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Flucht in die rote Welt

Flucht in die rote Welt

Titel: Flucht in die rote Welt
Autoren: John D. MacDonald
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sind heutzutage so wie du.«
    »Wenn alle so wie ich wären, stünde das Fortleben unserer Rasse auf dem Spiel.«
    Sie zog ihn näher zu sich heran. Er küßte sie, zuerst verschämt, doch dann mit wachsender Begeisterung. Als er sie schließlich umarmen wollte, schob sie ihn mit einer kleinen Grimasse weg. »Nein, Liebes, Joseph und ich mögen dich sehr gern. Du hast eine scheußliche Zeit hinter dir, und Joseph sagte, daß ich mich um dich kümmern sollte. Nun spring schon ins Heia-Bett, zieh die Pyjama-Jacke aus und lege dich auf den Bauch. Meine Massage wird dir guttun.«
    »Aber ...«
    »Liebling, sei bitte nicht lästig. Wir wollen doch unsere Freundschaft nicht so rasch platzen lassen ...«
    »Wenn du es so meinst ...«
    »Pst. Du wirst schon noch mein Liebhaber, vielleicht bald. Wer weiß? Die Spannung hat auch ihre Reize. Und nun sei ein braver Junge.«
    Er legte sich auf den Bauch. Sie knipste alle Lichter bis auf eines aus, goß etwas Kühles und Aromatisches über seinen Rücken und knetete seine Muskeln mit kräftigen Fingern durch.
    »Du hast großartige Muskeln, Liebes.«
    »So?«
    »Dynamische Anspannung.«
    »Was?«
    »Oh. Und jetzt ganz lockerlassen. Gib dich der Dunkelheit hin, Kirby. Und dem Gefühl. Nur dem Gefühl.«
    »Hmm.«
    »Ausruhen, Liebes, ausruhen.«
    Ihre sanften Hände streichelten die ganze Anspannung fort. Er war so völlig erschöpft, daß er am liebsten sofort in tiefen Schlaf versunken wäre. Aber ihre Berührung, ihre sanfte Stimme, das Bewußtsein ihrer erotischen Ausstrahlung ließen ihn weiter auf der Oberfläche der Träume dahingleiten. Sie summte, und die Melodie kam ihm bekannt vor. Irgendein ausländischer Film, wenn er sich nicht täuschte.
    Er dachte an die Nacht vom Mittwoch. Wie lange war das jetzt her? Siebenundfünfzig Stunden? Ja. Da hatte ihn die Nachricht in seinem Hotel in Montevideo erreicht. Der alte Herr war tot. Omar Krepps. Onkel Omar. Es schockierte ihn irgendwie, daß der Tod es fertiggebracht hatte, seine Finger nach dem merkwürdigen kleinen Mann auszustrecken.
    Während er an die Rückreise dachte, sank er tiefer in den Schlaf. Die Düsen dröhnten, und er spürte vage, wie Charla ihm die Pyjama-Jacke anzog. Ihre Lippen schlossen sich über seinem Mund, doch als er Charla an sich ziehen wollte, war sie verschwunden.
     

 
2
     
    Kirby wurde von einem schlaksigen jungen Mädchen, das er noch nie zuvor gesehen hatte, aus dem Schlaf gerüttelt. Alle Lichter im Zimmer waren eingeschaltet. Er stützte sich auf. Sie umrundete das Bett so schnell, daß es schwer war, sie im Sichtkreis zu behalten. Sie kreischte ihn an, und die Worte ergaben keinen Sinn. Sie hatte eine wilde, weißblonde Mähne, wütende grüne Augen und ein hageres Gesicht, das zornrot aussah. Sie trug ein korallenrotes Hemd, enge, gestreifte Hosen und eine Strohtasche in der Größe einer Wirbeltrommel.
    Es dauerte eine ganze Zeitlang, bis er erkannte, daß sie ihn in einer fremden Sprache anschrie.
    Als sie endlich Luft holte, sagte er schwach: »No comprendo, Señorita.«
    Sie schaltete sofort auf einen spanischen Wortschwall um. Er selbst sprach ganz gut Spanisch, aber so gut auch wieder nicht. Eines war ihm allerdings klar: Ihre Idiome hätten jeden Taxichauffeur von Mexiko City in die Flucht getrieben.
    »Mas despacio, por favor«, bettelte er, als sie wieder Luft holte.
    Sie sah ihn aus schmalen Augen an. »Genügt vielleicht Englisch?«
    »Wozu?«
    »Wo ist meine verflixte Tante, und was zum Teufel bildet sie sich eigentlich ein, mich von der ersten duften Fernsehrolle wegzuschleppen, die mir heuer angeboten wurde? Sie kann mich doch nicht einfach herholen, als wäre ich ihre Sklavin! Und wo ist dieser widerliche Joseph, Freund? Wagen Sie es nicht, die beiden zu verleugnen. Ich bin noch immer mit Charlas schleimigen Sekretär-Typen fertig geworden. Los, heraus mit den Tatsachen, und möglichst fix!«
    Die Nase mit den zitternden Nasenflügeln war nur Zentimeter von ihm entfernt. »Na? Tatsachen, Kamerad!«
    Sie hatte einen schwachen Akzent, und irgendwie kam er ihm vertraut vor.
    »Ich glaube, Sie sind im falschen Zimmer.«
    »Sie glauben es, und ich weiß es. Ich bin hergekommen, weil die anderen Räume der Suite leer sind – deshalb bin ich im falschen Zimmer.«
    »Suite?«
    Sie stampfte mit dem Fuß. »Suite! Jawohl, Suite. Mein Gott, nun spuren Sie doch endlich, Kamerad. Kommen Sie zurück in die Wirklichkeit. Diese protzige Suite befindet sich im Hotel Elise, Miami Beach, im
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