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Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition)
Autoren: Anke Greifeneder
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schrecklich!«
    »Hab ich’s dir nicht gleich gesagt, aber du wolltest ja unbedingt in die schale Welt der oberflächlichen Hyänen! Solltest du nicht lieber was Sinnvolles machen und dich um eine Stelle im Museum oder an der Uni bewerben?«
    »Lena, du hörst dich an wie meine Eltern, nur, dass die mich möglichst schnell versorgt und unter der Haube wissen wollen!«, wehrte ich ab.
    »Auweia, stimmt ja, ich hatte komplett vergessen, dass heute wieder der weiche Chantré-Clan bei deinen Eltern eingeladen war. Und wurde dir ein neuer Hoffnungsträger von deiner Mutter vorgestellt?«
    Ich nickte.
    »Jan Habermann. Seinen Eltern gehören die Lingenwerke, alteingesessene Familie.«
    Lena lachte. »Irgendwie finde ich deine Mutter sehr unterhaltsam. Überleg mal, wie viel Energie sie hat. Wenn sie die sinnvoll einsetzen würde, anstatt Kronprinzen zu suchen, wäre sie ein nützliches Mitglied der Gesellschaft.«
    Leider konnte ich nicht darüber lachen.
    »Na ja, ich sage dir, nach meinem grandiosen Tag bei TV -plus stand ich heute Nachmittag der Verlobtenlösung zum ersten Mal offen gegenüber. Ich glaube, wenn meine Mutter mit Jan in dem Moment, in dem sich Imka über meine Fähigkeiten als Praktikantin ausgelassen hat, aufgetaucht wäre, stünde ich jetzt als stolze Mitbesitzerin der Lingenwerke und Mitglied des Golfclubs vor dir.«
    »War’s denn so schlimm?«
    »Schlimm ist gar kein Ausdruck! Horror!« Und so gab ich meine Kurierdienste und mein erstes Zusammentreffen mit dem internationalen Showbiz in Gestalt von Michelle Reese zum Besten.
    Lena unterbrach mich. »Michelle Reese kenn ja sogar ich. Ist das nicht diese geschrumpfte Barbie, die so schrecklich hoch singen kann und so viele Oktaven beherrscht und damit jeden nervt?«
    Sah Lena heimlich Promimagazine? – Ich nickte.
    »Sag, Charlotte, das mit dem Koks hat dich aber nicht wirklich geschockt, oder? Das weiß doch jeder, dass Medien- und Werbeleute ganz Bolivien auf Trab halten. Bestimmt hat TV -plus anstatt eines eigenen Weinbergs einen Kokahügel in Bolivien!«
    Sieh an, so sehr hinter dem Mond war Lena dann doch nicht. Ich grinste Lena an.
    »Bedeutet das, dass du hiermit kuriert bist und da nicht mehr hingehst?«, wollte Lena wissen.
    Ich? Nicht mehr zu TV -plus gehen? Wo es gerade spannend wurde?

zwei Ich erschien pünktlich zu meiner ersten Redaktionssitzung, sonst aber auch niemand. Erst hatte ich befürchtet, mich im Raum geirrt zu haben, und war panisch zu Tim gehetzt, um nachzufragen, wo die Sitzung stattfinden würde.
    Tim hatte gelacht, mich beruhigt und auf die akademischen fünfzehn Minuten, also cum tempore , verwiesen, die mir doch sicher geläufig seien.
    Also setzte ich mich in den Sitzungsraum, und tatsächlich trudelten nach und nach lauter hippe junge Menschen ein, die meisten mit Zigaretten in der Hand und blendender Laune. Es herrschte ein sehr offener Umgangston. Georg, der Chefredakteur, eröffnete die Konferenz. Inzwischen hatte ich kapiert, dass hier jeder jeden duzte. Alles andere wäre auch albern gewesen bei dem Altersdurchschnitt. Die verschiedenen Redaktionen legten die aktuellen Themen und Probleme dar. Es wurde diskutiert und schnell wurden Entscheidungen getroffen, es wurde gelacht und im nächsten Moment bereits konzentriert weitergearbeitet. Das Tempo war Schwindel erregend und in keiner Weise mit der ausführlichen Diskussionsweise in Uniseminaren zu vergleichen. Man musste schnell denken, sprechen und handeln können. Vor allem musste man eine bestimmte Sprache sprechen: »Hast du das auf dem Schirm«, »Aber denkt bitte an den Flow«, »Könnt ihr das covern«, »Wir pullen das einfach runter« und ganz wichtig: »Es geht darum, awareness zu schaffen«. Überhaupt hätte sich das Meeting zur Grundlagenforschung bezüglich Anglizismen hervorragend angeboten. Ich versuchte mir alles so gut es ging einzuprägen, vieles verstand ich aber noch nicht. Vielleicht konnte ich Mimi oder Tim fragen, was ein » EB -Team« war und was cashen bedeutete. Unter Scherzen und viel Gelächter stoben alle auseinander, die meisten zum nächsten Meeting.
    Felix rief mich zu sich.
    »Charlotte, kannst du bitte mal die Zuschauerreaktionen zur gestrigen Sendung checken? Hoffentlich hast du bis morgen einen Computer und ’ne eigene E-Mail-Adresse. Und wenn du fertig bist, bring mir die Auswertung bitte rüber. Ich bin am Sichtgerät.«
    Ich tat, wie mir aufgetragen wurde, und loggte mich in Felix’ PC ein.
    Kurz darauf durfte ich die
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