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Franny Parker

Franny Parker

Titel: Franny Parker
Autoren: Hannah Roberts McKinnon
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Boden und starrten die Pappkartons an, die um uns herumstanden. Sidda, Mama, Lindy und ich. Vorsichtig verpackten wir die Töpferstücke eines nach dem anderen in Seidenpapier und Schaumstoff für ihre lange Reise nach Kalifornien. In eine Galerie, wo sie ausgestellt werden sollten, nicht weit von der Universität, an der Lindy im Bereich Kunst als Assistentin arbeiten sollte.
    Das hatte sie auch verdient, meinte Mama.
    Trotzdem konnte ich mich nicht dazu überwinden, mich zu freuen.
    »Das ist mein Lieblingsstück«, sagte Mama und reichte Lindy das jadegrüne Gefäß. »Es erinnert mich an die Felder.«
    Lindy nickte und drehte den Krug mehrmals zwischen den Händen herum. Das Grün der vergangenen Sommer tauchte vor uns auf. »Behalte ihn«, sagte sie zu Mama und reichte ihr das Gefäß zurück. Lindy bestand darauf, dass Sidda und ich uns auch etwas aussuchten, als Erinnerung an sie.
    Sidda wählte eine gelbe Vase.
    »So blond wie du selbst«, sagte Lindy. »Hast du auch etwas ausgesucht, Franny?«
    Ich zuckte die Schultern. Eine kleine Vase, wässrig blau wie die Augen von Lucas. Lindy gab mir einen Kuss auf die Stirn.
    »Der Unterricht fängt in ein paar Tagen an«, sagte sie. »Wir müssen sofort los.«
    Mir wurde ganz flau. Auch mein Unterricht fing in ein paar Tagen wieder an. In der Schule, die ihre Tore niemals für Lucas Dunn öffnen würde. Traurigkeit wallte mir vom Magen in die Kehle hoch und ich schluckte verzweifelt. Nach dem ganzen Unglück, das passiert war, sollte das hier ein Happy End sein? Ich konnte nicht mehr zuhören. Ich stand auf, um zu gehen.
    »Das ist deine Chance«, sagte Mama erneut zu Lindy. Aber sie sah mich an.
    Ich dachte an Mamas Bilder, die ungesehen auf dem Dachboden standen. An die Chance, die sie in Tulsa bekommen hatte vor so langer Zeit. Ich setzte mich wieder zu den anderen.
    Stumm arbeiteten wir vor uns hin, klebten die Kartons zu und beschrifteten sie mit schwarzem Filzstift. Als wir fertig waren, standen wir auf. Wir starrten in die leeren Regale, auf die Tonspuren auf dem Fußboden. Lindy fing zu weinen an. »Es ist so seltsam«, sagte sie. »Lucas und ich sind ja in den letzten Jahren viel umgezogen. Aber zum ersten Mal kommt es mir so vor, als ob wir ein Zuhause verlassen.«
    Mama nahm ihre Hand. »Das tut ihr auch«, sagte sie.
    Und so kam es, dass ich an einem Nachmittag Ende August dastand, einen Krug Limonade in der Hand, genau wie vor zwei Monaten, und zusah, wie die Sachen diesmal in den Lieferwagen eingeladen wurden. Erst die Reisetaschen mit Kleidern. Dann die Töpferscheibe, gefolgt von dem Brennofen, den Daddy mit anzuheben half. Zuletzt die Kartons mit Büchern, acht insgesamt. Sie wurden sorgfältig verstaut zwischen den Kühltaschen mit Keksen und Pasteten und Brot, die die emsigen Bienen Lindy aufgezwungen hatten. Aber wir konnten uns noch nicht verabschieden. Daher zogen wir es hin bis zur Dämmerung, nacheinem letzten Essen mit Daddys berühmten Brathähnchen und einer letzten Runde gebratener Maiskolben.
    Bald würde der Herbst da sein und mehr als nur einen Jahreszeitenwechsel einleiten. Wir mussten neue Schulklamotten kaufen und neue Lehrer kennenlernen. Lucas’ und Lindys letzte Nacht im Holzhaus brach an und eine lange Autofahrt durch die Wälder lag vor ihnen. Nach dem Essen gesellte sich Lucas zu mir auf die hintere Veranda, wo ich mich um die Opossums kümmerte. Grandma Raes Schuppen war wieder leer. Speedy war längst am Fluss hinter unserem Haus in die Freiheit entlassen. Wir hatten sie eine Weile nicht mehr gesehen, trotzdem hielt Ben ständig nach ihr Ausschau. Winzling und die anderen Mäuse hatten die Felder am Hang entdeckt, die Eichhörnchen die alten Ahornbäume auf der Wiese. Nur die Oppossumbabys waren noch da.
    »Du kannst sie nicht für immer behalten«, flüsterte Lucas hinter mir. Es wurde schon dunkel um uns und der Himmel hatte ein tief violettes Grau.
    Ich nickte, ohne mich umzudrehen. »Sie sind nachtaktiv, weißt du«, sagte ich und sah ihn an.
    »Freiheit in der Abenddämmerung«, sinnierte er. »Ich glaube, ich hätte noch Zeit.«
    Damit war es beschlossen. Wir setzten sie in einen Pappkarton und gingen hinter dem schwarzen Rußhaufen unserer ehemaligen Scheune den Hügel hinauf in Richtung Wald.
    »Hier?«, fragte Lucas und setzte den Karton im freien Feld ab.
    »Nein, es muss der ideale Fleck sein«, sagte ich.
    Er seufzte geduldig und wir wanderten weiter und blieben schließlich bei einer großen Birke direkt am
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