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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen
Autoren: Terry Pratchett
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wir festsitzen?«
    Les versuchte, ein Ruder aus dem Etwas zu ziehen, das sich aus dem sprudelnden Meer erhob.
    »Sieht wie ein… Huhn aus, Vater!«
    Unterhalb der Meeresoberfläche hörten sie ein Geräusch. Es klang nach einem Gong oder einer Glocke, die langsam hin und her schwang.
    »Hühner können nicht schwimmen!«
    »Dieses Huhn besteht aus Eisen, Vater!«
    Fester eilte zum Heck des Bootes.
    Es schien
tatsächlich
ein Huhn aus Eisen zu sein. Es trug einen Mantel aus Tang und Muscheln. Wasser tropfte herab, als sich das Ding den Sternen entgegenreckte.
    Das Gebilde hockte auf einer kreuzförmigen Hühnerstange.
    Buchstaben bildeten die vier Enden des Kreuzes.
    Fester hielt die Laterne etwas näher.
    »Was zum…«
    Hastig zog er das Ruder frei und setzte sich neben seinen Sohn.
    »Ruder, was das Zeug hält, Les!«
    »Was ist denn los, Vater?«
    »Sei still und ruder! Wir müssen so schnell wie möglich fort von hier!«
    »Kommt ein Ungeheuer aus dem Meer, Vater?«
    »Etwas viel Schlimmeres als ein Ungeheuer!« rief Fester, als die Ruder durchs Wasser pflügten.
    Das Objekt hatte inzwischen eine eindrucksvolle Höhe erreicht. Offenbar stand es auf einer Art Turm…
    »Was ist es, Vater?
Was ist es

    »Ein verdammter Wetterhahn!«
     
    Im großen und ganzen hielt sich die geologische Aufregung in Grenzen. Das
Versinken
von Kontinenten geht für gewöhnlich einher mit Vulkanausbrüchen, Erdbeben und ganzen Flotten von kleinen Booten, mit denen alte Männer aufbrechen, um Pyramiden und mystische Steinkreise in irgendeinem neuen Land zu bauen, wo die Verwalter von uralter okkulter Weisheit darauf hoffen dürfen, daß sie auf junge Frauen attraktiv wirken. Doch das Aufsteigen dieser Landmasse verursachte kaum Störungen in der allgemeinen Struktur. Sie schlich an ihren alten Platz zurück, wie eine Katze, die einige Tage fort gewesen ist und weiß, daß man sich wegen ihr Sorgen gemacht hat.
    An den Küsten des Runden Meers schlug eine große Welle auf – als diese das Ufer erreichte, war sie nur noch etwas mehr als anderthalb Meter hoch –, die ein wenig Aufsehen erregte. In manchen sehr tief gelegenen Sumpfregionen wurden einige Dörfer überschwemmt, aber dort wohnten ohnehin nur Leute, um die sich niemand scherte. Rein geologisch gesehen, geschah nicht sehr viel.
    Rein geologisch gesehen.
     
    »Es ist eine
Stadt,
Vater! Sieh nur all die Fenster und…«
    »Du sollst still sein und rudern!«
    Meerwasser floß über die Straßen. Auf beiden Seiten stiegen große, algenverkrustete Gebäude aus den brodelnden Fluten.
    Vater und Sohn versuchten, das Boot zu stabilisieren, als es von den Fluten mitgerissen wurde. Unglücklicherweise blickten sie beim Rudern in die falsche Richtung, weshalb sie das andere Boot zu spät bemerkten.
    »Irrer!«
    »Dummkopf!«
    »Rühr das Gebäude nicht an! Dieses Land gehört Ankh-Morpork!«
    Die beiden Boote drehten sich auf einem kurzlebigen Strudel.
    »Im Namen des Serifen von Al-Khali erhebe ich Anspruch auf dieses Land!«
    »Wir haben es zuerst gesehen! Les, sag ihm, daß wir es zuerst gesehen haben!«
    »Wir haben es zuerst gesehen, bevor ihr es zuerst gesehen habt!«
    »Les, du bist Zeuge, er hat versucht, mich mit dem Ruder zu schlagen!«
    »Aber Vater, so wie du den Dreizack schwingst…«
    »Sieh nur die alles andere als vertrauenswürdige Art, in der er uns angreift, Akhan!«
    Unter dem Kiel der beiden Boote knirschte es. Sie neigten sich zur Seite und sanken dabei in den Schlamm des einstigen Meeresgrunds.
    »Da drüben steht eine interessante Statue, Vater…«
    »Er hat seinen Fuß auf klatschianischen Boden gesetzt! Der Tintenfischdieb!«
    »Nimm die schmutzigen Sandalen vom Territorium Ankh-Morporks!«
    »Oh,
Vater

    Die beiden Fischer schrien sich nicht mehr an, hauptsächlich deshalb, weil sie Luft holen mußten. Krabben krabbelten davon. Wasser floß von Tangfladen und schuf Rinnen im grauen Schlick.
    »Da drüben gibt es bunte Fliesen…«
    »Es gehört mir!«
    »Nein,
mir

    Les sah Akhan an. Sie wechselten einen sehr kurzen Blick, der trotzdem viele Informationen übermittelte, vor allem die enorme Verlegenheit darüber, einen Vater zu haben.
    »Vater, es ist nicht nötig, daß wir…«, begann Les.
    »Sei still, Junge! Es geht um deine Zukunft…«
    »Ja, aber was spielt es für eine Rolle, wer dieses Land zuerst gesehen hat, Vater? Wir sind beide mehrere hundert Meilen von der Heimat entfernt! Ich meine, wer
weiß
denn von dieser Sache?«
    Die beiden
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