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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho
Autoren: Unbekannter Autor
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umstimmen, wenn sie mich opferten? Merkten sie eigentlich, wie unlogisch ihre Religion war? »Ist Dagon, ähm, sehr schwierig?« Ich überlegte, wie ich noch mehr über ihn erfahren konnte. Der Mann hatte nur einen Fischschwanz, ein Großteil der bekannten Probleme zwischen Mann und Frau war damit praktisch hinfällig.
    Wechsel von Lächelgesicht zu Stirnrunzelgesicht. »Er und sein Sohn Ba’al haben in diesem Winter oft gekämpft«, sagte sie. »Und dabei zerstören sie uns.«
    Bah-Aal? Dagons Sohn? Ich presste die Hand gegen den Kopf und versuchte, trotz meiner kreischenden Kopfschmerzen etwas zu verstehen. »Wieso das denn?«
    Sie seufzte ein wenig gereizt angesichts der Lücken in meinem göttlichen Wissen. »Ba’al schleudert seine Blitze und setzt damit Dagons Felder in Brand.« Wenn man die Religion aus ihrer Antwort dividierte, handelte es sich wahrscheinlich um massive Gewitter, Meeresstürme und großflächige Missernten. Und diese Menschen versuchten die Probleme dadurch in den Griff zu bekommen, dass sie keine Fische aßen.
    »Das Meer kocht«, fuhr sie fort, »es zermalmt unsere Boote und überlässt uns wehrlos den Kemti, den Kefti und den Tsi-doni.«
    Mein Herz pochte wie wild. Kemt war die ägyptische Bezeichnung für Ägypten. Das hatte ich auf meiner ersten Zeitreise gelernt. Allerdings war mir neu, dass die Ägypter Eroberungsfeldzüge führten.
    Ein neuer Gedanke traf mich mit fast derselben Wucht, mit der mein Kopf vorhin auf dem Mosaikboden aufgeschlagen war: Wenn ich in der Nähe von Gaza war - und das war Ash-qelon in der Neuzeit -, dann lag Ägypten südlich von mir. Cheftu war immer ein Ägypter gewesen. Bedeutete das, dass ich nach Süden musste? Würde ich ihn dort finden? Natürlich beruhte all das auf der Annahme, dass Cheftu sich tatsächlich in dieser Epoche aufhielt.
    Doch immerhin war ich hier gelandet und sprach die hiesige Sprache, deshalb schien diese Annahme nur vernünftig. Bitte, lieber Gott.
    Ich wusste auch, dass Kefti die ägyptische/aztlantische Bezeichnung für die Menschen aus Kaphtor war. Aus Kreta. Sie lebten von den Philistern aus gesehen jenseits des Mittelmeeres, im archäologischen Sinne gesprochen. Wenn die Kefti immer noch auf Kreta lebten, war ich dann in der Zeit voroder zurückgereist? Als ich die letzte Epoche verlassen hatte, jene, in der ich als Orakel gelebt hatte, war die damalige Kultur so ziemlich zur Hölle gefahren, Fegefeuer und Schwefeldampf inklusive.
    Der Name Tsidoni sagte mir hingegen gar nichts. Süden und Westen hatte sie genannt. Wenn wir am Mittelmeer waren, in der Nähe des neuzeitlichen Gaza, wo kamen dann die Tsidoni her?
    »Die Hochländer haben Ba’al entweiht und Dagon beleidigt.« Tamera sah zu dem Meereskönig hin. »Dafür bestraft er uns. Wir waren nicht stark genug. Wie Narren haben wir ihren Worten vertraut.«
    »Hochländer?«, wiederholte ich. Allein der Begriff warf meine gesamte Theorie über den Haufen. Highlander? Schotten? Männer im Kilt und mit Dudelsack? Am Mittelmeer? Das passte einfach nicht zusammen. War mein historisches Wissen, waren meine Kenntnisse über die Kulturen wirklich so bruchstückhaft? Ich meine, ich hatte in meiner Kindheit mehr über Laurence von Arabien erfahren als etwa über George III., aber war ich wirklich derart ignorant? Ich fuhr mit der Hand über mein Gesicht; was hätte ich nicht für ein wenig Excedrin gegeben.
    Tamera sah mich verständnislos an. »Wir kämpfen schon seit Jahrzehnten gegen sie. Jetzt kommt bald der Frühling und damit die Zeit der neuen Schlachten.«
    Das war alles schrecklich traurig, doch was hatte es mit mir zu tun? Ich war nie in Ashqelon gewesen, nicht einmal in der Neuzeit. Ob es im alten Palästina oder Israel lag, war mir einerlei. Ich war hier, um meinen Mann zu finden und ... was eigentlich? Über diesen Teil der Gleichung hatten Cheftu und ich nie wirklich gesprochen. Was hielt das Leben für uns als Paar bereit? Doch diese Antwort konnte warten. Ich musste hier raus. Krieg und Sühne waren zwei triftige Gründe für einen
    schnellen Aufbruch.
    »Meeresherrin, begreifst du jetzt, warum es so wichtig ist, dass du hier bist? Wieso es ein solcher Segen ist, dass wir dich gefunden haben? Du kannst dich für uns einsetzen.«
    »Wie soll ich mich denn«, erwiderte ich, während ich mich zugleich fragte, ob sie mich nun für sterblich oder für göttlich hielten, wie viele Göttinnen sie pro Jahr wohl auffischten und welche unglückselige Schwimmerin ihnen beim
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