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Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Titel: Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)
Autoren: Hera Lind
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mir, Kind.
    »Also was möchtest du vertraglich regeln?«, sagte ich aufmunternd zu Klaus.
    »Die Form unseres Zusammenlebens«, sagte er.
    Ich schwieg still. Bin ich eine Kurtisane oder wie diese Mädels heißen? Vielleicht nicht direkt, aber im speziell vorliegenden Fall vielleicht eine Klettomane? (Der Klaus lag schlafend … auf seiner Klettomane … aber seine Augen waren offen …).
    »Na, ich denke da an das Modell der guten alten Wohngemeinschaft«, sagte ich munter. »Das ist zwar nicht mehr ganz zeitgemäß, aber ganz ohne Zweifel zweckgemäß. Wenn deine Frau … wie heißt die Haushälterin?«
    »Pupke«, sagte Klaus.
    »… Pupke mal einen freien Tag hat oder wegen ihrer Verdauungsprobleme zum Arzt muss, können wir ja vertraglich regeln, wer den Abfalleimer runter bringt oder mit dem Kleinen in die Grünanlagen geht. Außerdem möchte ich zweimal täglich zwei Stunden üben, aber ich richte mich da gerne nach den Gepflogenheiten des Herrn Doktors.«
    »Das klingt aber alles furchtbar förmlich«, sagte Klaus traurig und nahm meine Hand. »Magst du denn gar nicht ein bisschen gern bei mir wohnen?«
    Mir schauderte im rosa Nachthemd.
    »Klaus!«, sagte ich unter meiner Gänsehaut. »Bitte jetzt kein Präludium und Fuge in Sülz moll!« Mir fiel da das Märchen vom Froschkönig ein. Vielleicht sollte ich den Herrn Doktor mal mit Schmackes an die Wand schmeißen, und plötzlich stünde ein cooler Macker vor mir …?
    Klaus erhob sich abrupt. Das tat er immer, wenn ich ihn gekränkt hatte.
    »Du kannst ja mal drüber nachdenken«, sagte er beim Hinausgehen. »Zeit dazu hast du ja hier genug.«
    »Jetzt sei doch nicht gleich beleidigt!«, brüllte ich hinter ihm her. »Ich kann doch meine Gefühle nicht aus dem Boden stampfen!«
    Das war das Stichwort für die Essenstürkin, die gerade auf gewohnt rüde Art eintrat. Sie rempelte Klaus an. »Wollentääoderkaffää!«, stieß sie hervor.
    Klaus war friedfertig. »Kaffee«, sagte er und setzte sich wieder.
    Aus einer blechernen Kanne schüttete die einfühlsame ausländische Arbeitnehmerin dem müde blickenden Herrn Doktor dampfenden Sud in eine dickwandige, weiße ungespülte Tasse. Er konnte einem richtig leidtun. Kein weibliches Wesen weit und breit, das sich liebevoll um sein leibliches Wohl kümmern wollte! Nur so eine widerspenstige Emanzendiva im rosa Stillnachthemd, die herrisch einen phlegmatischen Säugling unter ihrem Busen begrub!
    Ob er sich nach seiner gefühlskalten Frau Irene zurücksehnte?
    Immerhin musste der eheliche Schäferhund Corinna gewisse Anhänglichkeit gezeigt haben, mit dem er seinerzeit immer um den Decksteiner Weiher radelte, um dem bewegungshungrigen Tier den nötigen Auslauf zu verschaffen. Na ja, demnächst würde er mit Paul im Rucksack um den Weiher radeln können. Ich sah eigentlich nicht ein, warum es Corinna besser gehen sollte als Paul.
    Klaus sah auf die Uhr und behauptete, dass jetzt mindestens fünf Notfallpatienten in der Poliklinik auf ihn warteten. Er überließ mir die halbausgetrunkene dickbauchige Tasse, pfefferte mir einen Kuss aus feuchtem Kaffeebart in mein fleckiges Antlitz und vergaß ganz, seinen schlafenden Sohn noch einmal im Nacken zu kraulen.
    »Tschüs, Doc«, sagte ich nachdenklich hinter ihm her. Man sollte so einen doch verdammt noch mal lieben können.
    Ich wollte es auch ganz fest versuchen, Ehrenwort.

Am nächsten Tag war das süße Wöchnerinnendasein mit einem Schlag zu Ende. Oberschwester Hildegard, die es an jeder Klinik gibt, war aus dem Urlaub zurück und machte ihre Runde.
    »Wen haben wir denn hier!«, begrüßte sie mich mit unmelodisch militärischer Lautstärke. »Frau Frohmuth! Wie geht’s?«
    »Und selbst!«, brüllte ich zurück.
    Schwester Feldwebel warf einen suchenden Blick in das leere Aquarium. »Wo isser denn? Was? Wo haben Sie Ihren Säugling gelassen?«
    »Hier«, sagte ich und lüftete wie üblich die Bettdecke. Paul klemmte unter meinem Busen und röchelte leise. Er hatte nun fünfundneunzig Prozent seines bisherigen Lebens verschlafen, wenn man berücksichtigt, dass er während und unmittelbar nach seiner Geburt immerhin wach war.
    »Ja sind Sie denn wahnsinnig!«, schnauzte die Schwester und riss den kleinen Penner in die Höhe.
    »Eigentlich nein«, sagte ich verunsichert. »Oder? Soll denn so’n Wurm nicht den hautnahen Mutterkontakt haben?«, So stand es jedenfalls in »Leben und leben lassen«, dem katholischen Erziehungsheftchen, das Tante Lilli mir zur Geburt
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