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Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition)
Autoren: Anke Greifeneder
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Yannick nur zu gut verstehen.
    »Na, für Tim. Euren Tim!«
    Okay. Es war mir nicht gleichgültig.
    Lena fing an zu kichern und verdrückte sich schnell auf die Toilette.
    Katharina tobte. »Er hat mir nicht nur meine Hochzeit verdorben, sondern aus Yannick einen Schwulen gemacht.«
    »Schwul zu sein ist nicht ansteckend, Katharina!«, rief Lena immer noch fröhlich von der Gästetoilette herüber. Ich konnte an ihrer Stimme hören, dass sie Tränen gelacht hatte.
    »Diese Blamage! Nicht nur Katharina verlassen, auch noch schwul!« Marlene stand vor einer Ohnmacht.
    Meine Mutter schenkte Sherry für alle ein und nahm als Erste einen Schluck aus ihrem Glas. Dann fragte sie: »Lotte, hast du davon was gewusst? Ist dir nie was aufgefallen?«
    Machte sie Witze? Ich war genauso verdutzt wie sie. »Nee, wie denn? Wann hat er es denn gesagt?«
    »Heute Morgen. Nachdem er die ganze Nacht nicht nach Hause gekommen war. Auf der TV -plus -Preisverleihung war er schon mit Tim die ganze Nacht weg gewesen. Ich war müde und bin früher nach Hause. Wer denkt denn auch an so was?« Katharina war erbost.
    Deshalb war Tim so gut gelaunt gewesen! Und deshalb hatte er noch zwei Karten aufgetrieben!
    »Heute Morgen hat Yannick es mir dann gesagt. Er sprach von Liebe auf den ersten Blick und dass er erst durch Tim glücklich sei, nach allem, was ich für ihn getan habe!« Marlene fasste sich an die Schläfen und begann sie in kreisenden Bewegungen zu massieren.
    »Ich bekomme Migräne. Glaubst du denn, er war schon immer schwul, oder hat Tim ihn da in was reingetrieben?«
    Lena sah mich fassungslos an.
    »Tim kann sicher ’ne Menge, aber einen Hetero zum Schwulen bekehren ganz bestimmt nicht. Euch ist schon klar, dass man schwul geboren wird und nicht wie eine Konfession annimmt.«
    »Aber er wirkte gar nicht so wie vom anderen Ufer!«, gab meine Mutter hilfreich zu Protokoll.
    War es denn zu fassen? Solche Kommentare im 21. Jahrhundert, wo selbst in jeder Soap ein schwules Pärchen mitspielte!
    »Mama, es gibt genug Schwule, die du nie erkennen würdest, weil sie nicht tuckig sind. Bei Tim zum Beispiel hättest du auch nie gedacht, dass er schwul ist. Und bloß weil Yannick nicht ›Hach!‹ schreit und eine hohe Stimme hat oder sonst irgendwelche Klischees erfüllt, kann er trotzdem schwul sein.«
    Katharina griff zur Tissue-Box.
    »Aber warum passiert das mir? Ausgerechnet mir?«
    Ja, darauf hätte ich ihr aus dem Stand hundert Gründe nennen können.
    Warum hatte ich nur das Gefühl, dass Katharina überhaupt nicht Yannick nachtrauerte, sondern ihrer verpatzten Hochzeit? Im ersten Moment hatte sie mir Leid getan, und unter anderen Umständen war eine solche Nachricht sicher ein Schock und konnte tiefe Wunden schlagen, doch Katharina war es von Anfang an nur um die Hochzeit gegangen, weniger um Yannick.
    Lena schaltete sich ein.
    »Sieh es doch mal positiv. Besser, er merkt es jetzt und nicht erst, wenn ihr verheiratet seid und Kinder habt. Du wirst jemanden finden, der besser zu dir passt, und dann kannst du deine Hochzeit immer noch so feiern, wie du es vorhattest.«
    »Ich will aber jetzt heiraten!«, stampfte Katharina auf. Genauso reizend war sie schon als kleines Mädchen gewesen. Ich will, ich will, ich will!
    Marlene gab ihr Sherry, meine Mutter saß ratlos daneben.
    »Und schuld ist Tim! Wenn er nicht gewesen wäre, würde ich jetzt heiraten, und wenn Lotte nicht bei TV -plus angefangen hätte, wäre Tim nie auf Yannick getroffen!«
    »Willst du damit sagen, Charlotte ist schuld?«, fragte meine Mutter spitz.
    »Na, ich habe keinen Umgang mit Schwulen, bei mir konnte er keinen treffen!«
    Katharina war in der Trotzphase angelangt.
    »Das ist lächerlich! Marlene, sag doch du mal was!« Meine Mutter griff tatsächlich Katharina an.
    »Na, in gewisser Weise ist das durchaus logisch, was sie sagt!«
    Marlene und meine Mutter kamen sich in die Haare! Dass ich das erleben durfte!
    Lena und ich hatten genug.
    »Wir gehen jetzt wieder mit unseren schwulen Freunden spielen, mal sehen, welches Pärchen wir noch auseinander bringen können.«
    Kopfschüttelnd machten wir uns auf den Weg. In der Tür wandte Lena sich noch einmal kurz um und rief: »Ach Katharina, wenn man dich so erlebt, kann ich nur sagen, dass Yannick eine gute Wahl getroffen hat, bei Tim hat er es bestimmt besser!«
    Als Antwort stieß Katharina einen empörten Schrei aus, und meine Mutter eilte uns hinterher.
    »Das war nicht nett, Lena. Aber ihr habt ja Recht. Es
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