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Frauen al dente. (German Edition)

Frauen al dente. (German Edition)

Titel: Frauen al dente. (German Edition)
Autoren: Marte Cormann
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Sonne schien und die Straßencafes auf der Kö erlebten die langersehnte Hochkonjunktur. Und als Tüpfelchen auf dem ›i‹ und mit einem Quentchen Glück würde Marlen bald auf dem Sessel der stellvertretenden Chefredakteurin von
pleasure
Platz nehmen. Eine Vorstellung, die sie restlos entzückte.
    Marlen gönnte sich einen Cappuccino in ihrem Lieblingscafé. Erst jetzt spürte sie ihre schmerzenden Füße. Vielleicht wäre es sinnvoller, statt in einen grauen Hosenanzug in ein paar wirklich bequeme Schuhe zu investieren. Marke Edelpumps mit eingebautem Finn-Comfort. Der Traum jeder stöckelschuhgeplagten Frau. So unauffällig wie möglich schlüpfte sie unter dem Tisch aus den Schuhen. Welche Wohltat! Während sie beim freundlichen Ambientekellner ihre Bestellung aufgab, übte sie sich im Zehenspielen. Strecken, krümmen, strecken, krümmen…
    »Gestatten?« Der zweite, noch freie Stuhl an ihrem Tisch wurde unsanft zurückgestoßen, und ohne ihre Antwort abzuwarten, ließ ein modisch gegelter Beau sich darauf fallen. Augenblicklich verschanzte Marlen sich hinter den dunklen Gläsern ihrer Sonnenbrille. Der Typ war mindestens zehn Jahre jünger als sie. Vermutlich ein angehender Spitzenmanager, allerdings einer, dem man seinen Knigge erst mühsam in Managerkursen beibringen mußte. Ungeniert flegelte er seine Beine unter den Tisch, so daß Marlen ihrerseits die Gouvernantenhaltung einnehmen mußte, um nicht von ihm getreten zu werden. Marlen schoß Giftblicke durch ihre Sonnenbrille, doch bedauerlicherweise konnte er diese nicht wahrnehmen. Statt dessen beugte er sich sogar zu ihr herüber.
    »Trinken Sie 'nen Kaffee mit mir?« fragte er, mit Fäulnis im Atem.
    Angeekelt lehnte Marlen ab. »Danke, nein«, entgegnete sie frostig. Entschlossen winkte sie dem Ober nach der Rechnung. Sie schlüpfte in ihren linken Schuh, doch nach dem rechten tastete sie vergeblich. Nervös krümmte sie sich, um einen Blick unter den Tisch zu werfen. Verflixt! Nichts. Wo war ihr Schuh?
    »Wie eine Kostverächterin sehen Sie eigentlich gar nicht aus«, baggerte der Beau. »Und ich bin ein ausgesprochener Spezialist für reifere Frauen, Sie wissen gar nicht, was Sie verpassen, wenn Sie mir einen Korb geben.«
    Marlen glaubte, nicht richtig verstanden zu haben. Was bildete dieser Schnösel sich eigentlich ein. Na warte, der sollte die passende Antwort zu hören bekommen.
    »Gehört einer der Damen vielleicht dieser rote Pumps?« erhob sich im selben Augenblick die Stimme des freundlichen Kellners über die Stimmen seiner Gäste. Belustigtes Gelächter. Entsetzt fuhr Marlens Kopf zu ihm herum. Das war ihr Schuh, ohne Zweifel. Dieser Flegel neben ihr hatte ihn vermutlich mit seinen langen Beinen weggeschossen. Dann war es auch an ihm, ihr aus der Patsche zu helfen.
    »Das ist mein Schuh«, wandte sie sich mit abgerungenem Lächeln an ihn, laut genug, daß der Ober und die Gäste, die in der Nähe saßen, sie verstehen konnten. »Wären Sie bitte so nett, ihn für mich zu holen?«
    »Nichts lieber als das. Ich wußte doch, daß wir heute noch zusammenkommen«, grinste er selbstgefällig. »He! Ober, bringen Sie den Schuh mal hier rüber, die Dame kann wohl schlecht in Nylons zu Ihnen herübergehumpelt kommen,« rief er lauthals.
    Wenn Marlen etwas unter Garantie nicht ausstehen konnte, dann waren das überhebliche, dummdreiste Menschen, die ihre Umwelt wie den letzten Dreck behandelten. Und dieser Patron neben ihr war so ziemlich das Allerletzte.
    »Nun hören Sie mir mal gut zu, Sie megadreister Dummfink«, tönte sie in einer Lautstärke, die jedem Feldwebel auf dem Exerzierplatz zur Ehre gereicht hätte. »Ihre Mutti hat Sie wohl zu früh aus den Pampers gelassen! Wenn Sie sich nicht augenblicklich bei dem Ober und mir für ihr unverschämtes Benehmen entschuldigen, hänge ich Ihnen eine Anzeige wegen sexueller Belästigung an, Zeugen habe ich ja genug, ist das klar?«
    Neben ihr erstarrte der Beau zu Stein. Die Blicke der Gäste, überwiegend gepflegte Mitfünfzigerinnen und distinguierte Geschäftsleute, ruhten nun abwartend und feindselig auf ihm. Ein kurzes Zögern verriet seine Unsicherheit. Dann warf er fluchend einen Zehner auf den Tisch und stieß den Stuhl zurück.
    »Den Teufel werd' ich«, quetschte er zähneknirschend hervor. Fluchtartig verschwand er zwischen den Passanten.
    »Sorry, aber das mußte einfach sein«, rief Marlen lachend und schlüpfte in ihren Schuh. »Was bin ich Ihnen schuldig?« erkundigte sie sich beim
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