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Framstag Sam

Framstag Sam

Titel: Framstag Sam
Autoren: Paul van Herck
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Wenn man Hand in Hand dasteht, kann man ja gar nicht applaudieren. Aber so wichtig ist das nun auch wieder nicht. Auf alle Fälle applaudierten sie, denn das verlangt die Höflichkeit.) Dann riß Sam sich zusammen. »Darf ich Ihnen vielleicht einen Drink anbieten?«
    »Gern«, sagte Julie. Sie hängte sich bei ihm ein und führte ihn zur Bar.
    »Champagner?«
    »Ich kann Champagner nicht ausstehen«, sagte sie fröstelnd.
    »Wohl schon genug auf dem Empfang getrunken, wie?« fragte Sam und hätte sich im gleichen Moment am liebsten die Zunge abgebissen.
    Sie sah ihn neugierig an.
    »Waren Sie auch da?«
    »Äh… ja.«
    »Ja, jetzt wo Sie es sagen… Der Journalist!«
    Sam spürte, wie ihm das Herz in die Hose rutschte. Dies konnte eine äußerst unangenehme Situation für ihn werden. Aber dann hatte er die Idee seines Lebens und lachte gekünstelt.
    »Es freut mich, daß Sie mich wiedererkennen.«
    »Wieso?«
    »Weil ich dachte, meine Verkleidung sei besser gewesen.«
    Ihr Blick wurde nun interessierter. »Sie sprechen in Rätseln.«
    »Oh, so rätselhaft ist es gar nicht, Julie. Ich darf Sie doch Julie nennen?«
    Er sprach ihren Namen wie ›Dschuli‹ aus, was ihr offensichtlich zu gefallen schien.
    »Aber sicher.« »Dann hör mir zu. Ich habe das Leben als Sohn eines reichen Vaters satt und bin eigentlich deswegen nach Europa gekommen, um das richtige Leben kennenzulernen. Das einfache Leben. Ich habe mir zum Beispiel ein kleines Dachkämmerchen gemietet und… ich arbeite. Wirklich. Im Augenblick bin ich Journalist. Du kannst dir nicht vorstellen, was das für einen Spaß macht.«
    »Toll«, sagte Julie. »Ich sollte dich eigentlich bewundern. Das ist ja beinahe so, als ob ich irgendwo Bardame spielen würde.«
    »Du hast es erfaßt. Tanzen wir noch mal?«
    »Nur zu.«
    Und sie tanzten. Es machte Sam nahezu überglücklich, als er spürte, wie die wütenden Blicke aus Julies Leibgarde seinen Rücken durchbohrten.
    Als der Tanz zu Ende war, bot sich ihm erneut die Möglichkeit, das Mädchen an die Bar zu schleifen. Er hatte ihr nämlich noch immer keinen ausgegeben. Zu seiner großen Erleichterung bestellte sie eine Cola. Sam gab sich mit einem Bier zufrieden.
    Sie ließen einen Tanz aus und unterhielten sich.
    »Ich nehme an«, sagte Sam, um überhaupt etwas zu sagen, »daß mit deinem Vater alles in Ordnung ist. Als ich den Empfang verließ, war nämlich gerade eine Gruppe von Demonstranten dabei, den Saal zu stürmen. Und die hatten sicherlich keine edlen Absichten.«
    Julie lachte amüsiert. »Dann haben die braven Jungs also doch ihr Wort gehalten. Weißt du, ich hielt es für einen gelungenen Scherz. Mein Alter kann nämlich manchmal wirklich fürchterlich langweilig sein. Letzten Samstag wollte er mich zum Beispiel nicht ausgehen lassen. Das hat er jetzt davon.«
    »Soll das heißen, daß du die Demonstration organisiert hast?« fragte Sam verblüfft.
    »Na klar! Die Leute waren Freunde von mir. Sie tun mir hin und wieder einen Gefallen.«
    »Das ist ja prächtig«, sagte Sam mit ehrlicher Überzeugung, denn natürlich mußte alles prächtig sein, was Julie tat. »Aber soweit ich weiß, gelang es ihm zu entkommen.«
    »Schade drum. Aber egal. Auf jeden Fall wird er sich ganz schön erschreckt haben. Aber reden wir doch ein bißchen von dir, Sam. Wie lange bleibst du in unserem Land?«
    »Ich weiß noch nicht«, sagte Sam achselzuckend. »Ein Jahr vielleicht… oder zwei, drei… Bis ich die Geschäfte meines Vaters übernehme.«
    »Öl hast du gesagt?«
    »Ja, Öl. Texas.« Allmählich begann er sich selbst zu hassen. Er haßte das Öl, er haßte Texas und haßte die Bengel reicher Knöppe. Die Komödie fing allmählich an, ihm aus dem Hals herauszuhängen.
    »The yellow rose of Texas«, sagte er.
    »Wie?«
    »Oh, ein Lied aus meiner Heimat. Weißt du, Julie, ich könnte mir vorstellen, daß man dich wegen deines blonden Haars dort so nennen würde… Die gelbe Rose von Texas.«
    »Klingt hübsch.«
    »Tanzen wir noch mal?«
    Sie tanzten noch einmal. Und noch einmal.
    Um zwei Uhr nachts warf sie einen Blick auf ihre Armbanduhr. Sam ergriff die Gelegenheit beim Schopfe.
    »Mußt du gehen?« fragte er.
    »Ja. Ich habe einen schweren Tag hinter mir.«
    »Darf ich… darf ich dich nach Hause fahren?«
    Sie zögerte einen Moment lang und warf einen desinteressierten Blick in die Ecke, in der ihre Jünger saßen. Einige davon waren im Begriff, sich zu betrinken. Die anderen spielten wütend Karten.
    »Okay«,
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