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Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag

Titel: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag
Autoren: Alan Bradley
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wiedergegeben, sehen Sie?«

    Alle beugten sich staunend über das Blatt in meinem Notizbüchlein.
    »So etwas tut nur eine Mutter«, fuhr ich fort. »Sie konnte nicht anders. Grace Ingleby wollte, dass ihr Sohn, wenn man ihn tot und aufgeknüpft fand, wenigstens ordentlich aussieht.«
    »Gütiger Himmel!«, sagte der Inspektor.

29
    G ütiger Himmel!«, entfuhr es meinem Vater. »Das ist das Rundfunkhaus der BBC. Sie haben Kameras auf dem Portland Place aufgestellt.«
    Er erhob sich zum x-ten Mal aus seinem Sessel und rannte quer durch den Salon, um an den Knöpfen des Fernsehempfängers zu drehen.
    »Jetzt sei doch bitte mal still, Haviland«, mahnte Tante Felicity. »Wenn die BBC an deinen Kommentaren interessiert wäre, hätten sie dich hingeschickt.«
    Tante Felicity war kaum zu Hause in Hampstead angekommen, da hatte sie sich schon wieder auf den Weg nach Buckshaw gemacht. Einer spontanen Idee folgend, hatte sie das Fernsehgerät eigens zu diesem Zweck gemietet (»zu wahrhaft ruinösen Kosten«, wie sie sofort hinzufügte), und erfreute sich aus diesem Grunde jetzt einer weiter denn je reichenden diktatorischen Macht.
    Am frühen Morgen des vorangegangenen Tages hatten die Arbeiter eine Empfangsantenne auf den Zinnen von Buckshaw aufgestellt.
    »Die Antenne muss hoch genug sein, damit sie die Signale vom neuen Sendeturm in Sutton Coldfield empfängt«, hatte Tante Felicity in einem Ton verkündet, der den Verdacht nahelegte, dass das Fernsehen ihre höchsteigene Erfindung war. »Eigentlich wollte ich ja, dass wir uns die Trauerfeierlichkeiten für diesen Porson alle zusammen in London ansehen«, fuhr sie fort, »aber als Lady Burwash durchsickern ließ, dass die
Sitwells sich einen Fernseher kommen lassen … Keine Widerrede, Haviland! Das hier ist pädagogisch wertvoll. Ich hatte nur das Wohl der Mädchen im Sinn.«
    Mehrere muskulöse Arbeiter in Overalls hatten das Gerät von der Ladefläche eines Umzugswagens in den Salon geschleppt. Dort kauerte es nun in der Ecke und glotzte uns, die wir uns in seinem unheilvollen Schein versammelt hatten, wie ein blinzelnder Zyklop mit einem grauen Auge an.
    Daffy und Feely hatten sich nebeneinander aufs Sofa gekuschelt und taten ostentativ gelangweilt. Vater hatte den Vikar eingeladen und uns Töchtern eingeschärft, auf unsere Ausdrucksweise zu achten.
    Mrs Mullet thronte auf einem bequemen Lehnsessel, und Dogger, der es vorzog, in Vaters Gegenwart nicht zu sitzen, stand schweigend hinter ihr.
    »Ich überlege gerade, ob die Leute, die am Portland Place wohnen, auch Fernsehen schauen«, sagte Feely träge, »oder ob sie eher aus dem Fenster gucken?«
    Ich erkannte das sofort als Versuch, Vater aufzuziehen, dessen Verachtung für das Fernsehen als solches landauf, landab bekannt war.
    »Das Fernsehen ist eine Narrenkiste«, erwiderte er jedes Mal, wenn wir ihn anbettelten, doch ein Gerät anzuschaffen. »Hätte Gott gewollt, dass Bilder durch die Luft geschickt werden, hätte er uns nicht das Kino geschenkt.«
    Manchmal fügte er säuerlich an: »Oder die Nationalgalerie.«
    Aber in dieser Hinsicht war er überstimmt worden.
    »Die Sendung ist historisch bedeutend, Haviland«, hatte Tante Felicity entschieden gesagt. »Hättest du es deinen Töchtern etwa verwehrt, sich die Ansprache von Heinrich V. an seine Männer am Sankt-Crispinus-Tag anzusehen?«
    Sie hatte sich mitten im Salon aufgebaut.

    »Der wackre Mann lehrt seinen Sohn die Märe,
Und nie von heute bis zum Schluß der Welt
Wird Krispin-Krispian vorübergehn,
Dass man nicht uns dabei erwähnen sollte,
Uns wen’ge, uns beglücktes Häuflein Brüder -«
    »Unsinn!«, sagte Vater, aber Tante Felicity fuhr unbeirrt wie Heinrich V. fort:
    »Denn welcher heut sein Blut mit mir vergießt,
Der wird mein Bruder; sei er noch so niedrig,
Der heut ’ ge Tag wird adeln seinen Stand.
Und Edelleut in England, jetzt im Bett,
Verfluchen einst, daß sie nicht hier gewesen,
Und werden kleinlaut, wenn nur jemand spricht,
Der mit uns focht am Sankt-Crispinus-Tag.«
    »Ist ja alles gut und schön, aber 1415 gab es noch gar kein Fernsehen«, sagte Vater missmutig und argumentierte damit ziemlich an der Sache vorbei.
    Dann aber, besser gesagt gestern, war etwas Ungewöhnliches geschehen. Einer der Techniker, der sich im Salon aufhielt und den Empfänger nicht aus den Augen ließ, fing an, einem Kollegen, der draußen auf dem Rasen stand, durchs Fenster Anweisungen zuzurufen, welcher sie wiederum mit Feldwebelstimme an den
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