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Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)

Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)

Titel: Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)
Autoren: Dori Mellina
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etwas trinken?“, fragte ich meine Freundin.
      „Uno spritz [13] “,
erwiderte Katrin, die mittlerweile sehr gut italienisch konnte.
    „Con Aperol o Campari? [14] “,
fragte ich automatisch. Die Frage wird in Italien immer gestellt (zur Info: Die
meisten Italiener nehmen Aperol während nur ein paar
wenige Mutige sich für die herbere Variante mit Campari entscheiden).
    „ Aperol “, antwortete Katrin lapidar und ohne großen
Firlefanz, wie eine echte Italienerin.
    Während ich
das Getränk mixte, grinste ich vor mich hin. Als wir uns kennenlernten, war ihr
Wissen über Italien das übliche, undifferenzierte Sammelsurium an Klischees,
wie zum Beispiel:
    1)       In Italien scheint immer die Sonne
    2)       Alle Italiener sind dunkelhaarig
    3)       Italiener trinken immer und zu jeder Uhrzeit
Cappuccino
    4)       So gut wie alle Italiener pflegen heimliche
Kontakte zur Mafia.
    Im Laufe der
Jahre hatte Katrin ein paar bitterkalte italienische Winter erlebt und mittlerweile
ohne weiteres akzeptiert, dass ich Kaffee in jeglicher Ausführung nicht
vertrage, OBWOHL ich Italienerin bin. Außerdem hatte sie in der Zwischenzeit
meine italienische Familie kennengelernt und, obwohl dadurch einige ihrer
Klischees bestätigt wurden (zum Beispiel im Bezug auf die Lautstärke von sich
unterhaltenden Italienern), hatte sie in meiner familiären Umgebung Gestalten à
la Marlon Brando oder Al Pacino partout nicht entdecken können.
    Doch nicht
nur Katrin hatte ihre Horizonte bezüglich anderer Kulturen in den letzten
Jahren erweitert. Ich hatte durch sie die verschiedenen Facetten des deutschen
Volks kennen- und schätzengerlernt. So profitieren wir beide von dieser
wunderbaren Freundschaft.
    Später, als
auch Simona, Ilaria und Michela eingetrudelt waren,
saßen wir auf dem Sofa und arbeiteten am Projekt „Gino“.
    Ich hatte
Saras große Kreidetafel zweckentfremdet und den Projekttitel „Rettet Gino“
aufgeschrieben. Ilaria hatte sich nicht zurückhalten
können und ein Wal daneben gemalt.
    „ Bene , ragazze [15] “,
fing ich unsere Sitzung an, „Wie ihr bereits wisst, waren Michela und ich heute
beim Wal, äh, bei Gino, meine ich…“
    „Wissen
wir“, sagte Ilaria , „das muss ein ziemlicher Grufti -Laden sein!“.
    „Äh, ja,
aber um die Inneneinrichtung kümmert sich Michela“, erklärte ich.
    „ Sí , ich habe schon mit Alex gesprochen und wir haben
bereits tolle Ideen, wie wir den Laden umkrempeln wollen. Ihr werdet sehen!“,
teilte uns Michela zufrieden mit.
    Simona sagte
nichts. Komisch. Zwar ist Simona mit ihren drei Kindern diejenige von uns, die
am meisten Stress hat, aber normalerweise ist sie trotzdem immer gut aufgelegt
und lacht viel (sie nennt es „Galgenhumor“). Heute war sie aber still und in
sich gekehrt. Es musste etwas passiert sein.
    „Aber
natürlich brauchen wir mehr als nur eine neue Einrichtung. Wenn wir Gino unter
die Arme greifen und wieder auf die Beine helfen wollen…“ fuhr ich fort.
    „Dann
brauchen wir einen Kran!“, beendete Ilaria meinen
Satz und lachte aus vollem Hals. Ilaria kann recht
albern sein, aber so wie sie sich jetzt auf dem Sofa vor Lachen kringelte,
konnte man ihr einfach nicht böse sein.
    „Jetzt
schreiben wir einfach alles auf, was sich die Deutschen unter Italien
vorstellen und dann schauen wir, ob wir es irgendwie mit Ginos Laden in
Verbindung bringen können“, regte ich an.
    Vier
Augenpaare starrten mich an. Typisch: Wenn es darauf ankommt, bekommt keiner
ein Wort über die Lippen.
    „Ok, machen
wir es anders“, versuchte ich die Blockade aufzulösen.
    „Wenn wir
uns eine Bar zu Hause in Italien vor Augen führen, was sehen wir da?“, fragte
ich in die Runde.
    „Naja“, fing
Michela vorsichtig an, „Es stehen immer Gruppen Jungendlicher davor. Ich habe
in Milano auch immer mit meinen Freunden vor den Bars herumgelungert.“. Aha,
ich hatte also richtig geraten.
    „Richtig!
Und was habt ihr da gemacht?“, fragte ich sie.
    „Geredet,
gelacht, geknutscht, Chips gegessen, Cola getrunken, geraucht… „, mischte sich
jetzt Ilaria ein. Ich schrieb alles auf die Tafel.
    „Und wie
viele wart ihr da? Zwei, drei?“, fragte ich bewusst provozierend.
    „ No , no ! Zehn, zwanzig Leute. Wir
haben meist sogar den Eingang blockiert, der Besitzer hat sich immer beschwert,
dass keiner durchkonnte, aber dann haben wir ihm eine Zigarette angeboten und
er hat sich dazu gesetzt. Wir waren mit der Vespa oder
mit dem Moped da, alle ohne
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