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Frauen al dente. (German Edition)

Frauen al dente. (German Edition)

Titel: Frauen al dente. (German Edition)
Autoren: Marte Cormann
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durch.« Die Weigold zog eine prallgefüllte Unterschriftsmappe zu sich heran. Die Audienz war beendet.
    Marlen verstand den Wink, trotzdem fragte sie: »Bis wann hätten Sie die Unterlagen gerne?«
    »Am liebsten noch gestern, Marlen. Und um Ihre Frage nach weiteren Kandidaten zu beantworten: Wem aus der Redaktion trauen Sie diesen Job denn noch zu?«
    Marlen schluckte trocken. Die Weigold war wirklich ein gemeines Aas. Erwartete sie ernsthaft von ihr, daß sie ihre Gegenkandidaten selbst in den Sattel hob? Doch andererseits – was hatte sie schon zu verlieren? Ihr eigener Ruf war tadellos und für den Vorstand würde sie eine Analyse vorbereiten, die alle überzeugte. Wenigstens hoffte sie das. Da konnte es auf keinen Fall schaden, auch mit Menschenkenntnis zu glänzen. Und mit sachlicher Unvoreingenommenheit. Dennoch blieb ein flaues Gefühl im Magen, als sie sagte: »Ich könnte mir Frau Kranach als mögliche Bewerberin vorstellen. Sie ist ehrgeizig und zielstrebig.« Allerdings würde Marlen sich eher die Zunge abbeißen, als auch nur ein positives Wort über die Arbeit der Kranach zu verlieren. Die war in ihren Augen nämlich unter Standard.
    »Interessante Einschätzung«, antwortete die Weigold, ohne eine Miene zu verziehen. Dann schlug sie die Mappe auf und setzte ihre Unterschrift unter das erste Schreiben. Doch wiederum unterbrach sie sich. »Übrigens erwarte ich von meiner künftigen Stellvertreterin absolute Loyalität, Offenheit und die Fähigkeit zur Teamarbeit. Eine Bewerberin, die neben herausragender Leistung diese Eigenschaften mitbringt, verdient meine absolute Unterstützung.«
    Behutsam zog Marlen die Tür hinter sich ins Schloß.
    Hurra!!!!
    »Wohl zuviel Tennis gesehen, gestern Abend?« grinste Rabuske, das Redaktionsfaktotum, als er Marlen dabei ertappte, wie sie in typischer Boris-Becker-Manier den Arm hochriß.
    Übermütig strahlte sie den alten Mann an. »Von wegen Tennis. Die größten Schlachten werden heutzutage in den Büros geschlagen, Herr Rabuske.«
    »Da haben Sie wohl recht«, nickte Rabuske eifrig. »Wissen Sie, was Meier aus der Fünften sich gestern Nachmittag wieder geleistet hat?«
    Bloß das nicht! Rabuske kam im ganzen Haus herum und war daher eine schier unerschöpfliche Quelle für Bürotratsch aller Art. Doch im Augenblick stand Marlen wirklich nicht der Sinn danach.
    »Keine Zeit, Herr Rabuske, ich muß dringend aufs Klo!« Marlen rettete sich hinter die Tür mit dem D-Schild. Marmorlook und saubere Waschbecken empfingen sie. Selbst die Kloschüssel funkelte wie frisch poliert. Ganz eindeutig Chefetage. Dagegen das Klo unten auf dem Sklavengang, dort wo auch sie ihr Büro hatte …
    Aus dem Spiegel leuchtete ihr das Gesicht einer hinreißenden Frau entgegen. Erfolg macht schön, Marlen Sommer, du bist der lebende Beweis dafür, stellte sie verblüfft fest. Nun gut, ihre braunen, naturgelockten Haare trug sie schon seit Jahren bis auf die Schultern, doch trotz unablässiger Intensivpflege hatten sie noch nie so geglänzt wie heute. Ganz zu schweigen von ihren himmelblauen Augen, die mit den Diamantsplittern in ihren Ohrclips um die Wette funkelten. Sie würde Weber beerben, das schwor sie sich beim Anblick ihres Spiegelbildes. Sie war gut, sie war besser, sie war unschlagbar. Außerdem war die Weigold auf ihrer Seite, da war Marlen sich sicher. Auch wenn sie das nicht ausdrücklich gesagt hatte. Aber mehr als ihre letzte Bemerkung war von der damenhaft distanzierten Weigold auch nicht zu erwarten. Jetzt brauchte sie nur noch die Herren aus dem Vorstand zu überzeugen. Ob sie Rabuske schon um Umzugkartons bitten sollte?
    »Oh Verzeihung, ich muß mich in der Tür geirrt haben?!«
    Beim Klang der sonoren Männerstimme fuhr Marlen erschrocken herum. Sprachlos starrte sie den Fremden an, der in seiner stattlichen Länge den Türrahmen ausfüllte und nun unschlüssig einen Schritt zurück auf den Hur trat. Mit einem Blick auf das ›D‹ vergewisserte er sich, daß tatsächlich er es war, der sich geirrt hatte. Verwundert schüttelte er den Kopf.
    »Nichts für ungut«, murmelte er noch einmal hastig, fort war er.
    Durchaus attraktiv, wahrscheinlich irgendein Promi auf Redaktionsbesuch, überlegte Marlen auf dem Weg zurück in ihr Büro. Schade, wenn man Rabuske brauchte, war er nirgends zu sehen. Er würde ihr bestimmt sagen können, wer der große Unbekannte war.
    »Na, war's schlimm?« erkundigte Tanja sich mitfühlend bei ihr. Tröstend bot die Redaktionssekretärin
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