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Frau Bengtsson geht zum Teufel

Frau Bengtsson geht zum Teufel

Titel: Frau Bengtsson geht zum Teufel
Autoren: Caroline L. Jensen
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verschiedenen kalligraphischen Schriftarten.
    Kalligraphie war nur einer der unzähligen Kurse, die unsere liebe Frau Bengtsson im Lauf der Jahre besucht hatte, und wie in den meisten Dingen, mit denen sie sich beschäftigte, war sie darin sehr tüchtig geworden. Das kantige Gotisch und die zierlichen romantischen Schriften mochte sie am liebsten, und nach und nach füllte sie das ganze Blatt mit großen und kleinen Namenszügen. Sogar ein Name wie Bengtsson konnte in der richtigen Schrift stattlich aussehen, dachte sie und begann über ihren Grabstein nachzugrübeln. Vielleicht sollte sie für diesen auch ein Muster hinterlegen.
    »Liebling?«
    »Mmm.«
    »Welche Schrift möchtest du auf unserem Grabstein? Dieselbe wie ich?«
    »Ich weiß nicht, Liebling. Entscheide du, es wird sicher schön«, sagte Herr Bengtsson und las einen Artikel über den Fußballkönig Henrik Larsson.

    So war Frau Bengtssons Leben, und sie war recht zufrieden damit.
    Sie kritzelte noch eine Weile planlos weiter, bis sie schließlich doch den rosa Lippenstift auftrug und sich auf den Schoß ihres Mannes setzte, der nur zu gern die Zeitung beiseitelegte, in der sowieso nur deprimierende Sachen standen, und seine Frau ins Schlafzimmer trug, wo er nach sieben Minuten intensiver Liebe einschlief.
    Weder vorher am Küchentisch noch nachher im Bett verschwendete Frau Bengtsson auch nur einen Gedanken an geistige Dinge. Ihr Erlebnis im Badezimmer war nun schon einige Tage her, doch sie war noch nicht so weit. Sie dachte an Schminke.
    Aber um der kleinen Frau Gerechtigkeit zu tun: Dies war nur der Anfang.
    Hätte sie tieferen Gedanken nachgehangen und wäre direkt zur Sache gekommen, hätte sogar der Schöpfer erstaunt eine Augenbraue hochgezogen. Auch wenn er in diesem Moment ihr einziger Verbündeter war. Frau Bengtsson hatte noch einen weiten Weg vor sich. Gott stand ihrer Gedankenwelt alles andere als nah, obwohl er als Einziger ganz sicher wusste, dass sie die Wahrheit sagte.
    Zweiundachtzig Stunden vor der Siebenminutennummer war Frau Bengtsson gestorben.

3
    G leichwohl dachte sie ein paar Tage später, dass es in Ordnung gewesen wäre. Nicht der Tod selbst, aber wenigstens lagen bei seinem Eintritt alle Zierkissen sauber aufgeschüttelt und mit einem Knick in der Mitte versehen auf dem Sofa. Die Spüle glänzte, besonders der Ansatz des Wasserhahns, der sie an einen Phallus erinnerte, und just an jenem Morgen hatte sie frische Schnittblumen in die Vase gestellt. Wenn es wirklich aus gewesen wäre, hätte ihr Mann die Leiche in einem tadellosen Heim vorgefunden. Ganz, wie sie es gewollt hätte.
    Es hätte schlimmer kommen können. Sie hätte stolpern und mit dem Kopf gegen den Marmortisch knallen können. Dann wäre sie halb unter dem Sideboard liegen geblieben, und wenn man ihre Leiche hervorgezogen hätte, wären vielleicht ein paar Staubmäuse zum Vorschein gekommen. Dort war nämlich ihre geheime Ecke, die sie nie putzte, aus dem einfachen Grund, dass das Staubsaugerkabel nur
fast
bis dorthin reichte, ohne dass sie den Stecker wechselte. Und wenn sie ihn umsteckte, war es leichter, einfach im Büro weiterzusaugen und auf die lächerliche Ecke zu pfeifen.
    Nein, dachte Frau Bengtsson, es wäre nicht angemessen gewesen, dort zu sterben.
    Andererseits wäre sie sehr dankbar, wenn sie beim nächsten Mal nicht wieder ertrinken müsste.

    Der Dienstag, an dem dies geschehen war, war wie gesagt ein stinknormaler Tag. Das heißt, bis dahin. Nicht einmal Beggo, dem Briefträger (eigentlich hatte er einen sehr afrikanischen Namen, aber die Bewohner des pastellfarbenen Vororts von Myresjö hatten es in den drei Jahren seines treuen Dienstes nicht geschafft, ihn auszusprechen, also hatte er aufgegeben und beließ es bei den ersten zwei Silben seines Vornamens), war etwas aufgefallen.
    Wie immer hatte sie ihn ganz und gar lebendig am Briefkasten erwartet, als er, mit steifem Nacken, wie ein Wilder angerast kam. Das gelbe Postauto war sein ganzer Stolz, ebenso wie die Tatsache, dass er es fuhr.
    Bei seiner Ankunft in Schweden hatte Beggo nicht die geringste Ahnung vom Autofahren gehabt; sein einziges Transportmittel in Tunesien war eine alte, klapprige Vespa gewesen, die er mit seinem Onkel geteilt hatte.
    Dass er nur Vespa gefahren war, noch dazu in Tunesien, im Slalom zwischen Straße und Gehweg, oft gegen die Fahrtrichtung – sofern es möglich war, diese im Gewirr aus Eseln, Touristen, Souvenirständen, qualmenden Autos und Teeverkäufern mit
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