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Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)

Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)

Titel: Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)
Autoren: Dori Mellina
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Helm natürlich, war ja uncool“, fügte Michela
hinzu. Das war wohl Michela gewesen, bevor sie nach Deutschland kam und sich
von der deutschen Tugendhaftigkeit einnehmen ließ. Auch das hatte ich geahnt.
    „ Bene , was haben wir sonst für Klischees?“, fragte ich in
die Runde.
    „Gestern war
ich mit einem Mann beim Abendessen“, sagte Ilaria .
    Das war in
der Tat ein Klischee.
    „Er hatte
den Nerv, nach dem Essen einen cappuccino zu
bestellen!“, beendete Ilaria ihren Bericht und
schaute entrüstet in die Runde.
    Ilaria bezog sich auf die Tatsache, dass ein cappuccino nicht dazu gedacht ist, nach dem Essen
eingenommen zu werden. Ich nutze die Gelegenheit, um die häufig missverstandene
Sachlage um das beliebte italienische Heißgetränk klarzustellen: Obwohl kein
Italiener sich je einen cappuccino nach einer
Mahlzeit bestellen würde, ist das Einnehmen eines solchen, entgegen der
weitverbreiteten Meinung, nicht ausschließlich auf den Vormittag beschränkt.
Das Bestellen eines cappuccino am Nachmittag ist in
Italien zwar ein seltenes jedoch ohne Weiteres mögliches Vorkommnis. Und da wir
schon bei Kaffee-Mixgetränke sind, sei noch folgendes gesagt: Der in
Deutschland beliebte Latte macchiato kommt nicht aus
Italien, wo er weitgehend unbekannt ist und wo es, wie Sie wahrscheinlich
bemerkt haben werden, nahezu unmöglich ist, einen solchen zu bekommen. Es liegt
die Vermutung nahe, dass der Latte macchiato eine
Erfindung der US- Coffeeshops und nur eine derer
unzähligen Kaffeevariationen ist. Da es sich jedoch um eine italienische
Bezeichnung handelt, möchte ich hinzufügen, dass „Latte“ (auf Deutsch „Milch“)
ein männliches Substantiv ist und somit den Artikel „der“ und nicht „die“
braucht. Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen für Ihre nächste
Kaffeebestellung behilflich sein.
    Da es sich
bei Ilarias Beitrag um kein Klischee handelte, das
wir für unser Gino-Projekt einsetzen konnten, nahmen wir es nur mit einem
möglichst mitfühlenden und verständnisvollen Nicken zur Kenntnis. Ilaria schien dafür dankbar zu sein.
    „Italienerinnen
sind hübsch, dunkelhaarig, dunkelhäutig und immer toll angezogen“, warf Katrin
ein.
    „Und sie
haben Unmengen an Kindern“, fügte Ilaria mit einem
Seitenblick Richtung Simona grinsend hinzu.
    In diesem
Moment sprang Simona auf und rannte heulend ins Bad. Wir schauten uns verdutzt
an.
    „Ich wollte
nicht… ich meine…sie….äh…sie lacht doch immer selbst darüber“, stammelte Ilaria verunsichert und war ebenfalls den Tränen nahe.
    „Lass mal, Ilaria , Du hast nichts Schlimmes getan, da steckt wahrscheinlich
etwas anderes dahinter“, sagte ich und suchte Simona auf.
    „Simona!“,
rief ich durch die Tür hindurch.
    Nichts.
Drinnen waren nur Schluchzer zu hören.
    „Simona“,
versuchte ich wieder, „Du hast tolle Kinder! Wir alle finden es super, wie Du
es mit Deinen drei Kindern schaffst. Und ganz ehrlich, im Grunde glaube ich
nicht, dass Ilaria es je…“
    „Das ist es
nicht“, unterbrach mich Simona leise.
    Ich
vermutete, sie hatte wieder mit Kai gestritten. Simona hatte ich vier Jahre
zuvor im Krankenhaus kennengelernt, als ich Sara und sie Daniele, ihr zweites
Kind, entbunden hatte. Ich hatte auf die Narkose-Spritze für meinen
Kaiserschnitt gewartet, als ich im Zimmer nebenan eine Frau hörte, die
zweifellos in den Wehen lag. Außer unverständlichen und lauten Wehklagen, die
mich erleichtert darüber stimmten, dass ich bald unter das Messer kam und mir
somit diese Qual erspart blieb, hörte ich die unbekannte Frau italienische
Worte herausschreien. Die Ausdrücke waren vielleicht nicht
literaturpreisverdächtig, aber in Anbetracht der Umstände hatte ich das auch
nicht erwartet. Insbesondere schienen sich ihre Beschimpfungen gegen ihren Mann
zu richten, da unter anderem die Rede von „schwanzgesteuert [16] “,
„Idiot“ und „Zahlenanalphabet“ war.
    Später, als
ich meine neue italienische Freundin im Stillzimmer kennenlernte, erklärte sie
mir, dass Daniele kein geplantes Kind gewesen und ihr Mann der einzige Deutsche
sei, der es mit Angaben (zu den fruchtbaren Tagen seiner Frau zum Beispiel)
nicht so genau nahm. Aber weil die Natur es so eingerichtet hatte, freute sich
Simona doch sehr über ihr niedliches Baby und beide freuten wir uns über unsere
neue Freundschaft.
    Seitdem
waren vier Jahre vergangen, Simonas Mann hatte sich wieder einmal verzählt und
die kleine Elena hatte vor zwei Jahren das Licht
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