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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen
Autoren: Jan Zweyer
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»Wer sollte uns überraschen?
Die französischen Streifen können nicht überall
sein. Und erst recht nicht die deutschen Polizisten. Sie sind fast
alle ausgewiesen worden.«   
    »Ich dachte auch
eher an die Nachbarn.«
    »Wir müssen
uns eben vorsehen.«
    »Das sollten wir
wirklich tun.« Saborski grinste gequält und griff sich
eine abgeschabte Aktentasche, die er ohne viel Federlesens mit
verschiedenen Werkzeugen bestückte. »Ich glaube, das
reicht. Lassen Sie uns gehen.«
    Ewald Wiedemann wohnte
im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses, nicht weit von der
westlichen Ortsgrenze entfernt. Saborski hieß Goldstein an
der Straßenecke Stellung beziehen. Der Herner wollte erst
allein prüfen, ob Wiedemann tatsächlich nicht zu Hause
war.
    Schon nach kurzer Zeit
trat Saborski wieder auf die Straße und hob die Hand, um sich
am Kopf zu kratzen. Das verabredete Zeichen!
    Goldstein beeilte
sich, die wenigen Meter zum Wohnhaus zurückzulegen. Als er den
Flur betrat, mussten sich seine Augen erst an das dort herrschende
Dämmerlicht gewöhnen.
    »Bleiben Sie so
stehen, dass Sie die Eingangstür beobachten
können«, raunte Saborski und öffnete seine
Aktentasche. »Glücklicherweise wohnt Wiedemann allein
auf dieser Etage.«
    Erst jetzt erkannte
Goldstein, dass eine andere Tür, die er auf den ersten Blick
für einen weiteren Wohnungseingang gehalten hatte, lediglich
angelehnt war und anscheinend in den Keller führte.
    Immer wieder zur
Haustür spähend, verfolgte Goldstein, wie Saborski in die
Knie ging und sich fast lautlos an der Tür zu schaffen machte.
Ein kaum wahrnehmbares Knacken, dann ein leises Schaben. Metall
rieb auf Metall. Schließlich noch ein Klicken und die
Wohnungstür schwang auf. Die ganze Aktion hatte keine Minute
gedauert. In einer der oberen Etagen wurde eine Tür
geöffnet. Stimmenfetzen.
    »Kommen
Sie«, flüsterte Saborski.
»Schnell.«
    Kaum hatte Goldstein
die Wohnung betreten, schloss Saborski die Tür wieder,
bemüht, keinen Laut zu verursachen. »Psst«, befahl
er, presste sein Ohr an das Türblatt und wartete.
    »Alles
klar«, gab er kurz darauf Entwarnung. »Uns hat keiner
bemerkt. Wir sollten uns aber beeilen.« Er drehte sich zu
Goldstein um. »Sie suchen also ein
Medaillon?«
    »Ja. Eine
Goldkette mit einem Medaillon. Vielleicht auch einen
Ledergürtel. Etwas in der Art. Eben alles, was auf Wiedemann
als Täter hindeutet.«
    Saborski ging los.
»Ich nehme das Schlafzimmer. Suchen Sie im
Wohnraum?«
    Zwei Stunden
später hatten sie immer noch nichts gefunden. Die Suche war
mühselig. Penibel achteten beide Männer darauf, alles so
zu hinterlassen, wie sie es vorgefunden hatten.
    Nun stand Goldstein
etwas ratlos im Wohnzimmer Wiedemanns und sah Wilfried Saborski
entgegen.
    »Immer noch
nichts?«, fragte der.
    Goldstein
schüttelte den Kopf.
    »Ein wunderbarer
Sekretär.« Saborski näherte sich dem Möbel,
das links an der Wand stand. »Besonders die geschnitzten
Aufbauten. Ist Ihnen die Detailtreue der Figuren aufgefallen, die
in die Stützen eingearbeitet sind?«, fragte
er.    
    »Ich habe das
Ding schon durchsucht«, erwiderte Goldstein, die Begeisterung
seines Begleiters ignorierend. »Ohne
Ergebnis.«
    »Kirschbaum.
Massiv, vermute ich.« Saborski öffnete eine der
Türen und nahm deren Innenseite genauer in Augenschein.
»Ja, das stimmt. Sicher das Meisterstück eines
Schreinergesellen, da bin ich mir sicher. Eine hervorragende
Arbeit. Und dann die Intarsien auf der Arbeitsplatte. Ebenholz mit
Ahorn, wenn ich nicht irre.« Fast zärtlich strich er mit
den Fingerspitzen seiner rechten Hand über die Platte.
»Ich wollte auch meinen Schreinermeister machen. Aber der
Krieg …« Saborski beugte sich vor, als ob er die
Einlegearbeit genauer inspizieren wollte, ging in die Knie, legte
den Kopf schräg und musterte die Schreibfläche erneut.
Dabei streichelte er weiter über das Holz. Schließlich
richtete er sich wieder auf, zog die mittlere Schublade zur
Gänze aus dem Schrank, stellte sie neben sich auf den Boden
und griff, mit der anderen Hand suchend, in die
Öffnung.
    Er wandte sich an
Goldstein. »Greifen Sie hinein.«
    Der Polizist folgte
seiner Aufforderung.
    »Was ertasten
Sie?«
    »Nichts.«
    »Fühlen Sie
weiter hinten.«
    »Ja, hier ist
etwas. Es fühlt sich an wie ein kleiner
Eisenbolzen.«
    »Das ist auch
einer. Versuchen Sie, ihn zur Seite zu schieben.«
    Im Inneren des
Sekretärs knackte etwas. Unvermittelt sprang ein etwa zwanzig
mal dreißig Zentimeter großes
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