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Fränkisch Schafkopf

Fränkisch Schafkopf

Titel: Fränkisch Schafkopf
Autoren: Petra Kirsch
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Ich gehe davon aus, dass Sie nach wie vor, wie Sie bereits gestern am Telefon betonten, die Ermittlungen leiten möchten?«
    Als sie auf seine Frage nicht sofort antwortete, wiederholte er: »Das ist doch richtig, oder?«
    Ihr zog sich das Herz zusammen bei der Vorstellung, Fleischmann könnte Trommen mit diesem Fall betrauen. So beeilte sie sich, ihm zu versichern: »Ja, natürlich. Unter anderem auch deswegen, weil ich, bei aller Bescheidenheit, dafür am besten geeignet bin. Ich stehe Herrn Bartels am nächsten, kenne ihn wie kein Zweiter, bin auch …«
    Â»Das weiß ich alles, Frau Steiner, aber das Argumentieren heben wir uns für die Sitzung auf. Und reiten Sie nicht zu sehr auf der privaten Nähe zu Bartels herum, sonst sind wir ganz schnell bei einer persönlichen Befangenheit, und anderen, die sich bereits jetzt als Leiter dieser SOKO sehen, wird der Vorzug bei der Fallübergabe gegeben. Betonen Sie mindestens in gleichem Maße Ihre Professionalität und Erfahrung bei dieser Art Ermittlung.«
    Sie musste ihn nicht fragen, wer diese anderen waren, die sich »bereits jetzt als Leiter der SOKO « sahen. Trommen, der so zackige wie aufgeblasene Wichtigtuer mit seiner sieben Mann starken Kommission; Trommen, der, wenn er nicht gerade seine Leute publikumswirksam herumkommandierte, mit größter Sorgfalt an seiner Karriere feilte; Trommen, das Quadratarschloch, wie ihn Heinrich nach einem Vorfall vor zwei Jahren nur noch nannte, der auch diesen Fall ausschließlich dazu benutzen würde, um sich hausintern als Fleischmanns Nachfolger zu profilieren. Ohne Rücksicht und ohne jedes Mitgefühl für Heinrich und dessen verzwickte Lage. Leider aber hatte der Kollege im Gegensatz zu ihr reichlich Erfahrung mit der Aufstellung von SOKO s und – noch bedauerlicher in diesem Zusammenhang – auch fast immer Erfolg damit gehabt.
    Sie schwiegen eine Weile, dann fragte sie: »Muss es denn unbedingt eine SOKO sein? Wollen wir das wirklich so groß aufhängen? In den Zeitungen stand heute noch nichts davon, dass ein Polizist mit einer Waffe in der Hand neben dem Ermordeten gefunden wurde. Also fehlt doch der Druck der Öffentlichkeit vollständig, und wir könnten …«
    Â»Ich fürchte, da kommen Sie nicht drum herum«, unterbrach Fleischmann sie. »Bauerreiß scheint sich, wenn ich ihn gestern richtig verstanden habe, schon festgelegt zu haben. Lehnen Sie das bloß nicht ab. In Ihrem eigenen Interesse.«
    Nach einer Pause setzte er noch hinzu: »Na, dann wissen Sie ja jetzt, was in etwa auf Sie zukommt. Einen Rat möchte ich Ihnen zum Abschluss noch geben, auch wenn er Ihnen sicher überflüssig erscheint: Ermitteln Sie in alle Richtungen. Schließen Sie nichts aus.«
    Auf dem Weg zu ihrem Büro ließ sie sich seine sicher gut gemeinten Ratschläge noch einmal durch den Kopf gehen. »Betonen Sie Ihre Erfahrung bei dieser Art Ermittlung«, hatte Fleischmann gesagt. Was hatte er damit gemeint? Sie hatte noch nie einen Fall gehabt, in dem ein Kollege beteiligt gewesen war. Welche Erfahrung sollte sie, der man fast immer die unauffälligen Fälle, die mit dem kleinstmöglichen Aufmerksamkeitswert in den Medien, übertragen hatte, da also vor den anderen groß herausstellen? Ihre Fähigkeit, diese in den Augen der Kollegen uninteressanten, bedeutungslosen Fälle aus den Nachrichten herauszuhalten? Das taten sie schon von sich aus, ohne jedes Zutun von ihrer Seite.
    Kurz vor neun Uhr machte sie sich auf den Weg in den Konferenzsaal, nachdem sie viel Mühe und Zeit darauf verwendet hatte, den korrekten Sitz ihrer Anzugjacke penibel und wiederholt zu überprüfen.
    Als sie das Zimmer betrat, musste sie zu ihrem Bedauern feststellen, dass es bis auf einen einzigen freien Sitz bereits komplett besetzt war. Und dieser einzige freie Stuhl befand sich ausgerechnet rechts neben Trommen.
    Während sie sich setzte, flüsterte ihr Trommen zu: »Was machst du denn hier, Paula? Mit dir hab ich gar nicht gerechnet. Du hast doch derzeit Urlaub, oder? Den hättest du wegen dieser Geschichte nicht unterbrechen müssen, das war völlig überflüssig.«
    Statt einer Erwiderung lächelte sie ihn nur an, süß und falsch, und sah auf das vor ihm liegende handbeschriebene Blatt. Als Trommen bemerkte, dass sie das Papier las, drehte er es rasch um und legte seine gefalteten Hände
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