Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Titel: Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)
Autoren: Alan Bradley
Vom Netzwerk:
Inspektor. »Ich glaube, ich habe noch nicht ganz verstanden, wie sie das alles eingefädelt hat.«
    Ich schenkte ihm ein nachsichtiges Lächeln. »Miss Tanty hatte Mrs. Battle gebeten, sie zu einem Augenarzttermin nach Hinley zu fahren. Als dann aber Florence, Mrs. Battles Nichte, anrief und sagte, Mrs. Battle sei krank und Mr. Collicutt habe stattdessen angeboten, sie zu fahren, ergriff Miss Tanty die Gelegenheit beim Schopf. Mr. Collicutt fuhr aber nicht sofort zu Miss Tanty, sondern erst zur Kirche, um den Diamanten zu verstecken. Wahrscheinlich hat sie beobachtet, dass er an ihrem Haus vorbeifuhr und vor der Kirche hielt. Von ihrem Haus hat sie einen guten Ausblick sowohl auf die Straße als auch auf die Ostseite des Friedhofs. Also nahm sie die Ätherflasche, die sie – wieder nur eine Vermutung – von Miss Gawl bekommen hat, denn die Flasche trägt den roten Stempel B.G.A. für ›Bezirksgesundheitsamt‹. Ich habe sie als Beweismittel an mich genommen, aber keine Sorge, bei der Ätherexplosion sind die Fingerabdrücke sowieso verdampft. Sie steht oben in meinem Labor. Sie können nachher gern einen Blick darauf werfen.«
    »Da hätten wir also die verschwundene Flasche!«, knurrte Detective Sergeant Woolmer.
    Der Inspektor nickte ihm grimmig zu, und der Sergeant wiederum sah mich mit einem Blick an, den ich nicht unbedingt als wohlwollend bezeichnen würde.
    »Erzähl weiter.«
    »Miss Tanty hat Mr. Collicutt im Orgelgehäuse in die Enge getrieben und ihm das mit Äther getränkte Taschentuch auf die Nase gedrückt. Dafür braucht man nicht viel Kraft, und lange dauert es auch nicht. Zehn Sekunden reichen meiner Schätzung nach aus, damit jemand ohnmächtig wird. Da Miss Tanty viel massiger ist, als Mr. Collicutt es war, konnte sie ihn mühelos überwältigen. Sie hat ihm sogar eine so reichliche Dosis verpasst, dass er Krämpfe bekam.«
    »Krämpfe?«, fragte der Inspektor erstaunt.
    »Dort, wo er mit den Absätzen gegen die Innenwand des Orgelgehäuses getreten hat, sind frische Kerben im Holz. Man muss sich nur auf alle viere niederlassen, dann sieht man sie.«
    Der Inspektor blickte nicht auf, sondern notierte einen weiteren, diesmal ziemlich langen, Eintrag in sein Büchlein.
    »Aha«, sagte er dann. »Sie hat ihn also mit Äther umgebracht.«
    »Nein. Sie hat ihn nicht umgebracht.«
    »Was?«
    »Sie hat ihn mit Äther betäubt und einfach liegen lassen. Eigentlich wollte sie ihn umbringen, aber höchstwahrscheinlich hat nicht sie es getan.«
    Der Inspektor schrieb mit und ließ den Kugelschreiber dann abwartend über der Seite schweben.
    »Kurz nachdem Miss Tanty wieder weg war, tauchten Mr. Ridley-Smith und seine Handlanger auf. In den Ecken und Winkeln des Orgelgehäuses findet sich eine spannende Mischung von Fußabdrücken. Sie stammen von Arbeitsstiefeln, aber auch von einem ungewöhnlich kleinen, maßgefertigten Schuh, der dem Richter gehört. Zunächst hielten die Männer Mr. Collicutt für tot. In diesem Fall hätten sie den Diamanten – falls er ihn nicht in der Tasche hatte – ein für alle Mal abschreiben können. Wahrscheinlich haben sie dann aber gemerkt, dass er noch schwach atmete. Sie mussten ihn wiederbeleben, und zwar schnell! Einem von ihnen – vielleicht Mr. Haskins? – fiel die alte Luftschutztruhe in der Glockenstube ein. Er ging die Gasmaske, die Kübelspritze und den Gummi-schlauch holen. Leider bestand der Schlauchanschluss an der Spritze nur noch aus rostigen Krümeln. Mir ist das gleich beim ersten Blick in die Truhe aufgefallen.«
    Ich holte tief Luft und fuhr fort: »Die Männer hatten keine Zeit zu verlieren, konnten sich nicht mit solchem Kleinkram aufhalten. Sie schnallten Mr. Collicutt die Maske vors Gesicht. In der Eile machten sie sich nicht mal die Mühe, das Taschentuch ganz wegzunehmen. Irgendwer kam auf die Idee, das Gebläse der Orgel anzuschalten und den Schlauch mit der Muffe des Druckmessers zu verbinden. Mr. Collicutt war in diesem Augenblick bekanntlich noch am Leben.«
    Ich machte eine Kunstpause, damit sich meine Worte setzen konnten.
    »Ach so!«, sagte der Inspektor. Er war eben doch ein bisschen schlauer, als ich manchmal dachte. »Das zerbrochene Glasröhrchen!«
    Ich nickte. »Mr. Collicutt griff danach, und das Röhrchen zerbrach ihm in der Hand. Sechs Wochen später hielt er es immer noch umklammert. Vielleicht sind die Männer sogar erst durch das Zischen der entweichenden Luft auf diese Idee gekommen.«
    »Hmmm«, machte der Inspektor.
    »In
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher