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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen
Autoren: Jan Zweyer
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prall
gefüllte Säcke, die in der Ecke lagen. »Machen Sie
es sich bequem. Schreien wird nichts nützen. Also sparen Sie
sich die Mühe.«
    Die Eisentür fiel
ins Schloss und ein Schlüssel drehte sich.

58
    Mittwoch, 14.
März 1923
    Wilfried Saborski fing
Wiedemann vor dessen Haustür ab, als dieser am späten
Nachmittag von der Arbeit heimkam.
    »Trasse will mit
uns sprechen«, behauptete er.
    »Ich möchte
vorher noch eine Kleinigkeit essen.«
    »Geht nicht.
Trasse wartet schon seit einer Stunde. Er hat gesagt, es sei
dringend.«
    »Warum ist er
nicht selbst gekommen?«
    »Das musst du
schon ihn fragen. Er ist oben im Schuppen am Kaiser-Wilhelm-Turm.
Bist du bewaffnet?«
    »Im Amt? Bist du
verrückt?«
    »Gut. Nun komm
schon, es wird sicher nicht lange dauern.«
    Der halb verfallene
Holzschuppen, am Rand eines kleineren Waldgebiets gelegen, diente
den Männern der Zentrale Nord manchmal als Treffpunkt. Die
Umgebung des Schuppens war gut einsehbar. Insbesondere der kleine
Feldweg, der zu ihm führte, konnte überblickt werden.
Außerdem bot der Wald Flucht- und Versteckmöglichkeiten,
sollte sich eine französische Streife nähern.
    Wiedemann seufzte.
»Na gut. Lass uns fahren.«
    Die beiden Männer
schwangen sich auf ihre Fahrräder und erreichten eine gute
Viertelstunde später den Kaiser-Wilhelm-Turm. Nun mussten sie
schieben. Der Boden war zu aufgeweicht.
    Sie lehnten die
Fahrräder an die Schuppenwand und näherten sich der
windschiefen Tür. Ein kurzer Blick überzeugte sie, dass
niemand in der Nähe war. Dann betraten sie die
Hütte.
    Im Schuppen herrschte
Dunkelheit. Saborski gab Wiedemann einen Stoß, sodass dieser
in das Innere stolperte.
    »Was soll
das?«, beschwerte der sich.
    Ein Geräusch war
zu hören. Dann flackerte ein Licht auf. Für einen kurzen
Moment war Wiedemann vom Kerzenlicht geblendet.
    »Bleib
stehen.« Saborskis Stimme wirkte ruhig. »Setz dich an
den Tisch.«
    Wiedemann
gehorchte.
    Aus dem Dunkel der
Ecke trat ein Mann. Hermann Treppmann hielt einen schweren
Armeerevolver in der rechten Hand.
    »Herr Treppmann
…« Wiedemann war überrascht. »Aber …
Was wollen Sie mit der Waffe?« Zu Saborski gewandt sagte er:
»Ich dachte, ich sollte hier Trasse
treffen.«
    »Der Plan hat
sich geändert«, antwortete Saborski
kühl.
    Treppmann näherte
sich dem Tisch. Erst jetzt konnte Wiedemann dessen
Gesichtszüge erkennen. Sein Herz schlug schneller.
    Treppmann beugte sich
nach vorn und fixierte den Sitzenden für lange Sekunden. Dann
richtete er sich wieder auf, hob den Revolver, hielt ihn mit beiden
Händen und richtete ihn auf Wiedemann. »Warum«,
fragte er mit heiserer Stimme, »musste meine Agnes
sterben?«
    Wiedemann erstarrte.
»Woher …«
    Wilfried Saborski
griff in seine Jacke und warf die grauen Briefumschläge auf
den groben Holztisch. »Das haben wir gut versteckt in deiner
Wohnung gefunden. In dem Geheimfach des Sekretärs, wo du auch
das Kettchen verwahrt hast.« Seine Lippen wurden zu einem
Strich. »Ich lasse euch jetzt allein. Hermann möchte dir
einige Fragen stellen. Aber mach dir keine Illusionen. Ich lasse
die Hütte nicht aus den Augen.« Dabei klopfte er
demonstrativ auf seine ausgebeulte Jackentasche und
ging.
    Hermann Treppmann
machte einige Schritte nach rechts, sodass er knapp zwei Meter
Abstand von dem Tisch hatte. »Schieb die Kerze näher zu
dir hin«, ordnete er an. »Ich möchte dein Gesicht
sehen, während ich mit dir rede. Gut so. Und jetzt leg beide
Hände auf den Tisch.«
    Ewald Wiedemann sackte
in sich zusammen. Er wusste, dass er verloren hatte.
    »Also, ich
warte. Warum hast du Agnes ermordet?«
    »Ich …
Ich habe Agnes wirklich … Ich habe sie geliebt«,
stammelte Wiedemann. Dann brach es aus ihm heraus: »Aber sie
hat mich einfach übersehen, mir nicht die geringste
Aufmerksamkeit geschenkt. Ich dachte, dass sie es sich mit der Zeit
noch anders überlegen wird. Ich habe darauf gehofft, dass sie
erkennt, wie groß meine Liebe ist. Doch dann traf sie diesen
Franzosen.« Seine Gesichtszüge verzerrten sich vor Hass.
»Er durfte sie berühren, sogar küssen. Ich habe die
beiden beobachtet. Da wurde mir klar, dass sie mich nie würde
lieben können, sondern nur den anderen. Ja, ich habe sie
umgebracht. Aus Liebe.«  
    »Nicht aus
Liebe«, flüsterte Treppmann. »Aus Eifersucht. Aus
purem Egoismus. Deshalb musste mein Kind sterben.« Er hob mit
zitternden Händen den Revolver und zielte auf Wiedemanns
Kopf.
    »Mein Leben
für das Leben von Agnes«,
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