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Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition)
Autoren: Anke Greifeneder
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interessieren wollte. Ich ging mit ihr in den Osten der Stadt, in die aufstrebenden kreativen Teile, wo die Szene sich gern selbst feierte.
    Hier kannte ich einige Nachwuchsdesigner, die, sowohl was ausgefallene Kleider als auch die, was das Budget anging, zu Lena passten.
    »Sieh mal, Lotte, das gepunktete Kleid gefällt mir super.«
    Aha, der Funke war übergesprungen! Die Designerin war ebenfalls nach Lenas Geschmack. Nur Einzelstücke, die sie selbst anfertigte und von denen sie sich nur schwer trennen konnte.
    »Da pochen se alle immer auf ihre Einzigartigkeit, und dann kaufen se sich alle det Gleiche vonner Stange, am besten noch von der gleichen Marke, wie die Schafe, mäh!«
    Mit diesem Statement war das Kleid so gut wie gekauft. Damit hatte sie Lena in der Tasche. Wenn jetzt noch das Kleid passte …
    Lena zog es über.
    Es stand ihr ausgezeichnet. Sie sah weder verkleidet aus noch zu fein, aber für den Anlass absolut passend. Und das Beste war, sie musste sich überhaupt nicht verbiegen.
    »Ick kann dir det anner Seite schnell noch ’n bisschen mehr auf Taille machen, wenn de willst«, bot Lenas neue Freundin an.
    Das Angebot nahm Lena gerne an, und während die Designerin im Nebenzimmer mit der Nähmaschine ratterte, wurde Lena gar nicht müde zu betonen, dass man solche Läden, vor allem die Menschen mit ihrer Kunst, unbedingt unterstützen müsse.
    »Weißt du, Lotte, da zahl ich auch gerne mal ’nen Euro mehr, wenn ich weiß, ich habe ein Unikat dafür und gleichzeitig eine junge Kreative unterstützt.«
    Mein Handy klingelte. Es würde doch nicht Justus sein, der in letzter Minute absagte!
    »Charlotte! Du musst sofort nach Hause kommen. Es ist etwas Schreckliches passiert!«
    Es war meine Mutter, völlig außer Atem und ohne einen aufgesetzten Akzent.
    Das machte mir Angst.
    »Ist was mit dir, Papa oder Caroline?«
    »Nein, uns geht’s allen gut, aber du musst sofort kommen, verstehst du. Ich kann jetzt nicht reden!«
    »Lena, wir müssen sofort zu meinen Eltern. Irgendwas ist passiert!«
    Sie zahlte, packte das Kleid ein, und wir rannten zum Auto. Ich fuhr wie eine Bekloppte und war in Rekordzeit am Haus meiner Eltern angelangt.
    Marlenes Wagen parkte in der Einfahrt. Natürlich war sie nie weit, wenn etwas Aufregendes passiert war.
    Kaum hatte ich die Tür aufgeschlossen, da hörte ich auch schon ein Schluchzen aus dem Salon.
    Uns blickte eine rot verheulte Katharina entgegen, eingehüllt in eine Decke und rechts und links von meiner Mutter und Marlene eingesäumt, die ihr beruhigend auf die Schulter klopften.
    Als Katharina uns erblickte, schluchzte sie noch lauter. Marlene nahm ihre Hand.
    »Prinzessin, alles wird gut, du wirst sehen!«
    »Gar nichts wird gut«, fauchte Katharina unter Tränen zurück. »Yannick hat mich verlassen, und die Hochzeit ist abgeblasen. Diese Blamage! Diese Blamage!«
    Zum Glück, wenn das alles war!
    Lena und ich schauten uns erleichtert an.
    »Jetzt weißt du wenigstens, wie du deine Zeit bis zum Treffen mit Justus herumbringst«, flüsterte sie mir zu.
    Bertha kam mit einer dampfenden Hühnersuppe herein.
    »Stell ruhig ab, Bertha, und bring bitte noch einen Sherry.« Meine Mutter war in ihrem Element. Aufregende Dinge gingen vor sich, und das in ihrem Haus. Der Gesprächsstoff war auf Wochen hinaus gesichert.
    »Was ist denn genau passiert? Yannick hat Katharina verlassen?«
    Alle drei nickten.
    »Das ist wirklich schlimm«, sagte ich, aber nicht wirklich verwunderlich, dachte ich, denn wer die beiden zusammen erlebt hatte, musste sich eh fragen, was sie aneinander fanden, so wenig, wie sie gemeinsam hatten. Yannick hatte nie besonders glücklich gewirkt, was Katharina in ihrem Hochzeitswahn überhaupt nicht bemerken wollte.
    »Das ist schlimm? Das ist eine K-a-t-a-s-t-r-o-p-h-e!«, schrie Katharina hysterisch, während Marlene ihr beruhigend über den Kopf fuhr.
    Lena versuchte den Schub zu unterbrechen und das Geschrei wieder in normale Gesprächsbahnen zu lenken.
    »Ist denn was vorgefallen?«
    Das war wohl die falsche Frage.
    »Tut doch nicht so scheinheilig! Als ob ihr das nicht wüsstet!« Katharina geriet außer sich.
    Langsam wurde die Situation absurd.
    »Wir wissen nicht, worauf du hinauswillst.«
    Meine Mutter zog die Augenbrauen hoch.
    »Ja, wisst ihr denn etwa nicht, für wen er Katharina verlassen hat?«
    »Neihein, würden wir sonst so bedeppert dastehen?«
    Im Prinzip war mir auch gleichgültig, für wen Katharina verlassen worden war, ich konnte
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