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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen
Autoren: Jan Zweyer
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Wiedemann wäre gewarnt.
Hatte Wiedemann aber gar nichts mit dem Mord zu tun, war seine
Bemerkung von eben dumm und töricht.
    »Du packst deine
Sachen«, zischte Martha. »Sofort. Ich will dich nicht
mehr sehen.«
    Als Goldstein nicht
gleich reagierte, lief sie um den Tisch und schlug ihm mit der
flachen Hand ins Gesicht. »Wie kannst du es wagen, meinen
Bruder zu beschuldigen«, schluchzte sie. »Ausgerechnet
du.«

56
    Mittwoch, 14.
März 1923
    Goldstein wusste, dass
er nun schnell handeln musste. Nachdem er seine Habseligkeiten
zusammengepackt hatte, suchte er erneut die Treppmanns auf und bat
darum, seine Sachen bei ihnen unterstellen zu
dürfen. Dann lief er zu dem Haus, in dem Wilhelm Gleisberg
wohnte. Und er hatte Glück. Der junge Mann war
daheim.
    »Ich muss mit
Saborski sprechen«, sagte Goldstein.
»Unverzüglich.«
    Gleisberg
schüttelte den Kopf. »Geht nicht«, erwiderte er.
»Wir haben Order, nur in wirklich wichtigen Angelegenheiten
Kontakt zu ihm aufzunehmen.«
    Goldstein wurde
wütend. »Jetzt hören Sie mir zu. Ich bin Polizist,
wie Sie wissen. Also machen Sie schon! Sonst bekommen Sie
mächtigen Ärger, das verspreche
ich.«   
    Ob nun die Drohung
wirkte oder Goldsteins Auftreten den jungen Mann beeindruckte, auf
jeden Fall nickte Gleisberg eingeschüchtert. »Gut. Ich
werde nachfragen.«
    »Nein, das
werden Sie nicht. Sie bringen mich zu ihm. Und zwar
jetzt!«
    Wilhelm Gleisberg
fragte seinen Vermieter, ob er ihnen ein Fahrrad lieh, und benutzte
selbst sein eigenes. Dann radelten die beiden los und erreichten in
wenigen Minuten die Werkstatt Wilfried Saborskis in
Sodingen.
    Saborski war alles
andere als erfreut, als Gleisberg und Goldstein bei ihm
auftauchten. »Ich habe euch doch eindeutig angewiesen, nicht
ohne wichtigen Grund zu mir zu kommen«, blaffte
er.
    Gleisberg zeigte auf
seinen Begleiter. »Er sagt, es sei wichtig.«
    Saborski fixierte den
Polizisten. »Nun?«
    Goldstein warf einen
Blick auf Gleisberg. Saborski verstand sofort. »Lass uns
allein«, befahl er. »Du brauchst auch nicht auf ihn zu
warten.«
    Gehorsam trottete sein
Kamerad nach draußen. Saborski schaute seinen Besucher
fragend an. »Jetzt bin ich aber gespannt«, meinte
er.
    »Ich brauche
Ihre Hilfe.« Goldstein setzte sich ungefragt auf einen Stuhl,
der vor dem Schreibtisch stand.
    »Wobei?«
    »Bei einem
Einbruch.«
    Wenn Saborski
überrascht war, ließ er es sich nicht anmerken.
»Und wo?«
    »Sie wissen doch
sicher, wo Ewald Wiedemann wohnt?«
    »Na klar. Wollen
Sie etwa bei dem einsteigen?« Er grinste breit.
    »Genau das habe
ich vor.«
    »Darf ich den
Grund erfahren?« Saborski war anzusehen, dass er Goldstein
für völlig übergeschnappt hielt.
    »Weil ich es
für möglich halte, dass er der Mörder von Agnes
Treppmann ist.«
    »Das ist nicht
Ihr Ernst!«
    »Wir haben nicht
viel Zeit für lange Erklärungen. Hören Sie
zu.«
    Mit wenigen Worten
informierte Goldstein Saborski über die Hintergründe
seines Verdachts. Saborski unterbrach ihn nicht.
    »Und warum
kommen Sie damit zu mir? Weshalb sollte ausgerechnet ich Ihnen
helfen, Wiedemann ans Messer zu liefern? Er ist einer von
uns.«
    »Mag sein. Aber
er ist möglicherweise auch ein Mörder.«
    Saborski verzog das
Gesicht. »Es ist noch nicht lange her, dass Sie mich ebenso
bezeichnet haben.«
    »Ja, das habe
ich getan. Und ich stehe auch dazu. Allerdings haben Sie in einem
Punkt recht. Ich bin nicht derjenige, der den Stab über Sie
brechen darf. Der Mord an Agnes Treppmann aber hat nichts mit Ihrem
Kampf gegen die Besatzer und dem vergangenen Krieg zu tun. Ich
weiß nicht, ob Schneider für die Franzosen gearbeitet
hat oder nicht. Ich glaube in jedem Fall, dass es nicht richtig
war, ihn zu erschießen. Aber eines
weiß ich ganz gewiss: Agnes Treppmann ist ein unschuldiges
Opfer. Ihr Tod war völlig umsonst. Und ich will den Täter
finden. Ich will um jeden Preis die Wahrheit herausfinden. Und wenn
Sie Ihre soldatischen Grundsätze wirklich so ernst nehmen, wie
Sie behaupten, fordere ich Sie bei Ihrer Soldatenehre auf, mir zu
helfen.«
    »Was erhoffen
Sie sich von dem Einbruch? Was suchen Sie?«
    »Beweise. Genau
genommen das Medaillon, das Agnes gehörte.«
    Es dauerte Minuten,
bis sich Saborski zu einer Antwort durchgerungen hatte. »Gut.
Ich werde es tun«, sagte er dann. »Wann wollen Sie bei
Wiedemann einbrechen?«
    »So bald wie
möglich. Am besten gleich.«
    »Das könnte
riskant sein. Schließlich ist es heller
Tag.«
    Goldstein
schüttelte den Kopf.
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