Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fragmente: Partials 2 (German Edition)

Fragmente: Partials 2 (German Edition)

Titel: Fragmente: Partials 2 (German Edition)
Autoren: Dan Wells
Vom Netzwerk:
hatte, wurden werdende Mütter immer noch wie Heilige behandelt. Seit Kira ein Heilmittel für die RM -Seuche entdeckt hatte, bestand eine echte Hoffnung, dass die Kinder tatsächlich länger als nur ein paar Tage überlebten, und seitdem hatte sich die Hochachtung vor schwangeren Frauen sogar noch verstärkt. Isolde lächelte und fächelte sich frische Luft ins Gesicht. Marcus stellte sich hinter sie, um ihr den Zugang zur frischen Luft frei zu halten. Dann blickte er nach vorn.
    »… genau das, was wir prinzipiell unterbinden sollten«, sagte Senator Tovar.
    »Das kann doch nicht Ihr Ernst sein«, erklärte der neue Senator. Marcus musste sich konzentrieren, um ihn zu verstehen. »Sie waren der Anführer der Stimme «, sagte der Mann zu Tovar. »Sie haben mit dem Ausbruch eines Bürgerkriegs gedroht, und man könnte sogar behaupten, dass Sie ihn tatsächlich begonnen haben.«
    »Gewalt gelegentlich für notwendig zu erachten, bedeutet noch lange nicht, Gewalt für etwas Gutes zu halten«, entgegnete Tovar. »Wir kämpfen, um Grausamkeiten zu verhindern, aber nicht, um sie im Nachhinein zu bestrafen …«
    »Die Todesstrafe ist im Grunde doch eine Präventivmaßnahme«, unterbrach ihn der neue Senator. Marcus blinzelte erschrocken – er hatte nicht geahnt, dass man für Weist und Delarosa die Todesstrafe in Betracht zog. Da es nur noch sechsunddreißigtausend Menschen gab, musste man mit Hinrichtungen zurückhaltend sein, ob es sich um Verbrecher handelte oder nicht. Der neue Senator wies auf die Gefangenen. »Wenn diese beiden für ihre Vergehen sterben müssen, wird in einer so kleinen Gemeinschaft zwangsläufig jeder davon erfahren, und deshalb werden sich die Verbrechen nicht wiederholen.«
    »Die Angeklagten haben als Senatoren ihre Macht missbraucht«, erwiderte Tovar. »Wem genau möchten Sie denn eine Botschaft schicken?«
    »Jedem, der ein Menschenleben wie einen Pokerchip behandelt«, sagte der Mann. Die Zuschauer wurden unruhig. Der neue Senator starrte Tovar kalt an, und selbst Marcus, der ganz hinten stand, erfasste die unausgesprochene Drohung: Wenn er dazu fähig wäre, würde dieser Mann Tovar am liebsten gleich zusammen mit Delarosa und Weist hinrichten.
    »Die beiden haben getan, was sie für das Beste hielten«, warf Senatorin Kessler ein. Sie zählte zu den wenigen Amtsinhabern, denen es gelungen war, den Skandal zu überstehen und ihre Stellung zu behalten. Nach allem, was Marcus gesehen hatte, und aufgrund der internen Details, die er von Kira erfahren hatte, waren Kessler und die anderen ebenso schuldig wie Delarosa und Weist – sie hatten die Macht ergriffen, das Kriegsrecht verhängt und die winzige Demokratie auf Long Island in einen totalitären Staat verwandelt. Sie hatten es getan, um die Einwohner zu schützen. Jedenfalls hatten sie dies behauptet, und am Anfang hatte Marcus sie unterstützt. Die Menschheit hatte vor der Auslöschung gestanden, und angesichts eines solchen Risikos ließ sich die Behauptung, die Freiheit sei wichtiger als das Überleben, kaum aufrechterhalten. Tovar und die anderen Mitglieder der Stimme hatten jedoch rebelliert, der Senat hatte reagiert, und die Stimme hatte abermals zurückgeschlagen. So war es weitergegangen, bis die Amtsinhaber das eigene Volk belogen, das Krankenhaus in die Luft gesprengt und insgeheim einen ihrer eigenen Soldaten getötet hatten, um die Furcht vor einer fiktiven Invasion der Partials zu schüren und die Insel zu vereinen. Offiziell hieß es, Delarosa und Weist seien die Köpfe der Verschwörung gewesen, alle anderen hätten nur Befehle ausgeführt. Dafür, dass sie ihrem Anführer gefolgt war, konnte man Kessler so wenig bestrafen wie einen Abwehrsoldaten, der seinerseits Kesslers Befehlen gehorchte. Marcus war nicht sicher, was er von diesem Urteil halten sollte, aber es war offensichtlich, dass es dem neuen Senator nicht gefiel.
    Marcus bückte sich und legte Isolde eine Hand auf die Schulter. »Sag mir doch mal, wer der neue Mann ist!«
    »Asher Woolf«, flüsterte Isolde. »Er hat Weist als Vertreter der Abwehr ersetzt.«
    »Das erklärt so einiges.« Marcus richtete sich wieder auf. Man kann keinen Soldaten töten, ohne sich jeden anderen Soldaten in der Armee zum Todfeind zu machen.
    »Was sie für das Beste hielten«, wiederholte Woolf. Sein Blick wanderte über die Menge, dann zurück zu Kessler. »Was sie für das Beste hielten. In diesem Fall war das Beste offenbar die Ermordung eines Soldaten, der bereits seine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher