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Flieh Wenn Du Kannst

Flieh Wenn Du Kannst

Titel: Flieh Wenn Du Kannst
Autoren: Joy Fielding
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achtunddreißig«, antwortete Bonnie.
    Captain Mahoney schien überrascht über die Genauigkeit der Zeitangabe.
    »Ich habe im Auto eine Digitaluhr«, erklärte Bonnie und empfand ihre Worte im selben Augenblick als hoffnungslos albern. Sie kicherte und sah, wie Befremden die Neugier in den Gesichtern der Anwesenden im Zimmer verdrängte. Eine Tote war im Haus! Sie war ermordet worden. Es war nicht etwa irgendeine beliebige Person – es war die geschiedene Frau ihres Mannes. Und sie selbst hatte man gesehen, wie sie mit Blut an den Händen vor der Toten gestanden hatte. Das war entschieden nicht komisch. Bonnie lachte wieder, lauter diesmal.
    »Finden Sie hier etwas erheiternd, Mrs. Wheeler?« fragte Captain Mahoney.
    »Nein«, antwortete sie und würgte gleichzeitig einen neuerlichen aufsteigenden Schwall von Gelächter ab, so daß ihre Stimme brüchig und verzerrt klang. »Nein, natürlich nicht. Ich bin wahrscheinlich nur etwas nervös. Tut mir leid.«
    »Haben Sie einen Grund, nervös zu sein?«
    »Ich verstehe nicht.«
    Detective Kritzic kam zum Sofa und setzte sich neben sie. »Möchten Sie uns vielleicht etwas sagen, Mrs. Wheeler?« Ihre Stimme nahm einen mütterlichen Ton an, der zu dem mädchenhaften Gesicht in Widerspruch stand.
    »Ich möchte meinen Mann anrufen«, sagte Bonnie zum drittenmal.
    »Wir wollen das hier doch erst fertigmachen, wenn Sie gestatten, Mrs. Wheeler.« Detective Kritzics Stimme hatte wieder ihren früheren Ton. Alle Schwingungen nachsichtiger Mütterlichkeit waren schlagartig verschwunden.
    Bonnie zuckte mit den Achseln. Hatte sie denn eine Wahl?
    »Sie kamen also um zwölf Uhr achtunddreißig hier an«, wiederholte Captain Mahoney und wartete, daß Bonnie fortfahren würde.
    »Die Tür war angelehnt, da bin ich ins Haus gegangen«, erklärte Bonnie und ließ die Ereignisse noch einmal vor sich ablaufen. »Ich hörte Stimmen, die aus dem hinteren Teil des Hauses kamen, und wollte nicht stören, deshalb hab’ ich erst ein paar Minuten hier im Wohnzimmer gewartet, bevor ich in die Küche ging.«
    »Haben Sie jemanden gesehen?«
    »Nur Joan. Sonst war niemand hier. Die Stimmen, die ich gehört hatte, kamen aus dem Radio.«
    »Und dann?«
    »Und dann...« Bonnie zögerte. »Zuerst dachte ich, sie sei nur völlig betrunken. Sie saß am Tisch und hatte so einen leeren Blick. Ich bin zu ihr gegangen, und ich glaube, ich habe sie angefaßt.« Bonnie blickte zu ihren blutigen Fingern hinunter. »Ja, ich muß sie angefaßt haben.« Sie schluckte. »Und da hab’ ich begriffen, daß sie tot war. Dann hab’ ich geschrien, und sie auch.« Sie warf einen Blick auf Margaret Palmay. »Und dann hab’ ich die Polizei angerufen.«
    »Woher wußten Sie, daß Joan Wheeler erschossen worden war?«
    »Wie bitte?« »Sie sagten bei Ihrem Anruf, eine Frau sei erschossen worden.«
    »Ach ja? Hab’ ich das gesagt?«
    »Wir haben es auf Band, Mrs. Wheeler.«
    »Ich weiß nicht, woher ich das wußte«, antwortete Bonnie wahrheitsgemäß. »Mitten in ihrer Bluse war ein Loch. Ich habe es wohl einfach angenommen.«
    »Hat jemand Sie kommen sehen, Mrs. Wheeler?«
    »Nicht daß ich wüßte.« Warum fragte er das?
    »Üben Sie einen Beruf aus, Mrs. Wheeler?«
    »Ja. Ich bin Lehrerin«, antwortete Bonnie und fragte sich, inwiefern ihre berufliche Tätigkeit hier von Belang war.
    »In Newton?«
    »In Weston.«
    »Und an welcher Schule unterrichten Sie?«
    »An der höheren Schule in Weston Heights. Ich unterrichte Englisch.«
    »Um welche Zeit sind Sie aus der Schule weggegangen?«
    »Ich hatte heute keinen Unterricht. Wir haben heute einen Weiterbildungstag. Zur beruflichen Fortbildung«, erklärte Bonnie. »Ich habe an einem Symposion in Boston teilgenommen. Ich bin kurz vor zwölf dort weggegangen.«
    »Und Sie haben für die Fahrt von Boston nach Newton über vierzig Minuten gebraucht?« fragte er skeptisch.
    »Der Massachusetts Turnpike war wegen eines Verkehrsunfalls blockiert«, sagte Bonnie. »Das hat mich aufgehalten.«
    »Hat jemand Sie weggehen sehen?«
    »Das weiß ich wirklich nicht. Ich hab’ versucht, mich möglichst unauffällig davonzustehlen. Warum?« fragte sie plötzlich. »Warum stellen Sie mir diese Fragen?«
    »Sie sagen, daß die geschiedene Frau Ihres Mannes bereits tot war, als Sie hier eintrafen«, stellte er fest.
    »Ja, natürlich sage ich das. Was sollte ich denn sonst sagen?« Bonnie sprang auf. »Was ist hier eigentlich los? Werde ich verdächtigt?« Logisch, ich bin verdächtig,
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