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Fluegellos

Fluegellos

Titel: Fluegellos
Autoren: Lucy Cardinal
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machte ihn diese Situation – alles an ihr, bei Ninas Verschwinden angefangen – auch nur wahnsinnig und er bildete sich alles nur ein. Inklusive der Stimme, die gerade durch seinen Kopf gehuscht war.
    Er ging langsam auf den bronzenen Briefbeschwerer zu, der auf dem Boden lag. Mit zittrigen Fingern hob er ihn hoch.
    Blut glänzte an der Ecke.
    Das wischte den letzten Zweifel beiseite. Das war alles wirklich passiert. Nina war wirklich in seinem Kopf gewesen, und war gerade wirklich im Keller. Gefesselt.
    Er spürte Übelkeit in sich aufsteigen und stützte sich an der Wand ab.
    Reiß dich zusammen , dachte er und atmete durch. Mach was. Du musst hier verschwinden. Zusammen mit Nina.
    Er hörte Schritte, die sich ihm von hinten näherten.
    Emilia.
    »Du dreckige Schlampe«, brachte er hervor und wandte sich zu ihr um, den Briefbeschwerer noch immer in der Hand.
    Ihre perfekt blutrot geschminkten Lippen begannen zu zittern, als sie ihn sah.
    »Du hast Nina eingesperrt, richtig?«, fragte er leise.
    Sie versuchte, zu lächeln. »Wieso sollte ich?«
    »Lüg mich nicht an.«
    »Ich habe …«
    » LÜG MICH NICHT AN! «, brüllte er und packte sie an die Schultern. Er donnerte sie mit dem Rücken gegen die Wand und sie schrie kurz überrascht auf. Sie war so überrumpelt, dass sie den Mund öffnete, ohne ein Wort hervorzubringen. »Du hast den Verstand verloren«, zischte Valentin. »Du bist vollkommen wahnsinnig geworden.«
    Jetzt umspielte ein wortloses Lächeln ihren Mundwinkel. Er hatte recht.
    »Ich wusste es.« Er schüttelte den Kopf, ließ sie los und wirbelte herum. Er musste in den Keller. Er musste Nina befreien. Sofort.
    Er riss die Wohnungstür auf und wollte losrennen, als er plötzlich kräftige Arme spürte, die ihn von hinten packten und zurückrissen.
    »Du bleibst hier!«, rief Emilia und kratzte mit ihren spitzen Nägeln über seinen Unterarm. Valentin biss die Zähne zusammen und ignorierte den brennenden Schmerz.
    Emilia hatte das letzte bisschen Vernunft verloren.
    Er befreite sich aus ihrem Griff, rammte ihren Körper mit voller Wucht zurück und rannte letztlich los. Er schaffte es bis zur Treppe, nahm mehrere Stufen auf einmal und musste sich an der Wand abfangen, um nicht zu stürzen. Er musste in den Keller. JETZT!
    Er war im Erdgeschoss angelangt, als er in der Etage über sich einen wütenden Aufschrei und schließlich Schritte auf der Treppe hörte. Emilia war ihm dicht auf den Fersen. Viel zu dicht.
    Valentin stürmte die letzten paar Stufen hinunter und fand sich vor der Tür wieder, die in den Keller führte. Es war eine schwere Stahltür, die er bei seiner Unruhe nur mit Mühe aufgezerrt bekam. Doch vielleicht war das auch sein Vorteil. Vielleicht gelang das Emilia nicht so schnell und schenkte ihm so wertvolle Sekunden.
    Er hastete einen kurzen Flur entlang und bog nach rechts. Am Ende eines langen, komplett betonierten Ganges, befand sich der Keller. Sein Keller. Der zu Ninas Gefängnis geworden war.
    Er fing seine Geschwindigkeit erst auf den letzten Zentimeter ab und prallte mit voller Wucht gegen die Tür. Seine Schulter jagte ihm dabei einen höllischen Schmerz durch den Körper, der ihn kurz erstarren ließ. Weiße Sterne tanzten vor seinen Augen.
    Doch dann ertönte weit hinter ihm das Geräusch einer Türklinke, die hinuntergedrückt wurde.
    Dann ein quietschendes Scharnier.
    Von jetzt auf gleich war Valentin wieder vollkommen bei sich und zog die letzte Tür auf, die ihn noch von Nina trennte. Er ignorierte seine schmerzende Schulter. Das war jetzt egal.
    Kaum, dass die Tür hinter ihm wieder zugefallen war, sah er Nina. Sie saß vollkommen zusammengekauert am anderen Ende des Kellers, die Augen weit aufgerissen. Auf den ersten Blick erkannte er nur, dass ihre Hände hinter ihrem Rücken gefesselt waren.
    »Ich bin da«, brachte Valentin hervor und stürzte die letzten Meter auf sie zu. Er kniete sich hin, erfühlte hinter ihrem Rücken ein Seil, das um ein Rohr gewickelt worden war. Mit einem schnellen Griff löste er den Knoten
    Dann brach sie in Tränen aus. »Oh Gott«, hauchte sie, fiel ihm um den Hals und vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter.
    Es tat höllisch weh.
    »Wir kommen hier raus«, presste Valentin hervor und umfasste ihre Taille mit seinem gesunden Arm, um sie etwas von sich zu lösen. Der Schmerz wurde nur bedingt gedämpft, aber es tat gut, Nina bei sich zu spüren. Wie sie lebte.
    Er hörte die Schritte auf dem Gang zu spät. Kaum hatte sich die
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