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Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition)
Autoren: Anke Greifeneder
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geht ihr nicht um Yannick, sondern um die Hochzeit und die Schmach. Sie hat ihn nicht wirklich geliebt, sondern sein Aussehen, seine Manieren und sein Zuhause als dekorativ empfunden. Yannick ist ein netter junger Mann und Tim auch. Außerdem habe ich viele Freunde vom anderen Ufer. Die sind immer so kreativ!«, versuchte sie zu retten, was zu retten war.
    Unglaublich, dass meine Mutter sich nicht auf Marlenes Seite schlug, auch wenn sie Ausdrücke wie »vom anderen Ufer« verwendete.
    »Mama, ich muss jetzt. Ich treffe mich gleich mit Justus!«
    Sofort war sie wieder die Alte.
    »Das ist schön, Carlotta ! Lass ihn ja nicht entwischen, ja? Ich muss jetzt erst mal meinen Bridgedamen absagen. Die wollten ja gleich kommen. Na ja, bei der Geschichte werden sie sicher Verständnis haben.«
    Nur zu gut konnte ich mir vorstellen, wie meine Mutter mit gedämpfter Stimme die schreckliche Nachricht weitergab, innerlich frohlockend, die Erste zu sein, die es erzählte, und zur Abwechslung nicht persönlich in den Klatsch involviert zu sein, sondern die stets tadellose Marlene ihr Fett abbekommen zu lassen.

vierunddreißig Im Auto lachten Lena und ich lauthals los und konnten uns gar nicht mehr einkriegen.
    »Ruf mal Tim an.«
    Ich wählte seine Nummer.
    »Ja?« Tim meldete sich nicht wie sonst mit seinem Namen. Wahrscheinlich hatte er Angst vor Katharinas und Marlenes Vergeltungsanschlägen.
    »Hier spricht Katharinas Mutter Marlene. Was haben Sie mit meinem Schwiegersohn gemacht?«
    »Haha, sehr witzig, Lotte! Hast du es also schon erfahren.«
    »Erfahren ist gut. Ich durfte das Drama hautnah miterleben. Aber davon mal abgesehen: Herzlichen Glückwunsch! Yannick ist super.«
    Tim war erleichtert, ich war mir nicht sicher, was er erwartet hatte. Eine Szene, Beendigung unserer Freundschaft?
    »Ach Lotte. Ich bin froh, dass du nicht sauer bist. Ich kann dir versichern: So glücklich wie Yannick und ich jetzt sind, so unglücklich war er mit Katharina. Aber einfach war es nicht. Ich hatte mich ja sofort in ihn verknallt und er angeblich auch in mich. Hat aber ’ne Weile gedauert, bis wir uns getraut haben, uns das einzugestehen.«
    Was für ein Tag! Ich setzte Lena zu Hause ab und fuhr direkt zum Friedhof. Ich hatte nicht mal mehr Zeit gehabt, mich umzuziehen.
    Justus wartete bereits. Mich überkam ein warmes, sicheres Gefühl, wie ich ihn da stehen sah, zum ersten Mal war mir nicht schlecht, und mein Magen hielt still. Es war schon ziemlich kalt, typisches Herbstende, mit bunten Blättern an immer kahler werdenden Ästen.
    »Schön hier. Um diese Zeit war ich noch nie da. Gehen wir ein Stück?«
    Langsam schlenderten wir los.
    Zuerst verwickelte er mich in belanglosen Smalltalk. Doch dann ging er in medias res.
    »Meinst du, du könntest mir die Sache mit Annabelle verzeihen?«
    »Kommt darauf an. Wie ist es denn überhaupt dazu gekommen?«
    Justus blieb stehen.
    »An dem besagten Abend, als du mich zu Recht weggeschickt hast und sagtest, du wolltest mich nie wieder sehen, bin ich durchgedreht. Ich bin in den Club, habe mir was geschmissen, dazu getrunken und habe in vollkommen verwirrtem Zustand Ulli Becker angerufen. Am Telefon habe ich ihr mein Leid geklagt. Sie war sehr verständnisvoll, aber auch besorgt und meinte, es sei nicht gut, wenn ich in diesem Zustand alleine sei. Sie würde gleich vorbeikommen. Doch anstatt selbst zu kommen, schickte sie Annabelle, die sich in ihrem Sinne um mich kümmerte. Lotte, ich weiß, dass es billig klingt, wenn ich sage, ich habe nichts mehr mitgekriegt, weil ich mich so abgeschossen hatte, aber so war es. Ich weiß, ausgerechnet mit Annabelle, die eh ein rotes Tuch für dich war. Aber weißt du, ein Gutes hatte die Sache. Sie hat mir die Augen geöffnet, wie Ulli Becker wirklich ist.«
    »Wieso, weil sie nicht selber gekommen ist, sondern Annabelle geschickt hat?«
    »Nein, weil sie Annabelle und den dazugehörenden Paparazzo geschickt hat.«
    »Wie bitte?«
    »Du hörst richtig. Die Sache war eingefädelt. Ulli hatte meinen Zustand gleich erkannt, Annabelle geschickt und einen bekannten Fotografen. Die Fotos hat sie der Presse zugespielt. Habe ich durch meinen Anwalt erfahren, der das Blatt für mich verklagen sollte. Was mich am meisten verletzt hatte, war, dass Ulli Becker meine Familiengeschichte kennt und sich vorstellen konnte, wie gestört ich auf Paparazzifotos reagieren würde. Zum Glück hat sie eine Schweigeklausel in ihrem Vertrag und muss richtig viel Asche hinlegen, falls
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