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Frauen al dente. (German Edition)

Frauen al dente. (German Edition)

Titel: Frauen al dente. (German Edition)
Autoren: Marte Cormann
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schürzte sie sorgenvoll ihre Lippen, um gleich darauf mit ernster Miene zu fragen: »Wie alt sind Sie?«
    Marlen schluckte trocken. Huch! Heute war alle Welt an ihrem Alter interessiert. Die Weigold, der Beau und nun die Hiller. Wollte Nena ihr nun ein Kompliment für ihr faltenfreies Gesicht machen oder erwartete sie im Gegenteil ein fachkosmetisches Donnerwetter für vorzeitige Hautalterung? Bedauerlicherweise schien das Pendel zu Marlens Ungunsten auszuschlagen.
    »Was halten Sie davon, wenn wir es mal mit einer Modellage probieren? Das ist eine Gesichtsmaske, die langsam antrocknet und dabei ein angenehmes Wärmegefühl entwickelt. Durch die Wärme wird Ihre Haut intensiv durchblutet und verliert ihren fahlen Schein. Zudem werden auf diese Weise kleine Fältchen ausgebügelt.«
    Marlen spürte das Blut hinter ihren Schläfen pochen. Der Schreck war ihr in alle Glieder gefahren. »Ist es denn so schlimm?« entfuhr es ihr. Drastischer konnte frau ja wohl kaum darauf hingewiesen werden, daß die biologische Uhr ablief. Wo seid ihr geblieben, ihr Jugendjahre?
    Endlich bemerkte Nena, was sie in ihrem Arbeitseifer angerichtet hatte. Sie lachte. »Keine Angst, für 'ne Frischzellentherapie ist es noch zu früh. Aber wie heißt es so schön? Wehret den Anfängen! Wie wär's also?«
    Irgendwie keimte in Marlen der schreckliche Gedanke, daß der heutige Tag zwar ganz stark angefangen hatte, nun aber spürbar nachließ. Doch was blieb ihr übrig, sie fügte sich in ihr Schicksal. »Tun Sie, was Sie nicht lassen können«, seufzte sie.
    Das ließ Nena sich nicht zweimal sagen. Nachdem sie Marlen hinreichend unter Dampf gesetzt hatte, tobte sie sich zunächst an ihren Unreinheiten aus. Sie quetschte, schob und drückte, und gelegentlich kam sie auch nicht umhin, Marlens zarte Gesichtshaut anzuritzen. Als diese Tortur glücklich überstanden war, begann sie zu zupfen. Erst verpaßte sie Marlens dunklen Augenbrauen den einzig richtigen Schwung, dann machte sie vereinzelten Kinnborsten den Garaus.
    »So, das war's schon«, verkündete sie endlich. Marlen bemühte sich, ihre angespannte Muskulatur wieder zu entkrampfen. Natürlich kein Vergleich mit dem Zahnarzt, aber dort wurde man gnädigerweise vor der Behandlung betäubt.
    »Die Maske ist angereichert mit Mineralien, alles natürlich. Ich bin sicher, Sie werden begeistert sein.« Nena klatschte die matschige Pampe bereits mit einem dicken Spachtel auf Marlens gereinigtes Gesicht. Der Mund blieb verschont, die Augen erhielten eine Spezialmaske.
    »So, jetzt nicht mehr sprechen, die Maske muß nun antrocknen. Nachher nehmen wir sie dann in einem Stück ab. In zwanzig Minuten sehe ich wieder nach Ihnen. Möchten Sie dabei ein wenig Musik hören?«
    Marlen winkte ab, bevor Nena ihren ganzen Körper in warme Decken einschnürte. Keine Entspannungskassetten, lieber grübelte sie darüber nach, wie das neue Konzept von
pleasure
aussehen sollte.
    Zischeln und Wispern riß Marlen aus ihren Träumen. Sie mußte eingeschlafen sein. Eigentlich erstaunlich, wenn man bedachte, daß tausend Ameisen auf ihrem Gesicht Schlittschuh liefen.
    »Hab ich's dir nicht gesagt? Eine echte Mumie. Macht Mama alles selbst. Jetzt bekomm ich aber auch deine Puppe. Gewonnen ist gewonnen.« Die dünne Kinderstimme befand sich ganz in der Nähe von Marlens rechtem Ohr.
    Marlen spürte, wie sie sich versteifte. Kinder im allgemeinen und erst recht im besonderen waren ihr suspekt. Sie waren launenhaft und unberechenbar, lebhaft und wild und neigten zu Unfällen aller Art. Außerdem waren sie gnadenlos in der Beurteilung ihrer Mitmenschen, saugten aber jedes arme Opfer, das den Fehler beging, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken, aus bis aufs Mark. Nein danke. Null Bock auf Kinder.
    Aber jeder Zweifel war ausgeschlossen. Woher, um Himmels willen, kamen ausgerechnet hier, an diesem ruhigen Ort, zwei Kinder? Es waren mindestens zwei, das kam schon einer ganzen Horde gleich. Marlen fühlte sich ihren gaffenden Blicken hilflos ausgeliefert. In ihrem Zustand, verborgen unter einer steinharten Mineralienmaske und in Decken gewickelt wie eine … eine … eine Mumie. Jawohl, der Vergleich war durchaus passend.
    »Macht deine Mama die Menschen vorher auch selber tot?« fragte das zweite Mädchen nun ein wenig ängstlich.
    »Quatsch, wie kommst du denn da drauf? Meine Mama bringt doch keinen um!«
    »Dann ist es auch keine Mumie. Mein Papa hat gesagt, so 'ne Mumie ist nichts anderes als eine eingewickelte Leiche.« Die
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