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Franziskus, der neue Papst (German Edition)

Franziskus, der neue Papst (German Edition)

Titel: Franziskus, der neue Papst (German Edition)
Autoren: Simon Biallowons
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Ersten Johannesbrief ist die Mitte des christlichen Glaubens, das christliche Gottesbild und auch das daraus folgende Bild des Menschen und seines Weges in einzigartiger Klarheit ausgesprochen. Außerdem gibt uns Johannes in demselben Vers auch sozusagen eine Formel der christlichen Existenz: ›Wir haben die Liebe erkannt, die Gott zu uns hat, und ihr geglaubt‹ (vgl. 1 Joh 4,16). Wir haben der Liebe geglaubt : So kann der Christ den Grundentscheid seines Lebens ausdrücken. Am Anfang des Christseins steht nicht ein ethischer Entschluss oder eine große Idee, sondern die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person, die unserem Leben einen neuen Horizont und damit seine entscheidende Richtung gibt.« Diese Stelle ist hier in ihrer ganzen Länge zitiert, da sie wie erwähnt eines der Grundmotive des zurückgetretenen Papstes veranschaulicht. Dieses Motiv ist ein Topos, also ein immer wiederkehrender Gedanke in Benedikts Denken, Sprechen und Schreiben. Er hat das auf seine eigene Art getan, mit einer grandiosen Klarheit und zugleich einer großen Passion. Das wird von ihm bleiben und mit Sicherheit werden sich nicht wenige der Eloge anschließen, das die kanadische Zeitung »The Globe and Mail« anlässlich seines Rücktritts hielt: »Es ist Zeit für eine Bestandsaufnahme. Es ist Zeit, um für diesen brillanten Hirten zu danken. Es ist Zeit, um die bleibenden Lehren eines großen Lehrers zu lernen.« Und noch etwas vorher: »Der Rücktritt ist eine in der Neuzeit so nie dagewesene Entscheidung […]. Es passt perfekt zu einem der größten Glaubenslehrer, den die Kirche je gekannt hat.«
    Die Meinung des »Globes« wird sicherlich nicht von jedem geteilt werden. Und es muss sich erst zeigen, ob Benedikt XVI. wirklich einer der »größten Glaubenslehrer« war, ob diese intellektuelle Superlative gerechtfertigt ist. Wäre sie es, so würde er in einer Reihe stehen mit den ganz Großen: mit Thomas von Aquin, mit Bonaventura, mit Augustinus. Vor allem mit Letzterem verbindet Benedikt XVI. viel, viel mehr als beispielsweise mit Thomas von Aquin. Bereits als Nachwuchstheologe hatte er sich durch Augustinus inspirieren lassen, der Titel seiner Dissertation lautete: »Volk und Haus Gottes in Augustins Lehre von der Kirche«. Die Begeisterung für den Kirchenlehrer riss nicht ab, selbst nach seiner Wahl zum Papst nicht. Im Jahr 2008 widmete er als Bischof von Rom dem Bischof von Hippo fünf Mittwochskatechesen, schon allein das verdeutlicht den Stellenwert Augustinus. In der fünften und letzten Katechese, der Generalaudienz am 27. Februar 2008, las Benedikt XVI. den tausenden Gläubigen folgende Passage vor: »Nachdem er (Augustinus – Anm. d. Autors) nach Afrika zurückgekehrt war und ein kleines Kloster gegründet hatte, zog er sich mit wenigen Freunden dorthin zurück, um sich dem kontemplativen Leben und dem Studium zu widmen. Das war der Traum seines Lebens. Jetzt war er dazu berufen, ganz für die Wahrheit, mit der Wahrheit, in der Freundschaft Christi zu leben, der die Wahrheit ist. Ein schöner Traum, der drei Jahre dauerte, bis er, gegen seinen Willen, in Hippo zum Priester geweiht und dazu bestimmt wurde, den Gläubigen zu dienen, indem er zwar weiterhin mit Christus und für Christus lebte, aber im Dienst aller.«
    Mit diesen Ausführungen hatte Benedikt XVI. seinen Zuhörern in der Audienzhalle Augustinus Leben näher bringen wollen, ganz offenkundig. Gleichzeitig sprach der Heilige Vater nicht nur über Augustinus, sondern auch über sich selbst. Die Sehnsucht nach einem kontemplativen Leben, die Suche nach der Wahrheit, all das trieb Benedikt XVI. und bereits Joseph Ratzinger an. Noch vor seinem 75. Geburtstag und der festgelegten Altersgrenze für das Führungspersonal im Vatikan hatte Kardinal Ratzinger Johannes Paul II. gebeten, ihn von seinem Job als Präfekt der Glaubenskongregation zu entbinden. Statt weiter der oberste Glaubenshüter und Wächter über die Reinheit der katholischen Lehre zu sein, wollte er lieber studieren und publizieren. Der Job als Archivar und Bibliothekar des Vatikans wäre ganz nach Ratzingers Geschmack gewesen, wenn er schon nicht heim nach Bayern ins beschauliche Pentling zurück konnte. Doch Studium und Kontemplation waren auch Ratzinger nicht vergönnt, die Kardinäle wollten ihn als neuen Pontifex. Freimütig hat er nach seiner Wahl Pilgern gestanden, ihm sei schwindlig geworden, als er das »Fallbeil« des Abstimmungsergebnisses auf sich zukommen sah. Er habe Gott
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