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Fluegellos

Fluegellos

Titel: Fluegellos
Autoren: Lucy Cardinal
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in der Brustgegend. Hatte ich ihm das Herz gebrochen?
    »Moment«, murmelte ich und erinnerte mich plötzlich an Valentins Worte. Mein Herz hatte nicht mitgemacht. »Ich bin gestorben?«, fragte ich leise.
    Er nickte. »Herzstillstand.«
    Ich konnte nicht verhindern, dass ich schwach lachte. Es war schon ironisch. Ich bekam es alleine nicht hin, mich zu töten. Aber kaum kam Emilia ins Spiel, war es ein Kinderspiel und ich starb an etwas so Lächerlichem wie einem Herzinfarkt. »Und du hast mich gerettet«, folgerte ich.
    »Ich konnte nicht daneben stehen, und nichts tun«, sagte Valentin. Sein Griff um meine Hand wurde fester und ich umschloss seine Finger.
    »Was ist mit Emilia?«, fragte ich dann. Diese Frage geisterte mir schon die ganze Zeit durch den Kopf. Ich konnte sie nirgends sehen. Und Valentin wirkte nicht so, als ob er über sie nachdachte.
    »Der Psychologe hat sie sich angesehen«, sagte er. »Ich glaube, ihr Verstand ist so löchrig wie ein altes Teesieb. Die Polizei hat sie gerade. Ich glaube nicht, dass sie davonkommt, ohne eine lange Therapie gemacht zu haben.«
    »Wieso?«
    Valentin lächelte. »Sie redet die ganze Zeit von Engeln. Davon, dass sie von einem verraten wurde.« Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. »Außerdem ist sie davon überzeugt, dass alle Welt auf sie hören muss. Dass sie über allen steht. Ich weiß nicht, seit wann sie so ist. Es ist vermutlich eine Art Entwicklung gewesen. Alle Zeitungen haben sie abgelehnt, also hat sie sich in eine Traumwelt geflüchtet, in der die ihr die Füße küssen und sich um ihre Artikel prügeln. Die ganze Engelssache hat das Fass vermutlich zum Überlaufen gebracht. Sie ist in einem Universum gefangen, dass es nur für sie gibt.«
    »Verzeih mir«, flüsterte ich. »Ich wollte nicht, dass das so ausartet. Das konnte ich nicht wissen.«
    Er lachte leise. Ich bekam eine Gänsehaut, als dieses Geräusch mein Ohr streichelte. »Dich trifft keine Schuld. Du warst nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Mehr nicht.«
    Ich nickte langsam. Vielleicht hatte er recht. Vielleicht hatte Emilia sich alles selbst zuzuschreiben, und zwar ausnahmslos alles.
    Längere Zeit herrschte Stille. Ich spürte, wie Valentins Blick auf mir lag, doch ich erwiderte ihn nicht. Mein Blick wanderte aus dem Fenster, wo die Sonne knapp über dem Horizont stand. War es schon wieder morgens? Wie lange hatte ich denn geschlafen? Jemand musste unbedingt meinen Chef anrufen, bevor der mir fristlos kündigte.
    Mein Chef. Irgendetwas verband ich mit ihm. Ein sehr unangenehmes Gefühl. Eines, das …
    Sofort wandte ich den Kopf wieder Valentin zu und erstarrte, als ich das breite Lächeln sah, das seine Züge zierte. Ich hatte etwas sagen wollen, aber von jetzt auf gleich schien es wie fortgeweht. »Was ist los?«, fragte ich leise.
    Er schüttelte den Kopf. Nach wenigen Sekunden Stille lächelte er noch wärmer. Automatisch musste ich mitlächeln.
    »Was ist los?«, wiederholte ich. »Wieso lächelst du mich so an?«
    Er hob eine Braue. »Verrate du es mir. Du bist doch diejenige, die Gedanken lesen kann.«
    Ich starrte ihn an.
    Und er lächelte noch wärmer.
    »Du hast gerade etwas gedacht«, murmelte ich. »Du hast gerade etwas gedacht, richtig?«
    Er nickte.
    Ich spürte, wie sich ein unkontrolliertes Lächeln in mein Gesicht schlich. Oh. Gott. »Was hast du gedacht?«
    Er senkte kurz den Blick, strich sich mit der freien Hand eine blonde Strähne hinters Ohr und lächelte mich wieder an. »Ich habe darüber nachgedacht, wie wunderschön du aussiehst.«
    Ich schluckte. »Wirklich?«, hauchte ich.
    Er nickte ehrlich. »Und danach habe ich darüber nachgedacht, wie sehr ich dich liebe.«
    »Oh mein Gott«, flüsterte ich. Ich begann zu zittern, meine Hand, die von Valentins umschlossen war, verkrampfte sich.
    Es hatte geklappt. Es hatte wirklich geklappt.
    »Du hast diese Gedanken nicht gehört, oder?«, fragte er.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein«, murmelte ich mit vor Aufregung bebender Stimme. »Nein, ich habe nicht ein einziges Wort gehört.«
    Valentin beugte sich zu mir hinunter und legte seine Lippen auf meine Stirn. Ich erzitterte unter seiner Berührung. Es sollte niemals enden. Er sollte genau so bleiben. Für immer.
    »Ich sollte mich bei Alex entschuldigen«, raunte er mir ins Ohr. Und wieder breitete sich eine Gänsehaut über meinen Körper aus, als ich seine Stimme hörte. »Er hat doch nicht immer unrecht.« Als er sich wieder von mir löste, griff ich intuitiv
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