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Fränkisch Schafkopf

Fränkisch Schafkopf

Titel: Fränkisch Schafkopf
Autoren: Petra Kirsch
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schüttelte bedauernd den Kopf. »Aber morgen früh ist Dr. Morgenstern wieder da.«
    Â»Schade. Und Sie können mir wohl nicht sagen, welche Art Verletzungen Herr Bartels hat? Äußerlich wirkt er ja, soweit ich das beurteilen kann, unversehrt, bis auf den Verband am Kopf. Es sind wahrscheinlich innere Verletzungen, oder?«
    Â»Das weiß ich leider nicht. Ich weiß nur: Als man ihn hier eingeliefert hat, war er ohne Bewusstsein, zunächst. Als er kurze Zeit darauf erwachte, im Behandlungsraum, hat er den Arzt und die zwei Schwestern ziemlich rüde tätlich angegriffen, die ihm den Verband fixieren wollten. Da mussten wir ihn sedieren, wie mein Kollege schon erwähnt hat.«
    Â»Warum war er anfangs ohne Bewusstsein?«
    Die Schwester zögerte mit der Antwort. Sie überlegte und sagte dann merklich kühler: »Auch das sollten Sie morgen Dr. Morgenstern fragen.«
    Â»Ich verstehe einfach nicht, warum man meinen Kollegen auf die Intensivstation gebracht hat.« Paula vermied bewusst die Frageform. »Es muss doch einen Grund geben, warum er hier ist.«
    Doch da hatte sich Schwester Ulrike bereits von ihr abgewandt und lief zügig den Gang zurück. Als sie vor dem Dienstzimmer stand, drehte sie sich noch einmal um und rief über die Schulter zurück: »Dr. Morgenstern hatte Dienst, als Herr Bartels eingeliefert wurde. Er wird Ihre Fragen sicher beantworten können.« Dann war sie fort.
    Als Paula wieder in ihrem alten BMW saß, fühlte sie sich plötzlich sehr müde. Und tieftraurig.
    Sehr spät abends erreichte sie den Vestnertorgraben. Langsam stieg sie die Stufen zu ihrer Wohnung hinauf, in der linken Hand die Reisetasche, mit der rechten griff sie Stufe um Stufe nach dem Treppengeländer. So als fürchte sie, ohne diese Stütze den Boden unter den Füßen zu verlieren.
    In der Diele stellte sie die Tasche achtlos neben sich auf den Boden, riss ihr Adressbüchlein aus der obersten Schublade der kleinen Kommode und blätterte hastig darin. Schnell hatte sie gefunden, was sie suchte – Frieder Müdsams private Telefonnummer. Dann wählte sie die Nummer und wartete. Endlich, nach dem neunten Klingeln, nahm der Gerichtsmediziner ab, leise und schlaftrunken.
    Â»Frieder, ich bin es, Paula. Es tut mir leid, wenn ich dich gestört oder geweckt habe, aber es ist sehr wichtig. Weißt du das von Heinrich schon?«
    Er verneinte. Daraufhin erzählte sie ihm von dieser heiklen Angelegenheit das wenige, was sie wusste. Die Sache mit der Tatwaffe in Heinrichs Hand. Der Verdacht, der auf ihm lastete. Und dass sie ihn soeben im Nordklinikum auf der Intensivstation besucht hatte und an ihm rein gar nichts erkennen konnte, was auf schlimme Verletzungen schließen lasse.
    Während ihres Berichts schwieg Müdsam, nur ab und zu murmelte er ein erstauntes »Hm, hm, hm«.
    Â»Ich bitte dich also sehr herzlich, Frieder, dass du dir ihn mal ansiehst. Ich glaube nämlich, dass er dort im Nordklinikum nicht die Pflege und die medizinische Versorgung bekommt, die ihn schnell wieder auf die Beine bringen kann.«
    Â»Das mach ich natürlich, wenn dir das so wichtig ist. Aber zu deinen Zweifeln, was das Nordklinikum angeht: Da brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Er ist dort gut aufgehoben.«
    Sie nannte ihm noch Heinrichs Zimmernummer, dann legte sie auf. Wenn dir das so wichtig ist, hatte Frieder gesagt. Das bedeutete für sie: Ihm selbst schien es nicht dringlich zu sein. Dabei hatten sich Heinrich und er doch immer gut verstanden. Warum dann diese Interesselosigkeit gegenüber einem Kollegen, der doch immerhin auf der Intensivstation lag?
    Nach einer Weile stellte sie das Grübeln über Frieders Verhalten ein und packte ihre Reisetasche aus. Dabei verspürte sie, die heute Morgen um halb neun Uhr die letzte Mahlzeit zu sich genommen hatte, einen enormen Hunger. Sie zog Nachthemd und Bademantel an und marschierte in die Küche. Holte aus dem Kühlschrank die Butter und die letzten zwei Scheiben rohen Schinken, legte die halb volle Packung Knäckebrot auf den Küchentisch. Entkorkte den Kerner aus der Raststätte und goss sich ein großes Glas ein.
    Nach dem kargen Abendmahl sah sie rauchend auf die angestrahlte Kaiserburg, die sich hell und vertraut vor ihrem Küchenfenster erstreckte. In Gedanken kehrte sie zu Heinrich zurück. Nein, die Tatwaffe in seiner Hand hatte nichts zu
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