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Fluch der Leidenschaft

Fluch der Leidenschaft

Titel: Fluch der Leidenschaft
Autoren: Jo Beverley
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Gefühl, Kind. Du hast ein gutes Gespür.« Also gut, sie würde ihre Last noch ein wenig länger tragen.
    Sie folgten einem jungen Paar über den Damm. Die beiden erweckten den Eindruck, als seien sie Gaukler oder ähnliches Volk; Imogen beneidete sie um ihren leichten Schritt. Sie blickte zu Boden und entdeckte an ihrem rechten Fuß einen Blutfleck. Erschreckt stieß sie einen leisen Schrei aus. Nun erst merkte Imogen, dass sie sich am äußersten Rand des Damms befand. In ihrer Erschöpfung war sie beim Gehen geschwankt und der mit scharfen Steinen gespickten Böschung gefährlich nahe gekommen. Siward zog sie zurück, und sie blickte noch einmal auf ihre Füße. Sie hatten sich zwar wund angefühlt, aber nie hätte sie gedacht, dass sie tatsächlich bluteten.
    »Komm schon!«, fuhr Siward sie an. »Weiter, Weib!«
    Imogen bemerkte, dass die Gaukler stehen geblieben waren und sie und Siward beobachteten. Sie war sich nicht sicher, ob sie würde weitergehen können, aber sie konnte auch nicht hier stehen bleiben.
    »Los, weiter!«, befahl eine Stimme. Als Imogen aufschaute, sah sie am Burgtor zwei bewaffnete Reiter, die ihnen energisch zuwinkten und ihre tänzelnden Pferde im Zaum hielten. »Macht vorwärts, Leute!«, rief der eine erneut. »Aus dem Weg mit euch, verdammt!«
    Die Furcht, von den beiden über den Haufen geritten zu werden und im Burggraben zu landen, verlieh Imogen Kraft, und sie wankte so schnell sie konnte vorwärts. Die Reiter warteten, doch sobald der Damm frei war, galoppierten sie in Windeseile darüber, als sei er eine bequeme, breite Straße.
    Festzustellen, dass die beiden es so eilig hatten und dennoch niemanden niederritten, ließ Imogen neuen Mut schöpfen. So ein schlimmer Ort konnte die Burg Cleeve wohl nicht sein. Letztendlich wurden die Umgangsformen einer Burg durch deren Herrn geprägt.
    Sie näherten sich den beiden Wachen, die die Ankömmlinge ohne großes Interesse musterten. »Geschäfte?«
    Siward blickte zu Imogen. Sie hatte erwartet, einfach in die Burg hineinzugehen, ihren Namen zu nennen und so Lord FitzRogers Unterstützung zu gewinnen. Doch nun, da sie sich entschlossen hatte, ihre Anonymität noch zu wahren … welchen Grund für ihr Kommen konnte sie angeben?
    »Wir sind hier, um Gerechtigkeit zu erbitten, Sir«, murmelte sie mit einem starken Akzent. »Gerechtigkeit von Lord FitzRoger.«
    Einer der Wachmänner rieb sich die gebrochene Nase. »Nun, da habt ihr euch einen schlechten Zeitpunkt ausgesucht, Weib. Der Herr ist sehr beschäftigt.«
    »Ja«, meinte der andere grinsend. »Aber er verteilt doch Gerechtigkeit, Harry!«
    Die beiden lachten rau über den Scherz, und dadurch veränderte sich Imogens Eindruck von diesem Ort. Sie spürte plötzlich das Verlangen zu fliehen, doch die Wachen winkten sie durch. »Geht hinein. Vielleicht hat er ja Zeit für euch. Wartet rechts vom Wachzimmer.«
    »Warten« verstand Imogen in ihrer Erschöpfung als »ausruhen«. Sie zwang ihre Füße, den Weg durch die lange, dunkle Passage zu dem geschäftigen Burghof hin zu nehmen – ein von einem Bogen eingefasstes Bild, das von der Abendsonne golden beleuchtet wurde.
    Sie liefen mitten ins Chaos. Eine kleine Armee von Menschen hielt sich in dem Hof auf, dazu Pferde, Hunde, Jagdfalken und diverses Vieh. Lord FitzRoger war zweifelsohne sehr beschäftigt. Doch Imogen kümmerte das im Moment nicht mehr; sie fand ein freies Mauerstück, ließ ihr Bündel fallen und setzte sich darauf. Dann betrachtete sie ihre Füße und fragte sich, was besser wäre – die Tücher und Sandalen abzunehmen oder nicht.
    »Was wollt Ihr jetzt tun?«, murmelte Siward neben ihr.
    Mich nie mehr bewegen, dachte sie. Doch sie war Imogen von Carrisford, und ihre Leute waren auf sie angewiesen. Sie musste etwas tun. Aber bitte, lieber Gott, erst in ein oder zwei Minuten.
    »Diesen Ort kennenlernen«, antwortete sie leise. Ihr Instinkt warnte sie noch immer, auch wenn sie dafür keinen Grund nennen konnte. »Glaubst du, wir könnten es so bis nach London schaffen?«, fragte sie.
    Siward warf ihr einen erschrockenen Blick zu. »Das wäre äußerst riskant, Lady. Ungeschützte Fremde sind immer in Gefahr, in Zeiten wie diesen umso mehr. Könntet Ihr denn so weit laufen?«
    »Vielleicht, aber nur mit ordentlichen Schuhen«, klagte sie.
    »Hungernde Bauern haben aber keine ordentlichen Schuhe«, erwiderte er.
    Imogen verfiel in Schweigen und versuchte, die Szene um sie herum in sich aufzunehmen.
    Packpferde wurden
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