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Frau Bengtsson geht zum Teufel

Frau Bengtsson geht zum Teufel

Titel: Frau Bengtsson geht zum Teufel
Autoren: Caroline L. Jensen
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gewissenhaft durch.
    Sie legte den Stapel auf den Tisch und stellte die Kaffeemaschine an. Es war kurz vor eins, und nach dem Lesen der Post musste sie nur noch staubsaugen, dann war alle Hausarbeit bis zur Zubereitung des Abendessens erledigt.
    Genug Zeit für ein schönes Bad.

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    U nd alles sah danach aus, dass es ein ganz gewöhnliches Dienstagsbad werden würde.
    Nachdem sie eine Weile unschlüssig vor dem Bücherregal gestanden hatte und sich nicht zwischen Liza Marklunds letztem Machwerk und dem kleinen Ethikbüchlein des Dalai Lama entscheiden konnte, nahm sie der Einfachheit halber und weil sie nackt war und fror, die neueste Ausgabe der
Haus und Heim
mit ins Badezimmer.
    Das Wasser war siedend heiß, als sie hineinstieg, das Ergebnis langjähriger Erfahrung. Sie liebte es, im Bad zu lesen, und bei dieser Temperatur konnte sie sich eine halbe Stunde in die Lektüre vertiefen und bewahrte sich trotzdem noch eine angenehme Temperatur zum Haarewaschen. Vielleicht sollte sie heute auch die Massagedüsen einschalten, obwohl sie so einen fürchterlichen Lärm machten.
    Das Wasser duftete herrlich nach dem Badesalz, das sie vor drei Jahren in einer Hotelboutique in Kairo gekauft hatte. Eine phantastische Reise übrigens, die sie zu monatelanger intensiver Lektüre über das alte Ägypten und seine Götter, Mythen und Symbole angeregt hatte.
    Frau Bengtsson planschte vergnügt und stellte zufrieden fest, dass sogar die Shampooflaschen zu den Handtüchern und dem Duschvorhang passten. Ja, selbst die Seife hatte sie aufgrund ihrer Farbe ausgesucht, denn sie nahm ihre Rolle als Hausfrau ernst. Die Ecke unter dem Sideboard war wohl die Ausnahme, welche die Regel bestätigte.
    Sie blieb zu Hause, was sie in den Augen vieler moderner Frauen zu einer Aussätzigen machte, aber sie tat es mit Bravour. Und ihr Fünfziger-Jahre-Dasein war keineswegs bedrückend oder verdummend. Nein. Neben ihrer Tätigkeit als Hausfrau beschäftigte sich Frau Bengtsson in allerlei Kursen und Studienzirkeln, und sie las alles von Jackie Collins bis Goethe. Es bereitete ihr keinerlei Stress, ein Heim in Ordnung zu halten, ihren Mann in jeder Hinsicht zu verwöhnen und trotzdem noch Zeit für geistige Tiefsinnigkeiten zu finden. Herr und Frau Bengtsson waren nämlich kinderlos.
    Nicht dass sie es so gewollt hätten. Sie hatten es nur aufgeschoben. Irgendwie hatten die Umstände nie hundertprozentig gestimmt, weder ökonomisch noch was die Wohnsituation betraf, und sie beschlossen zu warten.
    Als Herr Bengtsson dann endlich zum Verkaufsleiter der Automobilfirma befördert wurde und sein Verdienst das Haus in Myresjö unterhalten und seinen Berechnungen zufolge – die immer sehr genau waren – den Bedarf eines kleinen Kindes decken konnte, stellte sich heraus, dass es zu spät war.
    Frau Bengtsson war sechsunddreißig, als sie anfingen, es zu versuchen, und ihr Fortpflanzungsvermögen – das noch nie das beste gewesen war, wie sie von dem netten Arzt erfuhr, den sie nach einem Jahr fruchtloser Versuche konsultierten – war verkümmert.
    Aber unsere beiden Eigenheimbewohner waren nicht verrückt nach Kindern.
    Herr Bengtsson nahm die Diagnose, dass die Familie auf natürlichem Wege keinen Zuwachs bekommen würde, besonnen auf, und auch Frau Bengtsson akzeptierte ihr Schicksal auf Anhieb. Sie fanden sich damit ab, und nach außen hin taten sie, als sei es ihre eigene Entscheidung. Würdevoll und vernünftig.
    Hin und wieder erwogen die Eheleute eine Adoption. Sie waren sich einig, dass es eine denkbare Alternative wäre, irgendwann in der Zukunft. Und schoben auch dies fürs Erste auf.
    Frau Bengtsson hatte also Zeit.
    Zeit, um in Ruhe aufzuräumen, allerlei spannende Rezepte auszuprobieren, sich für ihren Mann schön zu machen, täglich ausgiebig die Post zu lesen, an Abendkursen teilzunehmen, fernzusehen, mit Freundinnen Kaffee zu trinken und zu lesen. Sie hatte auch viel Zeit, um sich zu fragen, warum es sie so wenig bekümmerte, dass sie nicht Mutter werden konnte.
    Manchmal hatte sie so viel Zeit, dass sie versuchte, sich darüber aufzuregen. Dann setzte sie sich pathetisch an den Küchentisch, fest entschlossen, ihre verschrumpelte Gebärmutter zu beweinen, aber mehr als ein bisschen Trübsal kam nie dabei heraus. Wenn die angemessene Trauerzeit verstrichen war, schenkte sie sich ein Glas kalifornischen Weißwein ein und setzte ihre Arbeit fort oder las ein Buch.
    Sie las viel, Herrn Bengtssons Frau. Aber sie fühlte nicht den Drang, etwas
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