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Fluch der Leidenschaft

Fluch der Leidenschaft

Titel: Fluch der Leidenschaft
Autoren: Jo Beverley
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dem berühmten honiggoldenen Haar des »Schatzes von Carrisford« Ausschau hielt. Die feinen Lederschuhe hatten bäuerlichen Sandalen mit rauen Leinenstreifen weichen müssen. Anfangs hatten ihre Füße wie von verbundenen Wunden übersät ausgesehen; jetzt fühlten sie sich auch so an. Und ihre Kleidung war extrem ärmlich und verschmutzt. Ihr eigener Geruch war ihr zuwider, die Trageriemen ihres Bündels scheuerten die Haut auf, und zahlreiche juckende Insektenstiche plagten sie.
    Aber am schlimmsten von allem war der Wanst, den Siward konstruiert und den sie mit den breiten Tüchern von der Art an den Körper gebunden hatte, wie schwangere Frauen sie benutzten. Es sah aus, als sei sie kurz vor der Entbindung, und diese Täuschung würde nicht erkannt werden, solange man die Tücher nicht entfernte.
    Die Schwangerschaft war ihre eigene Idee gewesen. Sie würde ihre Feinde in die Irre führen, hatte Imogen gedacht, und ihr einen einigermaßen sicheren Schutz vor Vergewaltigung und anderen Grausamkeiten bieten. Wenn sie diese Täuschung auch noch über die Reise hinaus aufrechterhalten konnte, würde sie womöglich sogar noch zweckdienlicher sein. Denn selbst wenn sich FitzRoger mehr als Raubtier denn als Paladin erweisen sollte, würde er zögern, eine Frau zu heiraten, die das Kind eines anderen Mannes trug. Schließlich würde dies das Risiko mit sich bringen, es als sein eigenes anerkennen zu müssen.
    Sollte die Gefahr einer Zwangsheirat drohen, so würde sie behaupten, der Vater des Kindes sei Gerald von Huntwich. Da sie offiziell mit ihm verlobt gewesen war, würde dies die Erbsituation unklar genug erscheinen lassen, um bei jedem Mann Bedenken zu schüren. Anfangs war sie sich selbst sehr klug vorgekommen, mit einem solchen Plan aufwarten zu können, doch inzwischen verfluchte sie ihn.
    Ursprünglich hatte sich der mit Farnkraut und Sand gefüllte Beutel nämlich gar nicht so schwer angefühlt, doch das hatte sich inzwischen gründlich geändert. Sie war überzeugt, dass nicht einmal ein wirkliches Baby so schwer zu tragen sein würde.
    Ein Gutes aber hatte all dies: Sie musste sich nicht mehr verstellen, um statt wie eine reiche junge Dame wie eine unterdrückte Bäuerin zu wirken. In der Tat schaute sie zu der Burg auf wie zu einer Zuflucht. Dort würde sie ihre Lumpen ablegen und wieder Lady Imogen sein können, der Schatz von Carrisford, die Blume des Westens.
    Obwohl sie das Aufblicken schmerzte, betrachtete Imogen die Burg von Bastard FitzRoger genau. Castle Cleeve war abweisender als Carrisford, seine Konturen weniger elegant, doch es wirkte vertrauenerweckend. Es war auf einen Felsen gebaut und zusätzlich durch einen tiefen Graben unmittelbar vor den hohen Mauern geschützt. Vor dem Tor war der Graben mit einem Damm überbrückt, der gerade breit genug war, um einen einzelnen Karren passieren zu lassen. Während Imogen mit Siward darauf zuhumpelte, dachte sie darüber nach, dass sie nicht gerne ein Feind gewesen wäre, der diesen Weg unter einem Geschosshagel beschreiten musste.
    Am Beginn des Damms legten sie eine kurze Rast ein. Der Tag ging langsam zur Neige, und viele Menschen waren dabei, einen Platz zum Abendessen oder zum Schlafen zu suchen. Imogen hatte nicht mit so viel Betriebsamkeit gerechnet.
    »Was ist hier wohl los?«, fragte sie Siward.
    »Wer weiß?«, brummte er verdrossen. »Vielleicht ist FitzRoger gerade angekommen, oder er reist gerade ab.«
    »Er reist ab«, wiederholte Imogen alarmiert. »Er kann doch jetzt nicht abreisen!«
    »Wenn er erst einmal Eure Nachricht gehört hat«, versuchte Siward sie zu beruhigen, »wird er schon hierbleiben. Ihr könnt den falschen Bauch jetzt abnehmen, Mylady. Jetzt sind wir in Sicherheit.«
    Doch nach einem Blick auf den Damm und das gut bewachte Tor beschloss Imogen, diese Vorsichtsmaßnahme fürs Erste beizubehalten. »Sie scheinen die Leute bereitwillig ein und aus gehen zu lassen«, murmelte sie. »Vielleicht ist es besser, wir behalten unsere Verkleidung bei, bis wir wissen, was hier vor sich geht. Und bis wir mehr über FitzRoger in Erfahrung gebracht haben. Es dürfte doch nicht so schwer sein, herauszubekommen, was seine Leute über ihn denken.«
    »Wenn Ihr den Bastard nicht um Hilfe bitten wollt«, fragte Siward leicht ungeduldig, »was wollt Ihr dann tun?«
    Die Möglichkeit, ihre Wanderung fortzusetzen, war für Imogen ausgeschlossen; dennoch blieb sie argwöhnisch. Sie erinnerte sich an die Worte ihres Vaters: »Hör auf dein
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