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Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk: Deutsche Helden privat (German Edition)

Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk: Deutsche Helden privat (German Edition)

Titel: Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk: Deutsche Helden privat (German Edition)
Autoren: Oliver Welke , Dietmar Wischmeyer
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Herr Bohlen, ich verdien hier ja auch nur drei fuffzig die Stunde, buhuuuh› und so, aber weißte, mit dem Spirit kommste halt nicht weit heutzutage, ne … Ich werd ja auch oft gefragt, wie das möglich war mit den ganzen Hits und so, weltweit erfolgreichster deutscher Produzent und all den Bambis und ‹Bravo›-Ottos und alles …»
    Irina versucht, sich an schöne Szenen aus ihrer Kindheit zu erinnern und gleichzeitig Arschlochs feuchter Aussprache auszuweichen. Erfahrungsgemäß hat er sich nach zehn, zwanzig Minuten müde monologisiert. «Ja, da brauchst du gar nich so traurig aus der Wäsche zu gucken, Mamutschka, das geht nur mit Bienenfleiß und harter Arbeit, rabota rabota oder wie ihr das nennt. Von nix kommt nix … Ich bin früher in Tötensen morgens aufgestanden, hab erst mal ’nen Welthit geschrieben, dann war ich kurz kacken, und dann hab ich direkt wieder ’nen Welthit geschrieben. Paff, paff ging das! In der Zeit haben so Nieten wie der Grönemeyer noch in der Pofe gelegen oder sich einen gerubbelt oder so … Ich weiß noch, wie ich mal zu Justin Timberlake gesagt hab … oder war das doch Jürgen Drews? Is ja auch egal, jedenfalls …»
    Arschloch könnte genauso gut chinesisch reden. Irina versteht praktisch kein Wort von dem, was da aus dem halb mumifizierten Mund kommt. Ein paar der älteren Schwestern haben ihr erzählt, dass der Mann wahrscheinlich wirklich mal prominent war. Damals, kurz nach der Jahrtausendwende. Muss eine ziemlich kranke Zeit gewesen sein.
    «… Und ich weiß noch genau, wie diese Obertusse von RTL, diese … na … Frau Schäferdings zu mir gesagt hat: ‹Dieter, die Quoten gehen runter, die Zeit der Casting-Shows ist langsam vorbei.› Sagt die Olle mir ins Gesicht … Gut, in einem Punkt hatte sie recht, Deutschland war damals so gut wie durchgecastet. Ich glaube, so um 2017 rum haben wir in Recklinghausen den letzten noch ungecasteten Sechzehnjährigen eingefangen, mit ’nem Betäubungsgewehr, und ich sag dann so zu der Frau Schäferbums …»
    Irina fragt sich, ob man sich im konkreten Fall für Gewaltphantasien schämen muss. Die Bettpfanne da drüben: Wenn sie die jetzt mit aller Kraft auf die Fontanelle unter seiner lächerlichen blonden Perücke hauen würde … Oder mal ganz unverbindlich durch die Kauleiste, durch diese viel zu langen und viel zu weißen Implantate … Wahrscheinlich könnte selbst das den Redefluss nicht stoppen.
    «… Das sind ja oft die kleinen Anzeichen, an denen du merkst, dass so ’n Sender anfängt, dich abzuschreiben. Auf einmal heißt das: ‹Herr Bohlen, warum müssen Sie denn IMMER mit ’nem Heli vom Hotel zum Studio geflogen werden? Das sind doch auch mit dem Auto nur zwanzig Minuten.› Darauf ich: ‹Warum? WARUM?! Das kann ich euch sagen. DARUM, ihr Pimmelgesichter!› Das sind die ersten Anzeichen! Und hast du nicht gesehen, sitzt du plötzlich in der Jury neben so ’ner blondierten Transe und irgend so ’nem geschassten ZDF-Opi, und der soll dann angeblich dafür sorgen, dass die Quote wieder einen hochkriegt, ja, da bepiss ich mich doch vor Lachen …»
    Plötzlich fällt Irina etwas ein. Etwas, das sie vorhin in der Teeküche aufgeschnappt hat. Eine Neuigkeit, die Arschloch unter Umständen viel härter treffen könnte als jede Bettpfanne.
    «… Dabei hätte man mit ‹DSDS Kids› doch noch Jahre weitermachen können. Und das war nur EINE hammermäßige Knalleridee, die ich den Trotteln von RTL geschenkt hab, weißt du! Haustiere casten zum Beispiel! Ja warum denn nicht? Jeder Köter kann doch irgendwelche Kunststücke. Das is alles ’ne Frage der Einstellung. Man muss nur WOLLEN! Deswegen sag ich ja, Olga: Wenn du hier so devot bei mir ins Zimmer geschlichen kommst und dann so verschüchtert irgendwas murmelst, mit deiner Piepsstimme, die so klingt, als ob man Miss Piggy ’nen Lockenstab in ’n Arsch …»
    «Herr Bohlen.»
    Irina spricht Arschloch zum ersten Mal mit seinem richtigen Namen an. Plötzlich ist er ihr doch wieder eingefallen. Das wirft Arschloch tatsächlich kurz aus der Bahn und bringt ihn zum Schweigen. Sie muss jetzt schnell weitermachen: «Herr Bohlen, hab ich ganz vergessen. Ich hab gehört, am Nachmittag kommt Ihre neue Mitbewohner.»
    «Wie jetzt?! Mitbewohner?!»
    «Ja, ist doch Zweibettzimmer. Auf der Pflegestation gibt’s nix Einzel.»
    «Ja, aber Moment mal, Frolleinchen, ich …»
    «Kommt eine ganz nette Mann zu Ihnen. Warte mal, hab mir Name aufgeschrieben …
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