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Franz Sternbalds Wanderungen

Franz Sternbalds Wanderungen

Titel: Franz Sternbalds Wanderungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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Schönheit an.
    Es herrscht in seinen Bildern nicht halbe Lüsternheit, die sich verstohlen und ungern zu erkennen gibt, die der Maler erraten läßt, der sich gleich darauf gern wieder zurückzöge, um viel zu verantworten zu haben, sich aber auch wirklich zu verantworten; es ist auch nicht gemeine Sinnlichkeit, die sich gegen den edlern Geist empört, um sich nur bloßzustellen, um in frecher Schande zu triumphieren, sondern die reinste und hellste Menschheit, die sich nicht schämt, weil sie sich nicht zu schämen braucht, die in sich selbst durchaus glückselig ist. Es ist, so möcht ich sagen, der Frühling, die Blüte der Menschheit: alles im vollen, schwelgenden Genuß, alle Schönheit emporgehoben in vollster Herrlichkeit, alle Kräfte spielend und sich übend im neuen Leben, im frischen Dasein. Herbst ist weitab, Winter ist vergessen, und unter den Blumen, unter den Düften und grünglänzenden Blättern wie ein Märchen, von Kindern erfunden.
    Es ist, als wenn ich mit der weichen, ermattenden und doch erfrischenden Luft Italiens eine andere Seele einzöge, als wenn mein inneres Gemüt auch einen ewigen Frühling hervortriebe, wie er von außen um mich glänzt und schwillt und sich treibend blüht. Der Himmel hier ist fast immer heiter, alle Wolken ziehen nach Norden, so auch die Sorgen, die Unzufriedenheit. Oh, liebster Bruder, Du solltest hiersein, die Harfenstimmen der Geister, die Blumenhände der unsichtbaren Engel würden auch Dich berühren und heilen.
    In wenigen Tagen reise ich nach Rom. Ein verständiger Mann, der die Kunst über alles liebt, ist mein Begleiter, er und seine junge schöne Frau reisen ebenfalls nach Rom. Er heißt Castellani.
    Ich habe mancherlei unterdessen gearbeitet, womit ich aber nicht sonderlich zufrieden bin: doch erleichtert mir mein Verdienst die Reise. Laß es mir doch niemals an Nachrichten von Dir mangeln. Lebe wohl, liebe immer wie sonst
    Deinen Franz Sternbald.

Viertes Kapitel
    Franz blieb länger in Florenz, als er sich vorgenommen hatte, sein neuer Freund Castellani ward krank, und Sternbald war gutherzig genug, ihm Gesellschaft zu leisten, da jener zu Florenz fast ganz fremde war. Er konnte den Bitten seiner jungen Frau, der freundlichen Lenore, sich nicht widersetzen, und da er in Florenz für seine Kunst noch genug zu lernen fand, so gereute ihn auch dieser Abschub nicht.
    Es ereignete sich außerdem noch ein sonderbarer Vorfall. Es fügte sich oft, daß er bei seinen Besuchen seinen Freund nicht sprechen konnte, Lenore war dann allein, und noch ehe er es bemerken konnte, war er an sie gefesselt. Er kam bald nur, um sie zu sehen. Lenore schien gegen Franz sehr gefällig, ihre schalkhaften Augen sahen ihn immer lustig an, ihr mutwilliges Gespräch war immer belebt. An einem Morgen entdeckte sie ihm unverhohlen, daß Castellani nicht mit ihr verheiratet sei, sie reise, sie lebe nur mit ihm, in Turin habe sie ihn kennengelernt, und er sei ihr damals liebenswürdig vorgekommen. Franz war sehr verlegen, was er antworten solle; ihn entzückte der leichte, flatterhafte Sinn dieses Weibes, obgleich er ihn verdammen mußte, ihre Gestalt, ihre Freundlichkeit gegen ihn. Sie sahen sich öfter und waren bald einverstanden; Franz machte sich Vorwürfe, aber er war zu schwach, dies Band wieder zu zerreißen.
    Es gelang ihm, mit einem Maler in Florenz in Bekanntschaft zu geraten, der niemand anders war, als Franz Rustici, der damals in dieser Stadt und Italien in großem Ansehn stand. Dieser verschaffte ihm ein Bild zu malen, und schien an Sternbald Anteil zu nehmen. Sie sahen sich öfter, und Franz ward in Rusticis Freundschaft aufgenommen.
    Dieser Maler war ein lustiger, offener Mann, der ernst sein konnte, wenn er wollte, aber immer für leichten Scherz Zeit genug übrigbehielt. Franz besuchte ihn oft, um von ihm zu lernen und sich an seinen sinnreichen Gesprächen zu ergötzen. Rustici war ein angesehener Mann in Florenz, aus einer guten Familie, der bei Andrea Verocchio und dem berühmten Leonard da Vinci seine Kunst erlernt hatte. Franz bewunderte den großen Ausdruck an seinen Bildern, die wohlüberdachte Komposition.
    Nachdem sich beide oft gesehen hatten, sagte Rustici an einem Tage zu Sternbald: »Mein lieber deutscher Freund, besucht mich am künftigen Sonnabend in meinem Garten vor dem Tore, wir wollen dort lustig miteinander sein, wie es sich für Künstler ziemt. Wir machen oft eine fröhliche Gesellschaft zusammen, zu der der Maler Andrea gehört, den Ihr kennt,

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