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Follower - Die Geschichte einer Stalkerin

Follower - Die Geschichte einer Stalkerin

Titel: Follower - Die Geschichte einer Stalkerin
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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nicht getankt“, antwortete Daniela und hoffte, dass er das Ding endlich einscannte und sie erlöste.
    „Also nur das?“, fragte er und nahm die Zeitung in die Hand.
    „Ja, nur das.“ Daniela öffnete ihre Geldbörse.
    „Da hat Ihre Tochter aber Glück, dass Sie extra für sie noch hierher fahren, um ihr das Heft zu kaufen“, sagte der Verkäufer und ließ den Scanner piepen.
    Daniela sagte nichts. Sah sie so alt aus, dass er ihr eine Tochter zutraute?
    „Würde nicht jede Mutter machen. Das sind dann drei fünfzig“, sagte er und legte die Zeitung wieder hin.
    „Kümmer dich um deinen eigenen Kram“, murmelte Daniela.
    „Wie bitte?“
    „Nichts.“
    Sie nahm schnell das Heft und lief zur Tür.
    „Warten Sie!“, rief ihr der Verkäufer nach. „Sie kriegen noch fünfzig Cent!“
    Daniela hörte nicht hin.
    Keine zwanzig Sekunden später saß sie in ihrem Wagen und schlug mit zitternden Fingern Seite vier auf. Sie überflog den Text. Ein Interview mit Verena Gint, eine Andeutung, dass sie mal Schauspiel studiert habe, aber dann doch erst mal als Model für Katalogmode tätig gewesen war, bis sie ganz zufällig ein Agent auf einer Party ansprach und zum Casting einlud.
    „Lügnerin“, sagte Daniela und las weiter. Das waren immer diese Geschichten, die gut klangen, aber in Wirklichkeit nur PR-Zwecken dienten. Verena hatte nach dieser angeblichen Einladung vorgesprochen und war angenommen worden. Ihre Rolle war tatsächlich als Hauptrolle angelegt. Und dann machte Danielas Herz einen Satz.
     
    Auf die Frage hin, ob Kristina und Alex ein Paar werden sollen, lächelt Verena unsere Reporterin verschmitzt an. „Das sage ich euch nicht. Da müsst ihr schon weiter BIH gucken, wenn ihr das wissen wollt.“
    Wir bedanken uns für das Interview, Verena, und hoffen auf spannende Folgen mit dir!
    Tja, liebe Fans von BIH, das werden aufregende Wochen! Unsere Setreporterin bleibt für euch dran!
     
    Übelkeit stieg in ihr hoch und Daniela hielt sich am Lenkrad fest. Das war das Gegenteil einer Entwarnung. Fast schon eine Ankündigung!
    Jemand klopfte an ihr Autofenster und sie sah auf. Der Verkäufer stand neben ihrem Wagen und machte ihr ein Zeichen. Daniela ließ fast automatisch das Fenster herunter. Ihr war immer noch übel und sie konnte in dem Moment keinen Zusammenhang zwischen dem Auftauchen des Verkäufers und ihrer Situation herstellen.
    „Ihr Wechselgeld. Ich dachte, Sie sind schon weg.“ Er hielt ihr das Geldstück hin. „Ist Ihnen nicht gut? Brauchen Sie Hilfe?“
    „Nein. Nur meine Ruhe.“ Daniela nahm das Fünfzig-Cent-Stück und warf es achtlos neben sich auf den Beifahrersitz. Der Blick des Verkäufers blieb an der aufgeschlagenen Zeitung auf Danielas Knien hängen. Dann sah er sie wieder an.
    Daniela drehte den Zündschlüssel und der Motor sprang an. Ohne ein weiteres Wort gab sie Gas und brauste davon. Sollte der Kerl doch denken, was er wollte. Sie hatte wirklich andere Sorgen.
     
    Der Vormittag quälte sich voran und Daniela litt mit ihm. Die Pflegerinnen drückten ihr ein paar Sprüche rein, wegen der Servierpanne vom Vortag, aber sie registrierte es kaum. Während sie Böden schrubbte, Urin von Klobrillen wischte und Teppiche saugte, kreisten ihre Gedanken nur um ihn. Das taten sie sonst auch, aber normalerweise handelte es sich dabei um Tagträume, in denen sie mal mit Alex und mal mit Kiran zusammen war. Positive, schöne Träume. Szenarien, die erdacht waren, aber in denen sie schwelgen konnte und die sich, wenn sie sie lange genug heraufbeschwor, fast echt anfühlten. In ihrer Fantasie kam sie als neue Kleindarstellerin ans Set von BIH und der Regisseur bemerkte ihr Talent und entschied spontan, dass sie eine Szene zusammen mit Kiran spielen sollte. Einer ihrer häufigsten Träume, einer der wundervollsten. Daniela stellte sich dann vor, wie sie leicht verwundert tat ob dieser neuen Aufgabe, obwohl sie schon erwartet hatte, dass es dazu kam. Sie begrüßte Kiran, der ihr zulächelte und natürlich noch ein wenig schüchtern ihr gegenüber war. Sie gefiel ihm, das war deutlich zu sehen, und er hielt sich zurück, mit schauspielerischer Professionalität. Dann probten sie und Daniela sprach ihren neuen Text fehlerfrei, spontan und natürlich, während ihr die anderen Komparsinnen und Kleindarstellerinnen neidvolle Blicke zuwarfen und der Regisseur dem Regieassistenten beeindruckt zunickte …
    Wichtig an ihren Träumen war ihr, dass sie theoretisch wahr werden konnten, auch wenn es
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