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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen
Autoren: Terry Pratchett
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Piratenreich! Sie haben mein Schiff geentert! In den Gewässern von Ankh-Morpork!«
    Die Antwort war ein allgemeines selbstgerechtes Murmeln.
    »Was haben sie dir gestohlen, Herr Jenkins?« fragte jemand aus der Menge.
    »Eine Ladung erlesener Seide!«
    Die Zuhörer schnappten empört nach Luft.
    »Ach? Keine getrockneten Fischinnereien und für den Verzehr ungeeignetes Fleisch? Das ist doch deine normale Fracht, oder?«
    Herr Jenkins reckte den Hals, um zu sehen, von wem diese Worte stammten.
    »Erlesene Seide!« wiederholte er. »Und schert sich die Stadt darum? Nein!«
    »Eine Schande!« tönte es hier und dort.
    »Wurde das Verbrechen der Stadt mitgeteilt?« fragte jemand.
    Nicht nur Herr Jenkins reckte den Hals, sondern auch einige der Zuhörer. Und dann wichen die Leute beiseite, als sie Kommandeur Mumm von der Stadtwache erkannten.
    »Nun, ich…«, begann Jenkins. »Äh… ich…«
    »
Ich
schere mich um so etwas«, betonte Mumm. »Es dürfte eigentlich nicht weiter schwierig sein, eine Ladung erlesene Seide zu finden, die nach Fischinnereien stinkt.« Gelächter erklang. Die Bürger von Ankh-Morpork mochten Abwechslung bei ihrem Straßentheater.
    Mumm wandte sich an Feldwebel Detritus, während sein Blick auf Jenkins gerichtet blieb. »Detritus, bitte begleite Herrn Jenkins. Sein Schiff ist die
Milka,
glaube ich. Er wird dir Frachtbriefe, Rechnungen und Empfangsbescheinigungen und dergleichen zeigen. Es dauert bestimmt nicht lange, dieser Sache auf den Grund zu gehen.«
    Mit einem lauten
Klong
stieß Detritus’ Hand an den Helm.
    »Jawohl, Herr Kommandeur!«
    »Äh… äh… das geht nicht«, brachte Jenkins hervor. »Sie, äh… haben auch die Frachtpapiere und alle anderen Unterlagen gestohlen…«
    »Wirklich? Damit sie das Zeug im Laden umtauschen können, wenn es nicht paßt?«
    »Äh… und außerdem ist das Schiff wieder in See gestochen. Ja, genau! Ich muß versuchen, die erlittenen Verluste auszugleichen!«
    »Das Schiff ist ohne seinen Kapitän aufgebrochen?« erkundigte sich Mumm. »Vermutlich steht es unter dem Befehl des Ersten Offiziers Skoplett?«
    »Ja, ja…«
    »Na so was!« Mumm schnippte übertrieben mit den Fingern. »Der Mann, den wir in der vergangenen Nacht wegen frecher Betrunkenheit eingesperrt haben… Ich schätze, wir müssen ihm auch noch zur Last legen, daß er einen falschen Namen benutzt hat. Das bedeutet mehr verdammten Papierkram für uns. Die Aktenberge werden immer höher…«
    Jenkins versuchte, sich vom Kommandeur abzuwenden, aber Mumm hielt seinen Blick fest. Das Zittern seiner Lippen deutete darauf hin, daß er eine scharfe Antwort vorbereitete, doch er gelangte noch rechtzeitig zu folgender Erkenntnis: Mumms Grinsen war ebenso humorvoll wie jenes, das sich einem Ertrinkenden ziemlich schnell nähert und oben mit einer Flosse ausgestattet ist.
    Jenkins traf die kluge Entscheidung, seine Rede zu beenden. »Ich… äh… ich gehe jetzt besser und… äh… ja, ich gehe jetzt und kümmere ich mich um… äh…« Er bahnte sich einen Weg durch die Menge und verschwand. Das Publikum blieb noch ein wenig, in der Hoffnung, daß sich weitere interessante Dinge zutrugen. Als nichts geschah, machten sich die Leute enttäuscht auf die Suche nach anderer Unterhaltung.
    »Du möchtest, daß ich mir ansehe das Boot?« fragte Detritus.
    »Nein, Feldwebel. Es gibt weder Seide noch Frachtpapiere an Bord, nur den allgegenwärtigen Geruch von Fischinnereien.«
    »Meine Güte. Die verdammten Klatschianer alles stehlen, was nicht festgenagelt ist, wie?«
    Mumm schüttelte den Kopf und schlenderte weiter. »Es gibt keine Trolle in Klatsch, oder?«
    »Nein. Es liegen an der Hitze. Troll-Gehirne in Hitze nicht funktionieren. Wenn ich nach Klatsch ginge«, sagte Detritus, und seine Fingerknöchel strichen mit einem leisen Plock-plock übers Kopfsteinpflaster, »ich richtig
dumm
wäre.«
    »Detritus?«
    »Ja, Herr Kommandeur?«
    »Geh nie nach Klatsch.«
    »Nein, Herr Kommandeur.«
    Ein anderer Redner hatte ein wesentlich größeres Publikum angelockt. Er stand vor einem großen Spruchband, das verkündete: DREKIGE AUSLENDISCHE FINGER WEG VON LESHP.
    »Leshp«, sagte Detritus. »Das ein Name sein, der sich sofort festbeißen.«
    »So heißt das Land, das aus dem Meer aufgestiegen ist«, erklärte Mumm niedergeschlagen.
    Sie hörten zu, als der Redner von Ankh-Morporks Pflicht sprach, die Blutsverwandten auf dem neuen Land zu schützen. Detritus wirkte verwirrt.
    »Wie es sein kann, daß es
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