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Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Titel: Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)
Autoren: Alan Bradley
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ich hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Ich überspielte ihn, indem ich mehrere unnötige, aber umso größere Schlucke Tee trank und wie nebenbei aus dem Fenster schaute.
    Dann tat ich, als müsste ich mich am Auge kratzen, weil es mich juckte.
    »Mr. Ridley-Smith«, fuhr ich fort, »hätte sich natürlich auch einen Diamanten kaufen können, aber das wäre nicht dasselbe gewesen. Ein anderer Stein hätte nicht die gleichen Kräfte besessen wie ein Stein, der von einem Heiligen berührt worden war.«
    Der Inspektor sah mich mit skeptischer Miene an.
    »Mr. Ridley-Smith stirbt langsam an Lepra. Selbst wenn ich mich irre und er dem Stein keine magischen Eigenschaften zugeschrieben hat, hat er wahrscheinlich gehofft, Luzifers Herz gewinnbringend verkaufen zu können, damit nach seinem Tod für Jocelyn gesorgt wäre. Aber das ist natürlich reine Vermutung.«
    »Verstehe«, sagte der Inspektor, aber ich wusste, dass er kein Wort davon verstanden hatte.
    »Mr. Collicutt war von Anfang an in die Sache verwickelt. Als Organist konnte er sich auch mitten in der Nacht in der Kirche aufhalten, ohne Aufsehen zu erregen. Miss Tanty hat mir erzählt, dass sie ihn manchmal zu ungewöhnlichen Zeiten spielen hörte. Er muss der Erste gewesen sein, der in Sankt Tankreds Gruft eingedrungen ist, als die Tunnelgräber durchgebrochen waren. Vermutlich ist er allein hineingekrochen. Weder die Öffnung in der Wand noch die Gruft selbst sind groß genug für zwei. Er hat den Deckel vom Sarkophag gehebelt, den Diamanten aus dem Hirtenstab gebrochen und eingesteckt. Den anderen hat er wahrscheinlich erzählt, das Grab sei bereits geplündert worden. Aber wie gesagt, das sind alles nur Vermutungen.«
    »Interessant«, brummte Inspektor Hewitt. »Und dann ist er am Faschingsdienstag in die Kirche zurückgekehrt und hat den Stein in der Orgelpfeife versteckt.«
    »Genau!«
    »Wobei ihn Mr. Ridley-Smith und Benson, oder aber Has-kins, beziehungsweise die Arbeiter … wie hießen sie doch gleich?« Er blätterte in seinem Notizbuch zurück. »Thomas Wolcott und Norman Enderby. Wobei ihn also Mr. Ridley-Smith und Benson oder Haskins oder Tommy Wolcott oder Norman Enderby oder irgendeine Kombination der Genannten umgebracht haben. Habe ich dich da richtig verstanden?«
    Er machte sich über mich lustig, aber das war mir inzwischen egal.
    »Ja«, antwortete ich. »Aber nicht absichtlich. Denn es war Miss Tanty, die versucht hat, ihn umzubringen.«
    Ich wartete ab, bis diese Aussage ihre volle Wirkung entfaltet hatte, und wurde reichlich belohnt. Man hätte, wie Mrs. Mullet es einmal ausgedrückt hatte, einen Kochtopf fallen hören können.
    »Miss Tanty?«, wiederholte Inspektor Hewitt. »Und mit welchem Motiv?«
    »Unerwiderte Liebe. Er hat ihre Annäherungsversuche verschmäht.«
    Daffy und Antigone brachen gleichzeitig in schallendes Gelächter aus. Antigone besaß immerhin den Anstand, sofort die Hand vor den Mund zu schlagen. Daffy natürlich nicht, weshalb ich ihr einen vernichtenden Blick zuwarf.
    »Das wird ja immer interessanter«, sagte der Inspektor, und weil ich mich darin geübt hatte, verkehrt herum zu lesen, sah ich, dass er »Verschmähte Liebe« in sein Büchlein schrieb.
    »Sei doch so nett und erläutere uns das etwas näher.«
    »Das Taschentuch. Als ich es unter der Gasmaske heraushängen sah, war mir sofort klar, dass Mr. Collicutt nicht von einem Mann umgebracht worden war. Der Spitzensaum war das Indiz.«
    »Ausgezeichnet! Dann sind wir so ziemlich zu dem gleichen Schluss gekommen.«
    Ich schielte verstohlen zu Antigone hinüber, um zu sehen, ob sie auch zuhörte. Sie hörte zu und lächelte mich strahlend an.
    »Die Blutgefäße an seinem Hals waren immer noch dunkel, sechs Wochen nach dem Todeszeitpunkt.«
    »Langsam«, mahnte Inspektor Hewitt. »Das geht mir jetzt zu schnell.«
    »Es ist eine altbekannte Tatsache«, sagte ich, »dass die Verabreichung von Ätherdämpfen das Blut dunkler färbt. Dass seine Adern nach sechs Wochen immer noch schwarz waren, beweist, dass Mr. Collicutt unmittelbar nach der Ätherattacke gestorben ist, also bevor sein Körper das Blut wieder mit Sauerstoff anreichern konnte.«
    »Da bist du dir ganz sicher?« Der Inspektor sah mich nicht an.
    »Absolut sicher. Das steht alles in Christisons Abhandlung über die Gifte.«
    Ich erwähnte nicht, dass dieses packende Werk als mitternächtlicher Trostspender auf meinem Nachttisch lag.
    »Kommen wir noch mal kurz auf Miss Tanty zurück«, sagte der
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