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Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition)
Autoren: Anke Greifeneder
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bereits wissen, wie’s läuft. Muss ich denn ausgerechnet heute, wo das Interview mit Michelle Reese ansteht, ’ne Anfängerin einlernen?«
    Felix schien kurz davor zu sein, die Fassung zu verlieren. »Keine Sorge, sie wird schon nicht jedes Mal, wenn sie was machen soll, vorher prüfen, ob es dafür ’ne These oder Antithese gibt. Falls sie sich in endlosen Diskussionen mit dem Kabelträger ergeht, ob es politisch korrekt ist, den Begriff ›runner‹ zu verwenden, schmeiß ich sie raus, versprochen.«
    Mir wurde schlecht. Was machte ich eigentlich hier? Es war offensichtlich, dass ich nicht erwünscht war – zumindest, wenn es nach Imka ging.
    Während Imka und Felix weiterdiskutierten, ging ich zu einer beigefarbenen Sitzgruppe, setzte mich und versuchte, das Gespräch so gut es ging zu ignorieren.
    »Hey, alles klar bei dir?«
    Vor mir stand ein Mädchen mit dunklen langen Locken und sah mich besorgt an.
    Ich zwang mich zu einem Lächeln. »Ich bin neu hier, und ich hab das Gefühl, alles falsch zu machen.«
    Das Mädchen lachte.
    »Lass mich raten. Du hast bei Felix angefangen und musst mit Imka zusammenarbeiten.«
    Wie peinlich! Hatte sich mein miserabler Ruf bereits rumgesprochen?
    Sie setzte sich.
    »Ich heiße Mimi und bin Volontärin bei den Nachrichten.«
    »Charlotte«, stellte ich mich vor.
    »Imka ist mal wieder nicht zu überhören. Mach dir nichts draus. Der Zickenalarm geht vorbei. Ist nicht persönlich gemeint. Wenn sie erst was geschnupft hat, ist sie handzahm«, klärte mich Mimi auf. Doch sehr überzeugt sah ich wohl nicht aus, denn Mimi fuhr fort: »Kopf hoch. Imka ist wirklich ’ne Ausnahme. Die meisten hier sind in Ordnung, und dass Felix hinter dir steht, ist viel wichtiger.«
    Mimi war ansteckend fröhlich oder vielleicht auch nur »drauf«, ich hielt inzwischen alles für möglich. »Ich glaube, ich muss langsam rein und Imka ihre Tagesration bringen, sonst eskaliert das noch.«
    Mimi zog die Augenbrauen hoch. »Du hast doch nicht …?«
    »Na, Backpulver ist das hier nicht«, antwortete ich sarkastisch und ging in die Maske.
    Felix hielt abrupt inne. »Charlotte, wo kommst du denn her?«
    Gerade wollte ich zu einer Erklärung ansetzen, als ich Imka hektisch hinter Felix’ Rücken abwinken sah.
    »Ich war kurz auf’m Klo«, log ich.
    Felix runzelte kurz die Stirn, wechselte dann aber das Thema. »Na, gut, dass du da bist. Wir brauchen dich gleich. In einer halben Stunde zeichnen wir das Interview mit Michelle Reese auf. Du passt bitte auf den Teleprompter auf und verkabelst Michelle, so wie ich es dir heute Morgen gezeigt habe, ja?«
    Immer noch das Päckchen in der Hand, nickte ich artig.
    Dann wurde Felix gerufen, und ich übergab Imka diskret ihre »Mahlzeit«.
    Mit meiner Verschwiegenheit musste ich Pluspunkte gesammelt haben, denn Imka starrte mich nicht mehr ganz so feindselig an. Hey, vielleicht stand mir doch noch eine große Karriere beim Fernsehen bevor, wenn auch nur als heimlicher Drogenkurier.
    Nachdem Imka sich »die Nase gepudert« hatte, wurde sie plötzlich extrem vertrauensselig. »Weißt du, die Michelle ist echt ’ne super Frau. Wir sind total close und erzählen uns alles. Das ist megaungewöhnlich für die Branche. Es gibt so wenige free spirits , die meisten neiden einem Aussehen und Erfolg. Aber mit der Michelle ist das anders. Wir haben einfach das gleiche mindset . Obwohl sie ein Weltstar ist, ist sie normal und natürlich geblieben.« Imka seufzte begeistert.
    Auch ich seufzte, innerlich, und konnte es kaum abwarten, mit »Dr. Jekyll und Mrs Hyde«, wie ich Imka nach ihrer Wandlung im Geiste taufte, näher zusammenzuarbeiten.
    Als wir uns kurz darauf auf den Weg ins Studio machen wollten, stürmte Felix mit hochrotem Kopf wieder herein. »Diese verdammte Zicke! Glaubt wohl, sie kann uns verarschen!«
    Imka, immer noch super drauf, versuchte Felix zu beruhigen. »Was ist denn passiert?«, fragte sie sanft.
    »Was passiert ist? Michelle Reeses Manager war gerade bei mir und hat mir eröffnet, dass wir das Interview leider nicht in Studio 3 im ersten Stock, wo wir bereits alles vorbereitet haben, drehen können, weil – haltet euch fest, ich zitiere – ›Michelle doesn’t do steps‹ . Wo gibt’s denn so was, dass jemand keine Treppen geht! Erst hab ich gelacht, bis ich merkte, dass der Typ einer von der Sorte ist, die sich zum Lachen in den Keller verkriechen, und dass er das ernst meint. Anscheinend ist die Alte immer auf zu hohen Stilettos unterwegs,
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