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Flesh Gothic (German Edition)

Flesh Gothic (German Edition)

Titel: Flesh Gothic (German Edition)
Autoren: Edward Lee
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in der Ecke eines Raums, der Blut zu schwitzen schien, kauerte Jane Scharr alias Janey Jism. Mit drogenbenebeltem Blick lugte sie zwischen den Schenkeln hervor, in denen sie ihr Gesicht vergraben hatte. Im selben Moment knallte ihr die Axt gegen die Stirn und spaltete den Schädel. Dann wurden ihr mit stummen Schlägen Hände und Füße abgehackt und ihr noch zuckender Körper hochgehoben und auf einen Stapel weiterer zerhackter Leiber geschleudert. Die Frau, die sie eben noch oral verwöhnt hatte, griff sich ihre abgetrennte Hand und benutzte sie, um damit zu masturbieren ...
    Das hatte Willis gereicht.
    Und nun war er unterwegs, um mehr davon zu sehen, weil er das Geld unbedingt brauchte.
    Was bin ich doch für eine Nutte, dachte er an seinem Fensterplatz.
    Kalifornien hatte er längst hinter sich gelassen, die anderen Bundesstaaten zogen draußen verschwommen vorbei. Er hoffte, der Bus würde noch vor Sonnenuntergang am Ziel eintreffen.
    Der Lautsprecher knackte, und die fröhliche Stimme des Fahrers verkündete: »Werte Fahrgäste, Sie können anfangen, zusammenzupacken. Ninth Street North, St. Petersburg, Florida, liegt gleich am Ende der Mautstraße. Wir treffen in etwa 15 Minuten am Busbahnhof ein.«
    Gott sei Dank, dachte Willis.
    »’tschuldigung, Sir«, sprach ihn überraschend eine dicke, verwahrlost wirkende Frau an. »Wir sin’ fast in St. Petersburg, und ich bin komplett blank. Hätten Se wohl ’n Dollar Busgeld für mich? Muss meine Tochter besuchen.« Und dann packte sie seine Hand.
    Willis zuckte zurück und hätte beinahe laut aufgeschrien. Durch diese flüchtige Berührung, diese Taktion, schoss ein stummer Strahl tiefster Schwärze in seinen Geist – das gebrochene Herz einer Mutter, als sie von der Polizei erfährt, dass ihrem Sohn auf dem Heimweg von der High School aus einem fahrenden Auto eine Kugel in den Kopf gejagt wurde. Und es blieb nicht bei dem bloßen Gefühl, es wurde von flüchtigen Bildern begleitet: ein explodierender Schädel, durch die Luft spritzende Gehirnmasse ...
    »Rühren Sie mich nicht an, rühren Sie mich nicht an!«, brüllte er und wich so weit wie möglich von ihr zurück.
    »Du meine Güte, ich hab Sie ja bloß gefragt ...«
    Willis stieß die Visionen von sich weg; er hatte gelernt, sich rasch zu fangen. »Schon gut, schon gut, tut mir leid«, sprudelte er hervor und setzte ein gespieltes Lächeln auf. »Sie haben mich nur erschreckt. Hier.« Damit drückte er ihr einen 20-Dollar-Schein in die Hand.
    Ihr breites Gesicht wirkte verwirrt und erstaunt zugleich. »Danke vielmals, Sir. Gott segne Sie.«
    Willis seufzte und schloss die Augen. »Möge er Sie auch segnen.«
    III
    »Wir sind reich«, stellte Straker ohne sonderliche Begeisterung fest.
    »Reich? Willste mich verscheißern?«, gab Walton in seinem leicht gedehnten North-Carolina-Akzent zurück. »Klar, war ’ne hübsche Stange Geld ...«
    »100.000 für drei Wochen Arbeit, geteilt durch zwei? Ja, das würde ich auch als hübsche Stange Geld bezeichnen.«
    »Kann immer noch nicht glauben, dass die durchgeknallte Schlampe uns so viel gezahlt hat. Aber wir werden’s versteuern müssen, weil sie’s sicher gemeldet hat.«
    »Ja. Scheiße.«
    Für zwei Männer, die soeben innerhalb weniger Wochen 100.000 Dollar verdient hatten, ließen Walton und Straker kaum Enthusiasmus erkennen. Die beiden saßen auf den Eingangsstufen des großen Hauses, erschöpft, niedergeschlagen und ... noch etwas.
    »War die Sache fast nicht wert«, meinte Straker schließlich. »Müsste ich’s noch mal tun, würd ich mir vielleicht sagen, scheiß auf die 50.000, ich geh lieber in die Kneipe.«
    »Ich weiß.«
    Der frühe Morgen passte nicht zur Situation; sie hätten den Job um Mitternacht beenden sollen – das hätte die richtige Wirkung gehabt. Sie hätten ihr Werkzeug unter dem Schein des Vollmonds zurück zum Wagen schleppen und anschließend in die schwüle Nacht davonbrausen sollen.
    Auch ihr Erscheinungsbild hätte kaum unpassender sein können: zwei Männer mit Kinnbärten und finster entschlossenen Mienen, Walton mit seinem schwarzen Cowboyhut, Straker mit der Baseballmütze, die das auf den Kopf gestellte Logo der Buccaneers präsentierte. Straker rauchte, Walton gönnte sich eine Prise Kautabak. So saßen sie auf der Eingangsstufe vor diesem prunkvollen Haus. Was genau wirkte also so unpassend? Schließlich handelte es sich lediglich um zwei Männer, die gerade einen Auftrag erfolgreich beendet hatten, der eine mit
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