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Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Titel: Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)
Autoren: Hera Lind
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Schwarzwaldklinik.
    »Was macht unser Kleiner?«, fragte Professor Brinkmann, nachdem er sich mit Helmuts giftgrünem Lätzchen das Fett aus dem Bart gewischt hatte.
    »Mal nachsehen.« Ich lüftete erst die Bettdecke und dann den Busen. Der Säugling schlief erschöpft unter soviel Last. Die wenigen Härchen klebten ihm verschwitzt am Kopf. Es waren immer noch 36 Grad im Schatten; unter der Bettdecke wahrscheinlich 37 Grad.
    »Süß«, sagte Klaus und kraulte ihn unbeholfen im Nacken.
    »Ja, nicht wahr?«, sagte ich stolz.
    »Ganz die Mutter«, sagte Klaus und kraulte mich übergangslos genauso unbeholfen.
    »Ach lass das doch jetzt«, sagte ich. Beim Waulen von Breichen jeder Art will ich weder angefasst noch mit Komplimenten überhäuft werden. Dass er das einfach nicht lernte!
    »Bist du glücklich?«, fragte Klaus und hörte mit dem Kraulen vorübergehend auf.
    »Klar«, sagte ich lässig. »Besonders, wenn du mir nächstens Milchreis OHNE Rosinen bringst.«
    Rosinen sehen aus wie ertrunkene Stubenfliegen, und die mag ich nicht im Essen haben. Weiß auch nicht, warum. Da bin ich eigen.
    »Und sonst? Könntest du dir vorstellen, mit mir zu leben?«
    Klaus hatte schon immer einen Sinn für den richtigen Antrag am richtigen Ort zur richtigen Zeit gehabt. Ich mochte das an ihm.
    »Wir werden es mal versuchen«, sagte ich großzügig.
    Was blieb mir auch anderes übrig. In meine Zweizimmerwohnung unterm Dach konnte ich mit einem schreienden Säugling wohl nicht zurück. Mein Geschrei hatten die schwerhörigen Damen aus der Nachbarschaft ja ertragen, aber jetzt im Duett?! Und zusätzlich nachts?
    Außerdem hatte ich Angst vor dem Alleinsein, ganz neuerdings.
    So ein Baby ist ja nicht wie eine Wärmflasche, die man zum Knuddeln mit ins Bett nehmen und bei Bedarf einfach rausschmeißen kann! So ein Baby hält einen vierundzwanzig Stunden auf Trab, hatte Tante Lilli gesagt. Sie musste es ja wissen. Schließlich hatte sie nie eins gehabt.
    Klaus nahm dankbar meine Hand. Soviel Entgegenkommen war er von mir gar nicht gewöhnt.
    »Nicht wahr, wir werden den Alltag schon zusammen meistern«, sagte er begeistert.
    Vorsichtig richtete ich mich auf.
    »Wie meinste’n das so konkret?«
    »Darüber müssten wir mal zusammen sprechen«, sagte Klaus weise. »Ich denke da an so eine Art Ehevertrag … ohne Ehe natürlich!«
    »Nee, ist klar. Ehevertrag ohne Ehe ist einfach nur Vertrag. Man könnte also unser Zusammenleben vertraglich regeln.«
    »Hast du dir darüber schon Gedanken gemacht?«
    Ich fand das Thema unangenehm, aber Tante Lilli stachelte mich an:
    Los jetzt, Kind! Du bist am Zug! Er muss für dich und das Kind die Miete bezahlen, dazu zwei Drittel seines Einkommens an Unterhalt, und du könntest ihm dafür freundlicherweise dann und wann einen Knopf annähen.
    Aber Tante Lilli, das ist ja das Letzte! Wer bin ich denn? Ich will singen und keine Knöpfe annähen! (Doch die Säumchen an dem Rocke mag sie NICHT annähen.)
    Und wer sorgt für das Kind, du Schlunze? Tante Lilli konnte, wenn auch in seltenen Fällen, in ihrer Wortwahl ausfallend werden.
    Also dem Paul werde ich natürlich ab und zu mal ein Milupa-Breichen in den Mund schieben, sagte ich. Das ist Ehrensache.
    Und wer bezahlt das Milupa-Breichen? ereiferte sich Tante Lilli. Kind, du musst dich finanziell absichern! Los jetzt, der Mann bietet dir doch gerade seine ausgestreckten Hände an!
    Und die Frau soll die Hände aufhalten? Wie das so ihrer Natur entspricht, was? Kommt mir nicht ins Haus!
    Aber dein blödsinniger Stolz beschert dem Baby auch nichts zu essen! Denk mal an später! Der Junge will ordentlich gekleidet sein und studieren! Meinst du, das kannst du von deinen armseligen Konzerten finanzieren?
    »O. K.«, sagte ich zu Klaus. »Du bezahlst den Unterhalt für Paul, und ich taue dir dafür dann und wann ein Fertiggericht auf. Sagen wir, zweimal in der Woche abends. Das können wir vertraglich so festhalten.«
    Klaus war verdutzt. »Dass ich für meinen Sohn aufkomme, ist doch gar keine Frage«, sagte er. »Dafür musst du mir doch kein Essen bereiten! Ich habe eine Haushälterin, die wird für uns alle sorgen.«
    »Na prima«, sagte ich. »Und meinen Milchreis werde ich natürlich selbst bezahlen.«
    »Darum geht es doch gar nicht«, sagte Klaus. »Wer redet denn hier vom Geld!«
    Siehst du, Tante Lilli, sagte ich hämisch. Wer redet denn hier vom Geld! Tante Lilli schüttelte den Kopf. Das geht nicht gut, das ist absolut blauäugig von dir. Glaub
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