon erfahren, nicht meine Freundinnen – da hätte ich es genauso gut in den Abendnachrichten verlautbaren können –, nicht meine Verwandten und schon gar nicht Roberts Bekanntenkreis.
    Wobei es mich schon gereizt hätte, seine Mutter anzurufen, die ich bisher erst zweimal getroffen hatte. Eine Dame mit der Ausstrahlung einer englischen Gräfin, die sich bei Robert vermutlich künstlich hatte befruchten lassen.
    »Ihr Sohn vögelt gar nicht so schlecht, aber leider mit der Falschen. Außerdem hat er einen tätowierten Schmetterling an der linken Arschbacke.«
    Das wäre lustig gewesen, und vor allem die Vorstellung, wie sie Robert nach überstandener Ohnmacht zum Rapport befahl, war ziemlich verlockend. Die Tätowierung wäre für sie schon ein Skandal gewesen, doch dass er überhaupt Sex und dann auch noch vor der Ehe gehabt hatte, dafür hätte sie ihn zur Schnecke gemacht. Aber das wäre der Rache nicht genug gewesen, nicht nach dem, was er mir angetan hatte.
    Im Grunde genommen gab es ja viele Möglichkeiten, mich zu rächen.
    Ich hätte in den Gemischtwarenladen eines Kosovo-Albaners gehen, mich mit einer Kalaschnikow aus Restkriegsbeständen bewaffnen und Robert samt seiner dienstbeflissenen Sekretärin zur Hölle schicken können.
    Beispielsweise.
    Oder ich hätte ihn mit weiblicher Raffinesse ins Bett locken und im Augenblick höchster Ekstase mit einer Rasierklinge entmannen können.
    Oder noch schlimmer: Ich hätte ihn bei der Finanzbehörde anzeigen können – Robert ist nämlich Bauunternehmer.
    Aber selbst wenn ich all das kumuliert hätte – in abgeänderter Reihenfolge natürlich –, hätte es meinen Rachedurst nicht gestillt. Ich wollte mehr. Ich wollte an ihm ein Exempel statuieren, das die Frauenwelt wachrütteln und allen treulosen Männern eine Warnung sein sollte, und um das verwirklichen zu können, bedurfte es nicht bloß einer einzelnen Strafaktion, sondern vielmehr einer ganzen Reihe von vorbereitenden Maßnahmen, bei denen nichts, aber auch gar nichts schief gehen durfte. Ich musste Schauspielerin, Diplomatin, Geheimagentin und Sadomasochistin in einer Person sein. Und eine mit allen Wassern gewaschene Lügnerin. Wobei  die vorherigen Funktionen das meistens ohnehin schon beinhalten.
    Mit anderen Worten: Ich musste mich in den nächsten Tagen verhalten wie ein Politiker.
    Aber selbst das war es mir wert.
    Am Sonntagmorgen fühlte ich mich stark genug, um mein schauriges Werk zu beginnen. Die Fressattacken und Heulanfälle des Vortages hatte ich erfolgreich verdrängt, und nach einem heißen Bad und einem kräftigen Frühstück schritt ich zur Tat: Ich rief Robert an.
    »Heike, endlich! Ich habe mir solche Sorgen gemacht! Wie geht es dir?«
    So besorgt konnte man nur mit einem schlechten Gewissen sein.
    »Danke, geht schon wieder. Ich habe gestern mit dem Notarzt telefoniert, und er meinte, ich hätte mir wahrscheinlich einen Virus eingefangen.«
    »Wie lange wird das dauern? Du fehlst mir!«
    Das habe ich gesehen, dachte ich.
    »Wenn das Fieber bis dahin weg ist, kann ich morgen wieder außer Haus«, sagte ich.
    »Dann komme ich zu dir. Soll ich etwas mitbringen? Was zu essen oder einen Film?«
    »Lieb von dir, geht aber nicht. Der Arzt meinte, es könnte auch etwas Ansteckendes sein. Du musst also einen ganzen Tag ohne mich auskommen, Bärchen. Schaffst du das?«
    »Ich glaube nicht. Ich weiß gar nicht, was ich ohne dich anfangen soll.«
    Zum Beispiel eine Rothaarige flach legen, dachte ich. Wäre mal was Neues.
    »Da kann ich dir nicht helfen, Bärchen. Also sei ein braver Junge, ich melde mich morgen.«
    Nachdem ich aufgelegt hatte, war ich erstaunt über meine eigene Coolness. Das hätte ich mir gar nicht zugetraut. Aber in extremen Situationen kann man eben auch seine persönlichen Grenzen
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