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Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)

Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)

Titel: Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)
Autoren: Dori Mellina
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ist
keine Lösung, zumindest nicht immer.
    Nicht nur,
dass er gegen Filzstift-Spuren komplett wirkungslos ist, er hilft auch bei
akutem Kreativitätsmangel und sonstigen psychischen Krisen nicht –
zumindest nicht nachhaltig.
    Während man
sich in der geistigen Umnebelung eines feuchtfröhlichen Abends unter Freunden
befindet, fühlt man sich zwar wie ein wundervoller Mensch, die Probleme sind
halb so wild und die Lösungen quasi in Reichweite. Außerdem findet man unter
Alkoholeinfluss auf einmal Leute ganz nett, die man bis dato wie den Teufel
gemieden hat und man entwickelt Ideen, die einem in dem Moment geradezu
weltrettend vorkommen. Am nächsten Tag jedoch, von Kopfschmerzen und Übelkeit
geplagt und über das schmutzige Waschbecken gebeugt, schaut man der ganzen
nackten Realität wieder ins bleiche und müde Gesicht.
    Meine
Freundin Ilaria hatte am Tag meiner glorreichen
Eingebung sicherlich mit einer Menge Realität zu kämpfen.  
    Ila, wie sie
sich selbst nennt, wenn sie gut drauf ist, denn sie hat einen Abkürzungsfimmel
für Namen, hatte am vorigen Abend versucht, uns Mädels die verschiedenen
Stellungen aufzumalen, die ihr neuer Freund beim Liebesspiel von ihr verlangte.
Diese Stellungen waren vom Kamasutra inspiriert und hatten abenteuerliche Namen
wie Rossantilope, Schmetterling oder Wackelpeter. Um die Hand lockerer zu
machen und die Hemmschwelle abzusenken, wie sie selber sagte, hatte sie
Unmengen Aperol -Spritz in sich hinein geschüttet,
bevor sie mit ihren malerischen Ausführungen begann. Am Ende des Abends waren
wir anderen drei zwar genau so schlau wie vorher, aber mein Esstisch hatte
durch das durchgeweichte Blatt hübsche Verzierungen bekommen.
    Nicht, dass
uns diese akrobatischen Liebesübungen besonders interessiert hätten. Simona,
Michela und ich sind ein Stück älter als Ila und können von Glück sprechen,
wenn wir zwischen Hausarbeit, Job und Kindergeschrei überhaupt noch ein paar
Mal im Jahr zur Missionarsstellung kommen.
    Es tut aber
gut, Ila und ihre verrückten Geschichten um sich zu haben. Es lenkt ab, es
muntert auf und gibt uns das Gefühl, wieder jung und unbeschwert zu sein.
    Als ich am
Tag nach der netten Mädels-Runde meine Tochter vom Kindergarten abholte, war
ich reichlich genervt. An meiner Windschutzscheibe hatte ich, wie häufig in
letzter Zeit, eine vom Kindsvater liebevoll bemalte Pappscheibe vorgefunden,
dieses Mal mit der Aufschrift „REIFEN WECHSELN!!!“. Immer muss mich Martin, mit
dem ich zwar ein Kind bekommen habe, jedoch nie vor dem Altar getreten bin, mit
seiner besserwisserischen Art bevormunden. Über die drei Ausrufezeichen hatte
ich mich am meisten geärgert, denn die bedeuteten in etwa: “Du bist Frau und
Italienerin: Du hast es nicht im Griff. Ich bin Mann und Deutscher: Ich sage
Dir, wie man es macht“. Sicherlich half mir die momentane europäische
Wirtschaftssituation bei diesen kulturellen Differenzen nicht im Geringsten,
hatten die Deutschen doch reichlich bewiesen, dass sie es zweifellos besser im
Griff hatten als die Italiener.
      „Mamma?“, fragte mich Sara im Auto.
    „Ja?“
    „Stimmt es,
dass ich zu viele Spaghetti esse?“
    „Wer sagt
das?“, fragte ich alarmiert.
    „Mark. Er
hat mir heute gesagt, alle Italiener essen immer zu viele Spaghetti“.
    Marks Vater,
einem Proleten der allerfeinsten Sorte, traue ich ohne weiteres zu, dass er
seinem Sohn regelmäßig solch erhabenes Wissen vermittelt. Sein kahlrasierter
und tätowierter Kopf könntesicherlich jeden Moment platzen, so
voll wie er ist mit Vorurteilen, Gemeinplätzen, billigen Klischees und
Plattitüden jeder Sorte. Jedes Mal, wenn er mich im Kindergarten erwischt,
spricht er mich laut und überdeutlich an, so als würde er mit einer
Schwachsinnigen reden. Dabei bin ich der deutschen Sprache sicherlich   mächtiger als er. Nicht, dass es eine große
Leistung wäre.
    „Meinst Du
den dicken Mark, der immer zu viel von allem isst?“, fragte ich Sara und ich
verletzte dabei wahrscheinlich alle Regeln der pädagogisch wertvollen
Erziehung.
    Sara
kicherte. Immerhin, das war es mirwert gewesen.
    „Mamma?“,
fragte sie wieder nach einer Weile.
    „Hm?“, antwortete
ich ein wenig abwesend.
    „Stimmt es,
dass im Englischen Garten Dinosaurier gibt?“.
    „Nein,
Puppe, da gibt es keine Dinosaurier“.
    „Aber Benny
hat gesagt, ein Dinosaurier hat seinem Papa den Finger abgebissen und dann
mussten sie den Dinosaurier töten und den Bauch aufschneiden, um den Finger
wieder
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