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Flucht in die rote Welt

Flucht in die rote Welt

Titel: Flucht in die rote Welt
Autoren: John D. MacDonald
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achten Stock und ist gemietet auf den Namen meiner unseligen Tante Charla Maria Markopoulo O'Rourke. Ich mußte zwanzig Dollar Trinkgeld berappen, bis man mich endlich hereinließ, und das, nachdem ich den ganzen Weg von der Küste bis hierher per Flugzeug zurücklegte.«
    »Charla!« sagte er. Er wußte, wo er war und weshalb ihm der Akzent des Mädchens bekannt vorgekommen war. Bis zu diesem Augenblick hatte er geglaubt, in Montevideo zu sein. »Onkel Omar ist tot«, sagte er.
    »Mit dem idiotischen Kode können Sie bei mir gar nichts erreichen. Ich habe mich längst von Charlas Haien getrennt. Klein-Filiatra hat ihren Namen und ihr Aussehen geändert, weil sie es bis obenhin satt hatte, Charlas dreckige kleine Tricks mitzumachen. Ich bin jetzt Betsy Alden, amerikanische Staatsbürgerin und eine gute Schauspielerin, und wenn sie mich nicht sofort wieder freiläßt, schüttle ich ihr das Hirn aus dem Kopf.«
    »Wenn Sie ein Stückchen zurückgingen, könnte ich besser denken.«
    Sie ging ans Fußende des Bettes und starrte finster auf ihn herab. »Wo ist sie?«
    »Hören Sie, Sie scheinen zu glauben, daß ich für sie arbeite.«
    »Bitte, versuchen Sie es nicht auf die schlaue Tour, Kamerad.«
    »Also, Ehrenwort, mein Name ist Kirby Winter. Ich hatte gestern einen schrecklichen Tag. Ich glaube, ich war betrunken. Ich habe Charla gestern nacht irgendwo kennengelernt. Ich wußte nicht einmal, wie sie mit Nachnamen heißt. Ich habe keine Ahnung, wo sie ist. Und ich habe ebenfalls keine Ahnung, wovon Sie sprechen.«
    Das Mädchen sah ihn an und nagte an der Unterlippe. Das Mißtrauen und der Zorn schwanden langsam. Und dann betrachtete sie ihn mit kühler, spöttischer Verachtung.
    »Das tut mir aber schrecklich leid, Mister Winter. Ich hätte mir denken können, daß Sie nicht zum Team gehören. Sie sehen nicht klug genug aus. Mehr der Typ des Spielgefährten. Muskulös, ernsthaft und ordentlich. Aber daß Sie nicht mal ihren Namen wußten? Du liebe Güte! Charla bekommt wohl Torschlußpanik. Sagen Sie, ist sie nicht etwas zu alt für Sie?«
    Die Verachtung war noch schlimmer als ihr unerklärlicher Zorn.
    »Aber ich ...«
    »Melden Sie sich im Lohnbüro, bevor Sie entlassen werden, Mister Winter. Sie ist mit Trinkgeldern sehr großzügig.«
    Das Mädchen wirbelte herum und schlug die Tür hinter sich zu. Der Knall setzte sich bis in die fernsten Windungen seines verkaterten Gehirns fort und brachte seinen Magen in Unordnung. Kalter Schweiß brach ihm aus. Er legte sich zurück und schloß die Augen, während er gegen die Übelkeit ankämpfte. Er wollte, das Mädchen hätte trotz seines moralischen Kollers die Lichter ausgeschaltet. Ob es wohl möglich war, daß man verdurstete, während man von Magenkrämpfen geschüttelt wurde? Gleich würde er aufstehen und die Lichter ausschalten ...
     
    *
     
    Durch die geschlossenen Jalousien drang Tageslicht. Die Lichter waren ausgeschaltet. Er stand auf und tastete sich zum Bad. Er warf einen Blick auf die automatische Uhr. Sie war stehengeblieben. Er fühlte sich ausgeruht, durstig und hungrig. Er sah in den Spiegel und erblickte leicht verschleiert sein milde lächelndes Gesicht mit einem beträchtlichen Stoppelbart. Er fragte sich, ob er das mit dem Mädchen nicht nur geträumt hatte. Ebenso das von Montevideo und der Beerdigung. Daß die Sache mit Charla kein Traum gewesen sein konnte, wußte er mit absoluter Sicherheit. Er erinnerte sich an seine Erbschaft und war sofort kummervoll und niedergeschlagen. Aber diese Stimmung hielt nicht lange an.
    Nach der langen Dusche, der Rasur mit dem funkelnagelneuen Apparat, dem Gurgeln und dem Zähneputzen schlang er sich ein großes Handtuch um die Hüften und ging zurück ins Schlafzimmer. Jemand hatte die Jalousien hochgezogen. Goldener Sonnenlicht strömte herein. Ein großes Glas mit eisgekühltem Orangensaft stand auf dem Nachttischchen, und daneben lag eine Notiz – violette Tinte auf elegantem blaugrauem Papier. Er entzifferte die eingravierten Initialen C.M.M.O'R. Es wirkte wie eine verrückte Abkürzung von Commodore, und ihm wurde klar, daß er die Sache mit dem wütenden Mädchen nicht geträumt hatte. Charla Maria Markonochwas O'Rourke.
    »Kirby, Liebes. Ich hörte die Dusche. Du armer Kerl mußt wirklich am Ende deiner Kräfte gewesen sein. Heinzelmännchen werden gleich mit einer Art Care-Paket zu dir kommen. Deine Kleider habe ich weggeschafft, nachdem ich den Taschen-Inhalt auf die Spiegelkommode legte. Die Pakete
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